Hamburg. Der Zweitligist ist in der zweiten Runde des DFB-Pokals Eintracht Frankfurt ebenbürtig, scheidet aber aus. Hat sich Luhukay verpokert?
Am Ende ließen die Spieler des FC St. Pauli die Köpfe hängen und sanken zu Boden. Trotz einer leidenschaftlichen Vorstellung vor allem in der zweiten Halbzeit verpassten sie die erhoffte Überraschung in der zweiten Runde des DFB-Pokals und verloren im Millerntor-Stadion gegen den Bundesliga-Neunten Eintracht Frankfurt mit 1:2 (1:2).
"Ich bin total enttäuscht, weil wir unser Ziel nicht erreicht haben. Heute war mehr drin", sagte St. Paulis Mittelfeldspieler Johannes Flum, der erstmals in dieser Saison bei den Profis in der Startformation gestanden hatte: "Aber wir können aus diesem Spiel viel mitnehmen. Mit der Mentalität werden wir am Sonnabend gegen Karlsruhe drei Punkte holen."
„Frankfurt versenken, Pokal erobern“: Dieses Motto stand vor Spielbeginn auf einem riesigen Transparent auf der Gegengeraden. Um den ersten Teil dieser Maßgabe zu erfüllen, hatte sich St. Paulis Trainer Jos Luhukay zu einem völlig unerwarteten Torwartwechsel entschlossen und anstelle von Robin Himmelmann den erst am 8. Oktober wieder verpflichteten und zuvor vertragslosen Korbinian Müller in die Startelf berufen. Himmelmann saß nur auf der Bank, beim Aufwärmen vor dem Spiel war nicht zu erkennen, dass er angeschlagen wäre.
St.-Pauli-Torwart Müller offenbart fehlende Spielpraxis
Seit der Rückrunde der vergangenen Saison, als er einige Einsätze in St. Paulis Regionalligateam absolviert hatte, war Müller ohne Spielpraxis. Sein bis Mittwoch letztes Pflichtspiel hatte er am 26. April beim 0:2 beim VfL Wolfsburg II bestritten. Im Sommer hatte der 28-Jährige, nachdem sein Vertrag bei St. Pauli ausgelaufen war, seine Karriere für beendet erklärt. Nachdem sich Himmelmanns regulärer Vertreter Svend Brodersen im Training einen Schlüsselbeinbruch zugezogen hatte, konnte St. Pauli Müller für ein neues Engagement bis zum Ende der aktuellen Saison gewinnen.
Luhukay erklärte die überraschende Personalentscheidung später auf Abendblatt-Nachfrage so: "Ich habe mich früh entschieden, Korbi spielen zu lassen, weil ich dankbar bin, dass er uns ausgeholfen hat, nachdem er schon seine Karriere beendet hatte. Er hat sich vom ersten Tag an körperlich und mental zurückgekämpft und deshalb diesen Einsatz gegen einen fantastischen Gegner verdient."
Doch schon bei der ersten halbwegs gefährlichen Offensivaktion der Frankfurter war Müllers fehlende Matchpraxis zu erkennen. Nach einer als Chip gespielten Flanke von Martin Hinteregger traute sich Müller nicht, aus dem Tor zu kommen, um den Ball abzufangen. Stattdessen setzte sich Frankfurts wuchtiger Mittelstürmer Bas Dost gegen den körperlich unterlegenen Innenverteidiger Leo Östigard durch und köpfte den Ball zum 0:1 (4. Minute) ins Tor.
Dost erhöht, Sobota verkürzt
Als Dost nur zwölf Minuten später nach starken Zuspiel von Dominik Kohr per Lupfer über Müller hinweg das zweite Tor für Frankfurt erzielte, schien die Partie schon früh für den klaren Favoriten entschieden. "Der Rückstand machte es mental natürlich sehr schwer für uns", sagte Luhukay und sprach Müller von jeder Schuld frei. Die Eintracht erwies sich auch in der Folge als die deutlich reifere und ballsichere Mannschaft, die sich allerdings im Gefühl der eigenen Überlegenheit zunehmend zurücknahm.
Das rächte sich, als bei einem Angriff St. Paulis Leo Östigard dem Frankfurter Verteidiger Martin Hinteregger den Ball aus kurzer Distanz an die Hand schoss. Schiedsrichter Matthias Jöllenbeck, der zuvor den Frankfurtern einen Handelfmeter verweigert hatte, entschied diesmal auf Strafstoß. Doch wer sollte diesen für St. Pauli schießen? Fragende Blicke gingen zu Trainer Jos Luhukay, dann war klar: Waldemar Sobota und nicht etwa Marvin Knoll, der zuvor mit einem gewaltigen Schuss aus 20 Metern den Innenpfosten getroffen hatte (24.), sollte die Verantwortung übernehmen. Der Pole verwandelte sicher zum 1:2-Anschlusstreffer (42.) und verlieh der Partie damit noch einmal Spannung.
Conteh verletzt – St. Pauli in Unterzahl
Tatsächlich entwickelte sich eine für die St.-Pauli-Anhänger im ausverkauften Millerntor-Stadion mitreißende zweite Hälfte. Die beste Chance zum Ausgleich vergab Viktor Gyökeres (58.), als er einen Querpass von Mats Möller Daehli denkbar knapp verpasste. Der Schwede hätte es in dieser Szene wohl besser im dem linken Fuß versuchen müssen, um den Ball im Rutschen über die Torlinie zu drücken.
Die anfangs so souveränen Frankfurter kamen im zweiten Abschnitt praktisch überhaupt nicht mehr zu eigenen Angriffen, sondern versuchten, den knappen Vorsprung über die Zeit zu bringen. St. Paulis Trainer Luhukay setzte dagegen mit der Einwechslung des schnellen Außenbahnspielers Christian Conteh und des U-20-Nationalspielers Finn Ole Becker noch einmal Signale, den Ausgleich erzwingen zu wollen. Doch Conteh verletzte sich nur Minuten später bei einem Sprint am ohnehin lädierten Oberschenkel und konnte nicht mehr weiterspielen.
Eine Diagnose gab es am Abend noch nicht. St. Pauli konnte nun nicht mehr wechseln und musste die letzten Minuten in Unterzahl bestreiten. Ein bitteres Ende eines zunächst langweiligen, dann aber bis zum Schluss spannenden Pokalspiels.
Die Einzelkritik zu St. Paulis 1:2 gegen Eintracht Frankfurt
"Wir haben viel investiert und versucht, aber Frankfurt ist immer organisiert geblieben", sagte Luhukay, "deswegen haben wir keine hundertprozentigen Torchancen herausgespielt. Ich kann meiner Mannschaft da keinen Vorwurf machen. Wir können mit erhobenem Haupt aus diesem Spiel gehen." Ob gegen Karlsruhe Himmelmann ins St.-Pauli-Tor zurückkehrt, ließ der Trainer offen.
St. Pauli habe nach dem 1:2 alles investiert und sei in der zweiten Halbzeit optisch überlegen gewesen, gestand Frankfurts Trainer Adi Hütter und verteilte Komplimente an den Gastgeber: "Toll gefightet, tolles Publikum, cooler Verein."
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