Hamburg. Kiezclub erwartet die Eintracht zum dritten Mal zum Pokalhit am Millerntor. Die personelle Situation trübt die Freude bei Jos Luhukay.

Ist es nun ein emotionaler Höhepunkt in einer bisher durchwachsenen Saison, oder doch nur eine störende Zusatzaufgabe in einer aktuell kritischen Phase? Das DFB-Pokalspiel gegen Eintracht Frankfurt an diesem Mittwoch (20.45 Uhr, Sky und Liveticker abendblatt.de) stellt für die Mannschaft des FC St. Pauli auf jeden Fall eine – rein fußballerisch, aber auch körperlich und mental betrachtet – große Herausforderung dar.

Auch Cheftrainer Jos Luhukay schien sich am Dienstagvormittag noch nicht so ganz sicher zu sein, wie es denn nun zu bewerten sei, nach zwei unnötigen 0:1-Punktspiel-Niederlagen in Folge und dem damit verbundenen Sturz vom sechsten auf den zwölften Tabellenplatz der Zweiten Liga jetzt gegen den Bundesliga-Neunten antreten zu dürfen oder eben zu müssen.

Luhukay würde sich lieber auf den KSC konzentrieren

Unbändige Vorfreude auf ein Wettbewerbsduell mit dem Europa-League-Halbfinalisten der Vorsaison sieht jedenfalls anders aus. „Ich hätte mich natürlich erst einmal lieber hundertprozentig auf Karlsruhe und Bochum konzentriert. Das sind für uns in der Liga zwei sehr wichtige Spiele“, sagte Trainer Luhukay am Dienstag. Bei nur noch vier Punkten Vorsprung auf die drei letzten Tabellenplätze, von denen Bochum einen belegt, ist diese Betrachtungsweise nachvollziehbar.

Doch Luhukay streicht in diesem Fall auch andere, deutlich positivere Aspekte der grundsätzlich sehr attraktiven Aufgabe im Pokal heraus. „Wir haben in der ersten Pokalrunde in Lübeck 120 Minuten darum gekämpft, um jetzt noch dabei zu sein. Nun haben wir die Chance, um uns mit einem Erstligisten zu messen“, sagte der Trainer und erinnerte daran, dass sich sein Team zum Auftakt erst im Elfmeterschießen beim VfB Lübeck durchsetzen und damit eine erneute Blamage in der ersten Runde vermeiden konnte.

Luhukay: Pokal kann Effekt für die Liga haben

„Nach zwei Niederlagen wird das Pokalspiel jetzt eine gute Abwechslung sein, um die Sinne wieder neu zu schärfen“, sagte der Trainer weiter. „Für jeden Spieler, der aufläuft, kann es doch gar keine größere Motivation geben, als gegen eine Topmannschaft der Bundesliga zu zeigen. Jeder hat die Chance, sich Anerkennung und Respekt zu erarbeiten, wenn er an seine Leistungsgrenze geht.“ Das könne sich dann auch wieder positiv auf die nächsten Punktspiele auswirken – trotz der zusätzlichen körperlichen und mentalen Belastung.

Dabei wird der Coach weniger Möglichkeiten zu erneuten personellen Veränderungen besitzen, als es ihm lieb ist. „Ich bin froh, wenn ich gleich 20 oder 21 einsatzfähige Feldspieler dabeihabe“, sagte er vor dem Abschlusstraining.

St. Paulis Abwehrchef Lawrence fehlt länger

Besonders schmerzhaft ist dabei, dass Abwehrchef James Lawrence entgegen der vorherigen Hoffnungen weder gegen Frankfurt noch am Sonnabend gegen den Karlsruher SC zur Verfügung stehen wird. Die Reizung im Knie ist hartnäckiger als erwartet. „Vielleicht müssen wir Ende der Woche neue Schritte gehen, um zu sehen, wo das Problem liegt“, sagte Luhukay und deutete damit an, dass eine Arthroskopie nötig werden kann, wenn in den kommenden Tagen keine Besserung eintritt.

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„Für mich ist das der größte Verlust bisher. Wir können James, der viel Ruhe ausstrahlt und Verantwortung übernimmt, nicht eins zu eins ersetzen“, stellte der Trainer klar. Lawrence war im Spätsommer als Ersatz für Kapitän Christopher Avevor, der sich einen Wadenbeinbruch zugezogen hatte, als Leihgabe vom RSC Anderlecht zu St. Pauli gekommen und wurde auf Anhieb zu einem Leistungsträger.

Veerman als Waffe gegen Eintracht Frankfurt?

Eine Option für den Kader, aber nicht für die Startelf sind hingegen Henk Veerman und Philipp ­Ziereis. Nach ihren auskurierten Kreuzbandrissen haben beide zuletzt zweimal im U-23-Team gespielt, am vergangenen Sonnabend beim 1:4 in Flensburg jeweils über 90 Minuten. Vor allem der 2,01 Meter große Veerman könnte gegen Frankfurt in der Schlussphase noch einmal eine „Waffe“ sein – sofern die Partie nicht schon frühzeitig zugunsten des hohen Favoriten entschieden ist.

„Qualitativ ist die Mannschaft einfach viel stärker als meine. Wir müssen das mit unglaublich viel Leidenschaft und Kampf kompensieren. Wir müssen als Team funktionieren, um dann vielleicht auch noch in der nächsten Runde dabei zu sein“, sagte Luhukay am Dienstag zur Rollenverteilung.

„Frankfurt hat in den vergangenen Jahren eine enorme Entwicklung genommen. Ich habe großen Respekt davor, dass sie ihre Leistungsträger, die sie im Sommer abgeben mussten, ersetzen konnten.“ Luhukay meinte damit vor allem die Topscorer Luka Jovic, Sebastien Haller und Ante Rebic, die den Club aufgrund lukrativer Angebote aus dem Ausland auf einen Schlag verlassen hatten.

Eintracht siegte zweimal in der 119. Minute


Im DFB-Pokal mussten die Frankfurter in ihrer Vereinsgeschichte bisher zweimal im Millerntor-Stadion antreten, am 13. Dezember 1970 und am 25. August 2001. Beim zweiten Mal war St. Paulis Amateurteam der Gastgeber. Kurios ist, dass die Eintracht jeweils in die Verlängerung musste und in der 119. Minute den Siegtreffer erzielte. 1970 zum 3:2 durch Horst Heese und 2001 durch Ervin Skela per Strafstoß zum 1:0.

25. August 2001: Eintracht Frankfurts Ervin Skela schießt den Favoriten in der ersten DFB-Pokalrunde am Millerntor erst in der 119. Minute per Strafstoß zum 1:0-Sieg gegen den FC St. Pauli II.
25. August 2001: Eintracht Frankfurts Ervin Skela schießt den Favoriten in der ersten DFB-Pokalrunde am Millerntor erst in der 119. Minute per Strafstoß zum 1:0-Sieg gegen den FC St. Pauli II. © Witters

Die bisher letzte gemeinsame Liga-Saison war 2011/12, nachdem beide aus der Bundesliga abgestiegen waren. In Frankfurt gab es ein 1:1, am Millerntor siegte St. Pauli mit 2:0.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

FC St. Pauli: Himmelmann – Ohlsson, Kalla, Östigard, Buballa – Becker, Knoll – Miyaichi, Möller Daehli, Penney – Gyökeres.

Eintracht Frankfurt: Rönnow – Abraham, Hasebe, Hinteregger – Kohr, Rode – Durm, Kostic – Gacinovic – Kamada, Pacencia. Schiedsrichter: Jöllenbeck (Freiburg)