Hamburg. Merchandising-Chef Bernd von Geldern erklärt, warum der Millerntor-Club in diesem Jahr schon wieder in die USA und nach Kanada reist.

Gerade einmal einen Tag hatten die Fußballprofis des FC St. Pauli Zeit, sich nach dem letzten Saisonspiel in Fürth (1:2) zu entspannen, bevor es für sie wieder auf Reisen geht. An diesem Dienstagmorgen hebt das Team vom Flughafen Fuhlsbüttel aus ab, um über Frankfurt nach New York City zu fliegen. Dort soll der 40 Personen umfassende Tross um 13.40 Uhr Ortszeit (19.40 Uhr MESZ) auf dem John-F.-Kennedy-Airport landen, ehe es per Bus nach Manhattan geht. Am Times Square hat sich das Team für drei Nächte einquartiert – dort, wo die Stadt, die niemals schläft, am vollsten, lautetesten und schrillsten ist. „Wenn schon New York, dann richtig“, ist das Motto der Hotel-Auswahl.

Kontakte vertiefen

„Einige unserer Spieler waren noch nie in New York. Sie freuen sich riesig darauf, die Stadt kennenzulernen“, sagt Bernd von Geldern, wohlwissend, dass drei Tage nicht ausreichen, um den „Big Apple“ kennenzulernen. Der Merchandisingchef des FC St. Pauli hat wie vor einem Jahr federführend die USA-Reise geplant, die auch noch nach Buffalo und zum Abschluss ins kanadische Toronto führt. Er war schon während des Trips im Mai 2018 nach Baltimore, Detroit und Portland ein Verfechter davon, bereits zwölf Monate später erneut in die Vereinigten Staaten zu reisen, um die Kontakte zu den dort ansässigen Sponsoren und Fanclubs weiter zu vertiefen.

Selbstverständlich war das nicht, weil es in diesem Jahr zwischen dem letzten Spieltag der abgelaufenen und dem ersten der neuen Saison rund zwei Wochen weniger Zeit sind. Daher hieß es zunächst, man wolle doch lieber erst 2020, wenn die Sommerpause wieder etwas länger ist, erneut eine USA-Reise angehen. Doch am Ende konnte sich von Geldern durchsetzen. „Wenn man ein Auslands-Engagement anfängt, sollte man dies auch nachhaltig weitermachen“, sagt er und propagiert auch, dieses Vorhaben in den USA umzusetzen, bevor man in andere sogenannte Zielmärkte geht. Immerhin liegt der Umsatz mit Merchandising-Artikeln in den USA im sechsstelligen Euro-Bereich.

Spiel gegen Cosmos

„Ich musste intern auch gar nicht so viel Überzeugungsarbeit leisten, dass wir schon in diesem Jahr wieder in die USA fliegen. Das Präsidium war und ist ohnehin für die Reise“, sagt von Geldern. Zur allgemeinen Zustimmung trug auch bei, dass die Organisatoren nach der Reise im vergangenen Jahr einen Fragebogen an alle beteiligten Bereiche geschickt haben. „Es gab eine Rücklaufquote von 100 Prozent. Ein wichtiges Ergebnis war, dass das Programm etwas zu eng war und es am Reisekomfort mangelte“, berichtet von Geldern. Aus diesem Grunde fliegt das Team jetzt in der Economy-Premium-Klasse, in der es mehr Beinfreiheit gibt. „Zudem haben wir darauf geachtet, dass der Aufenthalt auf dem Umstiegsflughafen kürzer ist“, sagt von Geldern. Im vergangenen Jahr musste der Tross nach der Ankunft aus Portland (US-Bundesstaat Oregon) rund sechs Stunden in Amsterdam ausharren, ehe es weiter nach Hamburg ging.

