Hamburg. In dem Lübecker Stadtteil lernte Ersin Zehir das Fußballspielen und steht nun beim FC St. Pauli vor seinem Startelfdebüt.

Bei Ersin Zehir klingelte der Wecker am Freitagmorgen etwas früher. Weil Markus Kauczinski seinen Spielern vor dem freien Wochenende einen frühen Feierabend ermöglichen wollte, hatte der Trainer des FC St. Pauli die morgendliche Einheit um eine Stunde nach vorn auf neun Uhr verlegt. „Ich stehe sowieso zwischen halb acht und acht auf“, sagte Zehir, der die Freizeit nutzen wird, um zu seiner Familie nach Lübeck aufzubrechen.

An jenen Ort, an dem im Stadtteil Buntekuh die Karriere des Toptalents des Kiezclubs begann. „Ich bin ein richtiger Straßenfußballer. Bis es draußen dunkel wurde, habe ich mit meinen Freunden gespielt. Ich musste mich früh schon immer gegen größere Jungs behaupten. Dass ich mich da durchgesetzt habe, hat mich auch für die spätere Zeit jetzt im Herrenbereich geprägt“, erklärte der Youngster.

Seit Anfang dieses Jahres gehört Zehir bei St. Pauli zu den Profis, wo er bisher als Joker sechsmal zum Einsatz kam. „Es ging seit Januar alles Schlag auf Schlag. Vielleicht war es auch ganz gut so, dass ich keine Zeit hatte, groß nachzudenken. Als Zweitligaprofi fühle ich mich noch nicht. Ich bin überglücklich, wo ich als junger Bursche jetzt bin“, sagte der bekennende Fan des FC Bayern, der im vergangenen Jahr sein Abitur mit Notendurchschnitt 3,0 bestanden hatte. „Ich wollte immer Profi werden. Einen Plan B hatte ich nie, aber mir und meinen Eltern war wichtig, dass ich den Abschluss mache, für den Fall, dass etwas passiert.“

Zehir steht vor seinem Startelfdebüt

Für einen 20-Jährigen ist der gebürtige Lübecker erstaunlich reif. Lernwillig saugt er auf, was ihm Trainer und Mitspieler mit auf den Weg geben. Auch außerhalb des Platzes ist der Familienmensch bodenständig. Spektakuläre Hobbys wie Fallschirmspringen („Das würde ich aber gern mal ausprobieren“) hat der Deutschtürke nicht. „Ich spiele gerne Playstation und treffe meine Freunde“, sagte Zehir.

Und den Kumpels kann er womöglich in Kürze von einem weiteren Highlight berichten. Da Johannes Flum (31) mit einer Gelbsperre gegen Jahn Regensburg (So., 25. November) ausfällt, steht die Nachwuchshoffnung vor dem Startelfdebüt. „Wenn der Trainer mich aufstellen sollte, würde ich die Rolle annehmen. Ob es dann klappt, werden wir sehen“, sagte er.

Dann könnte auch das Thema U-21-Nationalmannschaft aktuell werden. Als Jugendlicher absolvierte er Lehrgänge beim Deutschen Fußball-Bund und in der Türkei. „Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich mich, glaube ich, für Deutschland entscheiden. Auch wenn ich mich zu 50 Prozent als Türke fühle und die Sprache fließend spreche“, erklärte Zehir.