Hamburg. Trainer Jos Luhukay bewertet die Unruhe vor dem Nordderby gegen Kiel als gutes Zeichen. Schwede Ohlsson vor Wechsel.
Jos Luhukay wirkte abgekämpft, als er sich auf seinem Stuhl im Presseraum des Trainingszentrums an der Kollaustraße niederließ. Sein graues T-Shirt war klitschnass, die Arme von Schweißperlen gezeichnet. Doch nicht etwa die schwierige sportliche Situation beim FC St. Pauli sorgte beim 56-Jährigen für Schweißausbrüche, sondern sein Hobby: das Laufen. „Ich war eben noch kurz joggen“, sagte der Trainer, der hofft, dass es bei ihm und seiner Mannschaft an diesem Montag (20.30 Uhr/Sky und Onefootball) gegen Holstein Kiel auch auf dem Rasen endlich läuft.
Für Luhukay ist das Nordderby saisonübergreifend die zehnte Partie. Ein Mini-Jubiläum, das rein von den nackten Zahlen schlechter kaum ausfallen könnte. Lediglich ein Sieg, drei Remis und fünf Niederlagen. Ein Punkteschnitt von 0,66. „Ich schäme mich fast, wenn wir dann als Verlierer vom Platz gehen“, sagte Luhukay und ergänzte: „Ich bin froh, dass ich mich entschieden habe, bei St. Pauli anzufangen. Es ist ein fantastischer Club. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen unsere Fans mit besseren Ergebnissen und gutem Fußball verwöhnen. Danach streben wir alle.“
Mehr Zug im Training
Kurios: Bei seinem letzten Arbeitgeber Sheffield Wednesday wurde der Niederländer nach einem Sieg aus zehn Partien entlassen. Dieses Szenario droht Luhukay beim Kiezclub aber nicht. Auch wenn der Coach bei Teilen von Mannschaft und Club spätestens seit seiner legendären Pressekonferenz vor dem Saisonauftakt gegen Bielefeld, als er Team und Verein in bester Giovanni-Trapattoni-Manier in Schutt und Asche geredet hatte, nicht unumstritten ist.
Es steht außer Frage, dass sich die Mannschaft unter Luhukay spielerisch weiterentwickelt hat. Im Vergleich zu Vorgänger Markus Kauczinski ist mehr Zug in den Trainingseinheiten. Junge Spieler wie Christian Conteh (19) und Finn Ole Becker (19) wurden unter der Führung des Trainers zu Fixpunkten in der Zweiten Liga. „Aber Fußball ist ein Ergebnissport“, ergänzte Luhukay, wohlwissend, dass Aufwand und Ertrag schnell zusammenfinden müssen. „Ich hatte gehofft, dass wir schon etwas weiter sind, aber ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Jungs müssen sich endlich belohnen. Die Mannschaft ist nahe dran, das zu bewerkstelligen“, erklärte der ehemalige Bundesligatrainer von Hertha BSC, dem 1. FC Köln und dem FC Augsburg.
Luhukay will Mentalität wie beim FC Bayern haben
In den vergangen Tagen hat der St.-Pauli-Trainer eine „Mentalitätsveränderung“, wie es Luhukay sagt, bei seiner Mannschaft festgestellt. Kapitän Daniel Buballa hatte gesagt, dass es in der Mannschaft rumort. Für Luhukay ein gutes Zeichen: „Es kann nicht sein, dass wir uns nach Niederlagen in den Armen liegen und sagen, wie toll alles war. Wir brauchen die Mentalität, dass es Anfang der Woche nach einem verlorenen Spiel auch mal brennen kann“, erklärte der erfahrene Trainer, der sich an einem europäischen Spitzenteam orientiert. „Wissen Sie, was bei Bayern München los ist, wenn die ein Spiel verlieren?“
Deshalb scheut der Trainer auch keine unpopulären Maßnahmen. Nach dem 1:2 in Stuttgart, setzte Luhukay kurzfristig drei Trainingstage mit jeweils zwei Einheiten an. „Das hat nicht jedem meiner Spieler gefallen. Die Jungs wollen, aber sie müssen den nächsten Schritt machen, und einfach konsequenter beim Verteidigen und vor dem gegnerischen Tor sein“, offenbarte der 56-Jährige.
Kommt Ohlsson nach Hamburg?
Auch auf dem Transfermarkt, der am 2. September schließt, soll es bei St. Pauli noch heiß zugehen. Gegen Kiel werden die in der Vorwoche verpflichteten Defensivspieler James Lawrence (27) und Matt Penney (21) im Kader stehen. Gut möglich, dass in Kürze eine weitere Alternative in der Defensive hinzukommt. Der Kiezclub steht nach Informationen der schwedischen Zeitung „Aftonbladet“ unmittelbar vor der Verpflichtung des schwedischen Rechtsverteidigers Sebastian Ohlsson (26) vom IFK Göteborg.
Als Ablöse stehen rund 280.000 Euro im Raum. „Ich glaube nicht, dass es mir gelingen wird, noch Schwedisch zu lernen“, scherzte Luhukay, der aber gar nicht erst verhehlen wollte, dass Interesse besteht. „Ich bin aber gut damit gefahren, erst etwas zu einem Spieler zu sagen, wenn alles fix ist. Und das ist noch nicht der Fall.“
Bis zum „Deadline-Day“ in sieben Tagen wollen Luhukay und Sportchef Andreas Bornemann noch „minimal zwei Profis“, wie es der Coach sagt, unter Vertrag nehmen. Gut möglich, dass auch noch Spieler den Club verlassen werden. Der Kader des FC St. Pauli ist in Bewegung. Ganz, wie es der Trainer vorlebt.
FC St. Pauli: Himmelmann – Kalla, Carstens, Lawrence, Buballa – Knoll – Miyaichi, Möller Daehli, Becker, Conteh – Diamantakos.
Holstein Kiel: Reimann – D. Schmidt, Neumann, Wahl – Ignowski, Mühling, Özcan, van den Bergh – Lauberbach, Lee, Baku.
Schiedsrichter: Schmidt (Stuttgart)