Hinzu kommt, dass die Reise diesmal ausschließlich an die Ostküste geht und nur einmal ein Zeitunterschied von sechs Stunden zu bewältigen ist. 2018 mussten die Uhren für die letzte Station Portland (Oregon) um weitere drei Stunden zurückgestellt werden. Nicht zu unterschätzen ist zudem der Attraktivitätsfaktor, den New York besitzt. Ebenso groß ist die Strahlkraft des Freundschaftsspielgegners New York Cosmos. In den 1970er-Jahren spielten hier die Weltstars Pelé und Franz Beckenbauer. „Wir hatten uns vorgenommen, gegen das Team zu spielen, waren früh dran, weil auch das New Yorker Büro unseres Agenturpartners Match IQ sehr gute Arbeit geleistet hat. Heute sind wir froh, dass wir das erste internationale Team sein werden, das gegen Cosmos nach der Neugründung spielt“, sagt von Geldern.

Fanclubs in Toronto und Buffalo

Zur Hamburger Delegation gehört nicht der komplette Spielerkader, es können lediglich 20 Akteure mitkommen, die in den Spielen gegen New York Cosmos am Donnerstagabend (19.30 Uhr Ortszeit) und zwei Tage später beim FC Buffalo (15 Uhr Ortszeit) auch einsatzfähig sind. Besonders ärgert sich Kapitän Johannes Flum darüber, der sich kürzlich eine Metallplatte aus dem Knie entfernen ließ, dass er sich den Trip wie schon im Vorjahr entgehen lassen muss.

„Grundsätzlich wollen wir dahin gehen, wo unsere Fans sind. Nicht nur in New York, sondern auch in Buffalo und Toronto haben wir große Fanclubs“, sagt von Geldern, stellt aber auch den wirtschaftlichen Aspekt klar: „Die Reise dient auch dazu, die Kontakte zu unseren amerikanischen Sponsoren und Partnern zu pflegen und zu möglicherweise neuen Partnern zu knüpfen.“

Auch deshalb gehört aus der Vereinsführung neben Präsident Oke Göttlich der etwas später dazustoßende, für die Vermarktung zuständige Vizepräsident Joachim Pawlik zur Reisegruppe. Aus dem Aufsichtsrat sind die Vorsitzende Sandra Schwedler und Sönke Goldbeck auf der gesamten Tour dabei.

Auch Neu-Trainer Luhukay ist vom Wert der Reise überzeugt

Abgestimmt war der Trip bei der Planung noch mit dem inzwischen beurlaubten Cheftrainer Markus Kauczin­ski, der vor einem Jahr dabei gewesen war. Doch was hält dessen Nachfolger davon? „Ich habe den Eindruck gewonnen, dass auch unser neuer Trainer Jos Luhukay von der Reise begeistert ist. Ich habe ihm vor drei Wochen das Programm vorgestellt. Ich meine, es ist für ihn nachvollziehbar, warum wir das machen“, sagt von Geldern.

Luhukay selbst sagte auf Nachfrage: „Es ist ist für den Verein extrem wichtig, auch die Marke St. Pauli zu vertreten. Ich habe auf Videos gesehen, wie viele Leuten aus den Fanclubs in den USA zu unseren Spielen gekommen sind. Wir haben großen Respekt davor, dass diese Anhänger in Amerika unsere Spiele verfolgen, obwohl sie Tausende von Kilometern entfernt leben. Jetzt können wir ein bisschen zurückgeben.“

Früher in Urlaub hätten die Spieler auch nicht gehen können, wenn sie sich für die Relegationsspiele zur Bundesliga qualifiziert hätten. Am Tag der Rückkehr aus den USA findet das Rückspiel zwischen Union Berlin und dem VfB Stuttgart statt. Bis zum Trainingsauftakt am 23. Juni (10.30 Uhr) bleiben dann fast noch vier Wochen Urlaub für die Fußballprofis – gemessen an US-amerikanischen Arbeitnehmer-Verhältnissen geradezu paradiesisch.