HAmburg. St. Paulis Torwarttrainer Mathias Hain sieht sich in seiner beharrlichen Arbeit mit dem 21 Jahre alten Keeper bestätigt.

Am Montag war Svend Brodersen wieder zurück in seinem Alltag. Der 21 Jahre alte Torwart des FC St. Pauli, in dieser Saison die Nummer zwei hinter Stammkeeper Robin Himmelmann (30), ackerte nach zwei freien Tagen wieder im Mannschaftstraining und ließ sich, als die meisten Mitspieler wieder im Kabinentrakt verschwunden waren, in einer Extraschicht noch ein paar Bälle von Mats Möller Daehli, Richard Neudecker und Neuzugang Kevin Lankford um die Ohren schießen.

Und doch ist für Brodersen seit Freitagabend etwas anders als zuvor. Im Auswärtsspiel beim 1. FC Köln hatte der Eimsbütteler sein Zweitligadebüt gegeben, weil Himmelmann kurzfristig ausgefallen war. Ein stimmungsvolleres Stadion kann es für eine solche Premiere kaum geben. „Nach dem Spiel habe ich hoch auf die noch voll besetzten Ränge geschaut und das ein bisschen genossen. Im Spiel hatte ich das vorher alles nicht so wahrgenommen, weil ich mich auf das Spiel konzentriert hatte“, erzählte er mit drei Tagen Abstand über sein Debüt vor 50.000 Zuschauern.

Hain lobt Brodersen

Auch wenn das Spiel mit 1:4 verloren ging, heimste Brodersen für seine Leistung nur Lob ein. „Ich stelle Svend für dieses Spiel ein sehr gutes Zeugnis aus. Er war an den Gegentoren machtlos. Nüchtern betrachtet hätte es ohne seine gute Leistung vielleicht schon zur Halbzeit 4:1 für Köln gestanden“, sagte am Montag St. Paulis Torwarttrainer Mathias Hain dem Abendblatt.

Bereits seit gut dreieinhalb Jahren gehört Brodersen, der schon als Kind mit seinem Vater zu den Heimspielen des FC St. Pauli ging, dem Profikader des Millerntor-Clubs an. Mathias Hain arbeitet mit ihm sogar seit noch längerer Zeit mit dem Ziel, dass er perspektivisch zum Stammtorwart reifen soll. Sein Debüt in Köln war nun ein weiterer, großer Schritt auf diesem sicherlich noch langen Weg. Denn niemand, auch nicht Brodersen selbst, käme jetzt auf die Idee, einen dauerhaften Torwartwechsel zu fordern. Am Montag konnte Himmelmann nach seinen muskulären Problemen im rechten, hinteren Oberschenkel auch schon wieder Teile des Mannschaftstrainings absolvieren.

Hain berichtet von altem Problem

„Er schafft es jetzt, mit der nötigen Ruhe und Abgeklärtheit in solche Spiele zu gehen – und zwar unabhängig davon, wo sie stattfinden. Daran haben wir auch lange gearbeitet. Ich habe ihm immer wieder erklärt, dass es total wichtig ist, den Fokus auf die Aufgaben zu richten, die einem das Spiel stellt. Wenn man es schafft, das Drumherum auszublenden, kann man überall auf der Welt spielen, vor 100 oder 200.000 Zuschauern“, berichtete Hain, der von 2008 bis 2011 selbst für St. Pauli im Tor des Profiteams gestanden hatte. Und Hain erzählt auch erfrischend ehrlich über das jetzt offenbar überwundene Problem des jungen Keepers. „Er wollte immer alles sehr schnell machen. Das hat zu einer Hektik geführt, die wiederum zu leichten Fehlern führten, über die er sich dann ärgerte. Dieses Ärgern wiederum führte dazu, dass er den Fokus verlor. Das war die größte Baustelle.“

Brodersen hatte eine Psychologie-Klausur

Svend Brodersen hatte am Wochenende aber bekanntlich eine weitere Prüfung zu bestehen, für die eine Fokussierung nötig ist. Im Rahmen seines Psychologie-Studiums schrieb er am Sonnabend von 11.30 Uhr an eine rund zweieinhalb Stunden lange Klausur. Dabei war erst gegen halb vier in der Nacht aus Köln wieder zu Hause angekommen. „Nach der Klausur war ich ein bisschen am Ende und habe am Wochenende gefühlt gar nichts gemacht“, berichtete er. Noch nicht einmal die Aufzeichnung seines Profidebüt-Spiels wollte er sich anschauen. „Ich werde aber sicher noch mit Matze Hain verschiedene Szenen betrachten und sehen, was gut und was schlecht war. Es gibt ja immer etwas zu verbessern“, sagte Brodersen am Montag. „Schon immer hat ihn sein unglaublicher Wille und Ehrgeiz ausgezeichnet. Mit 16, 17 Jahren war er körperlich so weit, wie andere mit 25 noch nicht“, sagt Hain über seinen Schützling, der seinen Vertrag beim FC St. Pauli bereits im vergangenen Herbst bis zum Sommer 2021 mit einer beidseitigen Option für weitere zwei Jahre verlängert hatte.