Maria Alm. Am Ende des Trainingslagers in Maria Alm spricht St. Paulis Trainer Markus Kauczinski auch über den Problemfall Bouhaddouz.

Rund 20 Stunden nach der 1:4-Niederlage im Testspiel gegen den Karlsruher SC war St. Paulis Cheftrainer Markus Kauczinski schon deutlich milder gestimmt. „Ernüchternd“ hatte er die Vorstellung seines Teams gegen den Drittligisten kurz nach dem Abpfiff bezeichnet. Am Mittwoch nun sagte er: „Es gibt leider Momente, in denen nichts funktioniert, weil man müde ist in den Beinen und im Kopf. Unsere neue Datenerfassung hat ergeben, dass die Spieler am Limit waren. Wir haben das Spiel auch nicht so gewichtet, dass wir frisch in dieses Spiel gehen wollten.“

So ganz aber war ihm das Match gegen seinen Ex-Club doch nicht egal. „Die Niederlage hat dennoch wehgetan, weil wir einen anderen Anspruch haben“, sagte er. Ärgerlich war das 1:4 auch deshalb, weil im Gegensatz zu den vorherigen Siegen gegen den FC Pinzgau (8:0) und den FC Liefering (3:0) nicht nur Präsident Oke Göttlich, Vizepräsident Joachim Pawlik und Geschäftsführer Andreas Rettig Augenzeugen auf dem Platz in Waidring waren, sondern auch Vertreter einiger Sponsoren. Ein gutes Bild gab das Team in sportlicher Hinsicht in diesen 90 Minuten Spiel ganz gewiss nicht ab.

Starkes Team

„Das Spiel hat uns immerhin gezeigt, woran wir taktisch noch arbeiten müssen. Die Arbeit gegen den Ball und das Zweikampfverhalten waren nicht gut. Es gab Dinge, die mich geärgert haben“, sagte Kauczinski. Dennoch glaubt er: „Wenn wir frisch sind, sind wir aber auch ein starkes Team.“

Dennoch gibt es auch bei der sportlichen Führung offenbar erhebliche Zweifel, ob die Mannschaft in dieser Besetzung wirklich so stark ist, um im oberen Drittel der Zweiten Liga mitzuspielen, wie es Präsident Göttlich bereits als klares Ziel und sogar als ein „Muss“ ausgegeben hat. „Wir sind uns sicher, dass wir im Sturm noch etwas machen wollen. Wir sind in Gesprächen. Es ist aber immer noch eine teure Phase, und wir wollen uns auch sicher sein, dass uns ein neuer Spieler sofort hilft“, sagte Trainer Kauczinski am Mittwoch. Trotz der klaren Leistungssteigerung von Sami Allagui in der bisherigen Vorbereitungsphase ist der Bedarf an einer Verstärkung also weiter akut, um die Torflaute der vergangenen Saison zu beheben.

Bouhaddouz weiter ein Problemfall

Dies gilt umso mehr, weil sich Aziz Bouhaddouz weiter als Problemfall darstellt. Nach seiner völlig verunglückten WM-Teilnahme mit nur zwei Kurzeinsätzen für Marokko und dem Eigentor zur Niederlage gegen den Iran, wirkt er noch immer niedergeschlagen und unglücklich. Dazu kommt, dass er körperlich noch längst nicht auf einem konkurrenzfähigen Niveau ist, weil er erst am Dienstag vergangener Woche wieder ins Training eingestiegen ist.

Trotz mehrfacher Nachfrage lehnte es der ehemalige Torjäger (15 Treffer in der Saison 2016/17) ab, sich öffentlich zu seinem Befinden und seiner Situation zu äußern. Aber selbst vereinsintern hat er ganz offenbar noch kein klares Bekenntnis zum FC St. Pauli abgegeben. „Ob Aziz bleibt, weiß ich nicht. Nach der WM war wohl seine Idee, sich zu verändern. Wir sind da immer noch ergebnisoffen und in Gesprächen. Noch können wir das nicht einschätzen“, sagte zu dieser Frage Trainer Kauczinski. Das sind denkbar schlechte Voraussetzungen, um mit dem 31-Jährigen fest zu planen. Eine zeitnahe Trennung wäre vermutlich für alle Beteiligten die beste Lösung. Fraglich ist nur, welcher Club als Abnehmer in Betracht käme.

Knoll ist ein echter Teamplayer

„Es ist noch eine Menge Zeit bis zum Transferschluss am 31. August. Generell können Dinge aber schnell gehen, auch bei anderen Spielern. Grundsätzlich sehe ich uns nicht schlecht aufgestellt“, sagte Trainer Kauczinski.

Zu den positiven Erscheinungen der bisherigen Vorbereitung zählt zweifellos der bisher einzige externe Neuzugang Marvin Knoll. Der von Jahn Regensburg gekommene Defensiv­akteur spielt in den Planungen von Trainer Kauczinski sogar eine so große Rolle, dass er eigens eine neue Position für ihn und seine spezielle Spielweise geschaffen hat. „Er ist so ein Innenverteidiger vor der Abwehr“, beschreibt der Coach den Job. Knoll ist dabei zentral platziert, um bei eigenem Ballbesitz das Spiel eröffnen und lenken zu können. „Er ist ein gestandener Spieler, der von seiner Leidenschaft lebt, aber auch ein guter Fußballer ist“, sagt Kauczinski. „Er ist ein echter Teamplayer, der für die anderen da ist. Er weiß jeden Moment zu schätzen, den er auf dem Platz steht, weil er auch schon schlechtere Zeiten erlebt hat.“

„Das ganze Rundumpakt ist hier sehr positiv“

Waren in der vergangenen Saison Aziz Bouhaddouz und Sami Allagui oft in einem Atemzug als Problemfälle betitelt worden, so hat sich dies im Fall von Allagui deutlich verändert. Nicht allein wegen seiner elf Treffer in den bisherigen Testspielen, sondern auch wegen seines Engagements auf dem Platz und seines gesamten Auftretens besteht bei ihm eine realistische Hoffnung auf eine erheblich bessere Saison.

„Sami versucht das umzusetzen, was er sich vorgenommen hat. Ich hoffe, dass er so weitermacht und auch gegen stärkere und robustere Gegner genau den gleichen Einsatz zeigt. Für ihn gilt wie für alle, dass er auf dem Prüfstand ist. Das, was bisher war, war gut. Aber jetzt sind wir in einer Phase, in der man noch mal zulegen muss“, sagte Kauczinski über ihn.

Die Rahmenbedingungen des Trainingslagers in Maria Alm lobte Markus Kauczinski ebenso wie vor einem Jahr sein Vorgänger Olaf Janßen. „Das ganze Rundumpakt ist hier sehr positiv. Die Hütten sind für den Teamgedanken besser als Hotelzimmer, dazu kommt die Atmosphäre und die Leidenschaft, die das Hüttendorfteam zeigt“, sagte er. Auch für den Trainingsplatz auf der Anlage des FC Pinzgau im benachbarten Saalfelden fand St. Paulis Trainer nur lobende Worte. Einer Wiederholung im kommenden Jahr scheint nichts im Wege zu stehen. Es wäre dann das vierte Jahr in Folge, in denen St. Pauli im Hüttendorf Maria Alm zu Gast wäre.