Hamburg. Der durchwachsene Saisonstart und die Stimmung rund um den FC St. Pauli drücken beim Defensivspieler die Laune.
Marvin Knoll wirkte gedankenverloren, als er mit seinen Teamkollegen am Dienstagnachmittag Runde um Runde um die Plätze an der Kollaustraße joggte. Eigentlich ist der 28-Jährige beim FC St. Pauli für seinen Schalk im Nacken berüchtigt. Doch aus dem einst so fröhlichen Energiebündel mit dem Spitzbubenlächeln ist in den vergangenen Wochen ein ernster und nachdenklicher Mann geworden. „Man muss sich keine Sorgen machen. Ich bin einfach konzentriert“, beschwichtigt Knoll, gesteht aber ein: „Die Stimmung ist nicht so euphorisch wie sonst.“
Der erfahrene Abwehrspieler hat ein feines Gespür dafür, dass rund um den Kiezclub bereits früh in der Saison eine gewisse Anspannung herrscht. Die undurchsichtige Transferpolitik, die vielen Verletzten, der unbefriedigende Saisonstart und nicht zuletzt die Wutrede von Trainer Jos Luhukay vor dem ersten Saisonspiel in Bielefeld, die Knoll öffentlich kritisiert hatte, waren erste Stimmungskiller in der noch jungen Spielzeit. „Wir lesen auch Zeitung und bekommen mit, was jeder Einzelne sagt. Rein punktetechnisch haben wir nicht die beste Ausbeute. Ich versuche aber dennoch, nicht in negative Stimmung zu verfallen“, sagt der Führungsspieler, den nicht wenige Beobachter aufgrund seiner leidenschaftlichen Spielweise und Identifikation mit dem Club als Kapitän für diese Saison auserkoren hatten.
Starke erste Saisonhälfte
Trainer Luhukay sah das anders und ernannte den meinungsstarken Defensivspieler weder zum Kapitän noch zu einem Teil des Mannschaftsrates. „Das drückt bei mir nicht auf die Stimmung. Ich brauche die Binde nicht, um laut zu sein. Mein Wort hat nach wie vor Gewicht, und ich sage in der Kabine meine Meinung“, erklärt Knoll.
Nach seiner starken ersten Saisonhälfte 2018/19 fiel der talentierte Linksfuß in der Rückrunde – wie seine Mitspieler auch – in ein Leistungsloch, aus dem er sich noch immer nicht komplett herausgearbeitet hat. In den ersten drei Saisonspielen schwankten seine Auftritte von gut (Bielefeld) über wechselhaft (Fürth) bis hin zu unglücklich (Lübeck). „Ich nehme mich da nicht aus, hänge da mit drin, wenn man auf die Gegentore schaut“, gibt Knoll, der vom defensiven Mittelfeldspieler zum Innenverteidiger umfunktioniert wurde, offen zu. „Wir waren in Lübeck sehr offensiv aufgestellt und müssen einfach eine bessere Balance zwischen Offensive und Defensive hinbekommen. Es muss wieder ekliger sein, gegen uns zu spielen“, erklärt Knoll.
„Zählbares mitnehmen“
Das soll am Sonnabend der VfB Stuttgart zu spüren bekommen. Auch wenn sich St. Pauli sportlich nicht auf Augenhöhe mit dem Favoriten auf den Bundesliga-Aufstieg befindet, will Knoll nicht schon vor dem Gastspiel in Schwaben die weiße Fahne hissen. „Hansa Rostock war im DFB-Pokal trotz der 0:1-Niederlage ein gutes Beispiel, wie mutig sie gegen Stuttgart gespielt haben. Wir fahren da nicht hin, um die gute Stimmung aufzusaugen. Ich will da etwas Zählbares mitnehmen“, sagt Knoll: „Wenn das gelingt, kommt auch das Lächeln noch mehr bei mir zurück.“
Stürmer Dimitrios Diamantakos (26) wurde für seine Tätlichkeit im DFB-Pokalspiel beim VfB Lübeck (7:6 n. E.) für drei Pokalspiele gesperrt. Der VfB Stuttgart, am Sonnabend nächster Gegner des FC St. Pauli, hat den japanischen Nationalspieler Wataru Endo für ein Jahr vom belgischen Erstligisten VV St. Truiden ausgeliehen. Außerdem kommt vom französischen Zweitligisten Paris FC Angreifer Silas Wamangituka, der einen Vertrag bis Mitte 2024 unterschrieb. VfB-Mittelfeldspieler Orel Mangala, vergangene Saison an den HSV ausgeliehen, muss mit einer Innenbanddehnung im linken Knie mindestens drei Wochen pausieren.