Hamburg. “Ich werde sehr viel vermissen“: St. Paulis Abwehrchef spricht erstmals über seinen Abschied aus Hamburg zum Saisonende.

Als die Fußballprofis des FC St. Pauli am Montagnachmittag nach einem freien Wochenende die erste Trainingseinheit der neuen Woche absolvierten, war Lasse Sobiech quasi nur Zaungast. Gemeinsam mit Abwehrkollege Christopher Avevor spulte er unter Leitung von Athletiktrainer Janosch Emonts ein individuelles Programm ab. Mit seiner am vergangenen Freitag publik gewordenen Entscheidung, den FC St. Pauli nach vier Jahren zu verlassen, hatte es allerdings nichts zu tun, dass er sich abseits des mannschaftlichen Geschehens sportlich betätigte.

Vielmehr ließ seine Blessur am linken Sprunggelenk, die er sich beim 1:2 in Düsseldorf Anfang des Monats zugezogen hatte, noch keine volle Belastung zu. „Es sieht alles sehr gut aus. Aber eine Prognose, wann ich wieder voll ins Mannschaftstraining einsteigen kann, möchte ich noch nicht geben“, sagte Sobiech. Ebenso wenig sei jetzt schon absehbar, ob er am Sonntag (13.30 Uhr) im Zweitliga-Heimspiel gegen den SV Sandhausen, wieder einsatzbereit sei. „Ich arbeite aber darauf hin, dass es klappt“, versprach er.

Sobiech: "Es war immer alles offen"

Es wäre der Beginn einer sieben Spiele dauernden Abschiedstournee. Nach Wochen der Ungewissheit und des Werbens um eine Vertragsverlängerung vonseiten des Vereins steht fest, dass der FC St. Pauli künftig ohne Sobiech auskommen und ihn ablösefrei ziehen lassen muss. Am Montag nahm der 1,96 Meter große Innenverteidiger erstmals Stellung zu seinem Entschluss. „Es war eine ganz schwierige Entscheidung. Ich habe mir über längere Zeit schon ganz viele Gedanken gemacht und sehr viele Gespräche geführt“, berichtete der 27-Jährige. „Wir hatten mehrere Gesprächsrunden, es war alles immer ganz offen.“

Verschlossen gibt sich Sobiech hingegen noch mit der Bestätigung, dass der Bundesliga-17. 1. FC Köln sein neuer Arbeitgeber sein wird. Auch auf mehrmaliges Nachfragen wollte er am Montag ebenfalls nicht über die konkreten Gründe sprechen, die ihn zum Wechsel bewogen haben. Diese liegen allerdings auf der Hand. Zum einen kann ihm der 1. FC Köln dank seiner deutlich größeren wirtschaftlichen Potenz ein erheblich höheres Gehalt als St. Pauli zahlen. Zum anderen hat Sobiech dort objektiv eine deutlich höhere Chance, noch einmal in der Bundesliga zu spielen – entweder schon in der kommenden Saison, wenn die Kölner ihren Aufwärtstrend fortsetzen und mindestens Rang 16 erreichen, oder nach einem direkten Wiederaufstieg, der den Rheinländern auf jeden Fall zuzutrauen ist.

Sobiech sieht Nachfolgerfrage gelassen

Vor einigen Wochen noch hatte Lasse Sobiech betont, „die Entwicklung abwarten“ zu wollen, ehe er eine Entscheidung über seine Zukunft trifft. Dies konnte so interpretiert werden, dass sein Verbleib am Millerntor möglich gewesen wäre, hätte St. Pauli noch ernsthaft um den Aufstieg mitgespielt. Diese zwischenzeitlich wieder realistisch gewordene Chance aber wurde mit dem 1:2 in Düsseldorf de facto vergeben. Stattdessen geht es jetzt nur noch darum, sich von einem Abstiegsplatz fernzuhalten.

Anders als vor einem Jahr der damalige Kapitän Sören Gonther, der zu Dynamo Dresden wechselte, beklagt Sobiech jetzt keinesfalls eine mangelnde Wertschätzung seitens der Clubführung. Sportchef Uwe Stöver hatte mehrmals betont, für Sobiech an die finanzielle Schmerzgrenze gehen zu wollen. Doch dies war eben nur ein Aspekt und reichte gegen den größeren Konkurrenten Köln ohnehin nicht.

Doch wie kann St. Pauli den – nicht nur körperlich – überragenden Lasse Sobiech ersetzen? Der Abwehrchef selbst sieht es gelassenen: „Man hat schon zuletzt, als ich gefehlt habe, gesehen, dass Christopher Avevor und Philipp Ziereis es gut machen können. Dazu kommt dann noch Marc Hornschuh, wenn er wieder gesund ist.“

"Ich werde sehr viel vermissen"

Aber wie sieht es mit potenziellen Nachfolgern als Führungsspieler aus? Sobiech war und ist bis Mitte Mai noch ein prägendes Gesicht des FC St. Pauli, auch außerhalb des Platzes. „Ich denke, dass es die älteren Spieler wie Bernd Nehrig, Johannes Flum, Robin Himmelmann und Philipp Heerwagen, aber auch Philipp Ziereis wie bisher sehr gut machen werden“, sagte Sobiech am Montag. Kapitän Bernd Nehrig allerdings hat sich mit der Vereinsführung noch nicht auf einen neuen Vertrag einigen können. Da jetzt Sobiechs Weggang feststeht, wäre es umso wichtiger, Nehrig als einen unumstrittenen Kopf des Teams zu halten.

Unterdessen ahnt Sobiech schon jetzt, dass es für ihn emotional kein leichter Abschied wird. „Ich liebe Hamburg und speziell St. Pauli. Dazu sind das Stadion und die Verantwortlichen im Verein ganz besonders. Der zwischenmenschliche Bereich ist hier außergewöhnlich. Ich werde sehr viel vermissen“, sagte er.