Heidenheim. Fünftes Spiel, fünfte Niederlage: Gegen Heidenheim bleibt der Kiezclub weiter punktlos – auch zu Ostern.

Frust und Ratlosigkeit machte sich unter den Protagonisten des FC St. Pauli am Ostersonntag nach der 0:3 (0:3)-Niederlagen beim 1. FC Heidenheim breit. Nach einer völlig desolaten ersten Halbzeit hatte die Mannschaft des neuen Trainers Jos Luhukay keine Chance mehr, dem Spiel im zweiten Abschnitt, als das Heimteam auf den Verwaltungsmodus umgeschaltet hatte, noch eine Wende zu verleihen.

„Die erste Halbzeit war niederschmetternd. 30 Minuten war es desolat. Das muss man so sagen“, stellte St. Paulis Interims-Sportchef und Geschäftsführer Andreas Rettig fest. „Es fehlen einem die Worte. Nach dem positiven Trend in der zweiten Halbzeit im Spiel gegen Bielefeld und der sehr ordentlichen Trainingswoche hat sich eine derartig desolate Leistung nicht angedeutet.“

Tatsächlich schauten die St. Paulianer in der ersten halben Stunde den bekannten Kombinationen der Heidenheimer bestenfalls interessiert zu. Und so kamen die Torschützen Marc Schnatterer (18. Minute) und Nikola Dodedan (26. und 28.) nahezu unbedrängt zu ihren entscheidenden Treffern vor den 13.700 Zuschauern in der nicht ausverkauften Voith-Arena. Dabei hatte St. Paulis Trainer Jos Luhukay noch zwei Tage vor dem Spiel davor gewarnt, Schnatterer in der Nähe des Strafraums zum Schuss kommen zu lassen. So aber konnte der 33 Jahre alte Kapitän des FCH sein bereits fünftes Tor gegen St. Pauli in nun insgesamt zehn Spielen erzielen.

Rotsünder Becker den Tränen nah

Für die ersten 27 Minuten nach der Pause sorgte der erst 18 Jahre alte Finn Ole Becker, der für den enttäuschenden Christopher Buchtmann ins Spiel gekommen war, für ein paar Lichtblicke. Mutig forderte er immer wieder den Ball und fing damit mehr an, als seine zum Teil deutlich älteren und erfahreneren Mitspieler. Er bewies Spielübersicht, Passgenauigkeit und den Mut, gefährlich auf das Tor zu schießen.

Nach einem frühen taktischen Foul in der Rückwärtsbewegung, legte er sich bei einer Offensivaktion den Ball etwas zu weit vor und traf Heidenheims Verteidiger Patrick Mainka und nicht den Ball. Schiedsrichter Benjamin Cortus entschied auf Freistoß und zückte nach längerer Überlegung auch noch zum zweiten Mal Gelb gegen Toptalent Becker, der den Tränen nahe das Feld Richtung Kabine verlassen musste.

„Unser jüngster Spieler hat trotz seiner Gelb-Roten Karte das einzige positive Ausrufezeichen gesetzt“, sagte Andreas Rettig. Rein regeltechnisch mag zweimal Gelb okay sein. In der ersten Halbzeit hat der Schiedsrichter aber auch vieles großzügig laufen lassen. Ich hätte mir gewünscht, dass er die Karte noch einmal in der Hosentasche lässt. Aber daran hat es nicht gelegen, dass wir verloren haben. Man hat gesehen, welches belebendes Element Finn Ole war. Es tut noch viel mehr weh, dass er uns jetzt im nächsten Heimspiel fehlt. Es war erfrischend, was er gemacht hat. Aber er stand da allein auf weiter Flur“, sagte Rettig weiter.

Rettig kündigt harte Entscheidungen an

Der Interims-Sportchef stellte zudem klar, dass es jetzt erneut Redebedarf mit den Spielern gibt. Offenbar hat die Trennung von Trainer Markus Kauczinski und Sportchef Uwe Stöver längst nicht alle Probleme gelöst. „Wir müssen im Innenverhältnis jetzt sehr kritisch damit umgehen. Wenn man sieht, wie die Tabellenkonstellation vor dem Spiel war, ist es umso enttäuschender, dass man nicht sehen konnte, dass es hier um irgendetwas gegangen ist. Das ist das Frustrierende“, sagte Rettig.

Andreas Rettig war nach dem Auftritt des FC St. Pauli in Heidenheim reichlich frustriert.
Andreas Rettig war nach dem Auftritt des FC St. Pauli in Heidenheim reichlich frustriert. © Witters

Tatsächlich hätte St. Pauli mit einem Sieg bis auf drei Punkte an den dritten Tabellenplatz heranrücken können. Nun aber gab es bereits das sechste sieglose Spiel (zwei Punkte) in Folge und den Absturz auf den achten Tabellenrang. Das ist die schlechteste Platzierung seit dem sechsten Spieltag. St. Pauli scheint damit auf dem Weg zu sein, eine lange Zeit gute bis sehr Saison im tiefen Mittelmaß zu beenden.

„Die Leistung hat einige Fragezeichen mehr aufgeworfen. Wir müssen jetzt auch mit dem Input des neuen Trainers sehen, welche Schlüsse wir daraus ziehen werden. Ich bin nicht derjenige, der jetzt aus der Emotion heraus möglichst viele Köpfe rollen lassen will. Aber wir müssen kritisch damit umgehen und möglicherweise harte Entscheidungen treffen“, sagte Rettig weiter. Dies könnte durchaus bedeuten, dass sich längst nicht alle Spieler, die einen Vertrag für die kommende Saison oder sogar länger besitzen, auch tatsächlich eine Zukunft bei St. Pauli haben.

Fan-Reaktion ist Knoll peinlich

„Es war eine katastrophale erste Halbzeit. Es hat nichts geklappt, was wir uns vorgenommen haben“, stellte auch Mittelfeldspieler Marvin Knoll fest, der später für den ausgewechselten Florian Carstens als Innenverteidiger spielte. „Dass uns am Ende unsere Fans noch feiern, ist mir einfach richtig peinlich nach diesem Spiel.“ Und Stürmer Alexander Meier stellte nüchtern fest: „Wir waren in allen Belangen unterlegen. Viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“

St. Paulis Trainer Jos Luhukay stellte treffend fest: „Wenn man so startet wie wir heute, hat man auf nichts ein Recht. Das war für mich sehr frustrierend und auch irritierend, weil wir in den letzten Tagen keine Anzeichen dafür hatten.“