Hamburg. Union Berlin und der FC St. Pauli sind nur die Nummer zwei in ihren Städten, doch längst sehr ambitionierte Clubs. Der Vergleich.
Ein ausverkauftes Stadion an der Alten Försterei in Berlin-Köpenick, eine hochemotionale, aber nicht feindselige Stimmung auf den Rängen und auf dem Rasen zwei der interessantesten Teams der Zweiten Liga. Das sind die vielversprechenden Grundvoraussetzungen für das Spiel zwischen dem 1. FC Union Berlin und dem FC St. Pauli an diesem Sonnabend (13 Uhr, Sky live und Liveticker bei abendblatt.de). Sportlich geht es für beide Teams darum, den Anschluss an die ersten drei Tabellenplätze zu halten. Doch es steckt noch mehr in diesem Duell der jeweils zweitgrößten Clubs aus den beiden größten deutschen Städten. Es ist das Aufeinandertreffen zweier Vereine, die auf einem guten Weg sind, sich aus der durchaus reizvollen Rolle des Underdogs auf verschiedensten Ebenen zu einer mehr als nur regional relevanten Marke zu entwickeln. Zwischen Union und St. Pauli gibt es interessante Parallelen, wie der Vergleich zeigt.
Geschichte und Erfolge: Der 1. FC Union Berlin existiert unter diesem Namen seit 1966, der älteste der verschiedenen Vorgängervereine war der 1906 gegründete FC Olympia Oberschöneweide. 1968 gewann Union den FDGB-Pokal, also das Äquivalent der DDR zum DFB-Pokal in der Bundesrepublik. Zwischen 1950 und 1990 gehörte Union insgesamt 19 Spielzeiten der DDR-Oberliga an. Nach der Wende dauerte es zehn Jahre zum erstmaligen Aufstieg in die Zweite Liga, der Union jetzt seit 2009 ununterbrochen angehört. Der FC St. Pauli wurde 1910 gegründet, spielte zwischen 1977 und 2011 insgesamt acht Jahre in der Bundesliga. In der „ewigen Tabelle“ der Zweiten Liga steht der Kiezclub nach 26 Jahren Zugehörigkeit an vierter Stelle, Union belegt Rang 33. Ein überregionaler Meistertitel oder Pokalsieg fehlt.
Position in der Stadt: Zu DDR-Zeiten galt Union Berlin als Verein des Volkes, war gegenüber dem staatlich massiv unterstützten BFC Dynamo klar benachteiligt und musste immer wieder Topspieler dorthin abgeben. Heute ist Union in Berlin die zweite Kraft hinter Bundesligaclub Hertha BSC, hat aber nicht nur wegen seiner geografischen Lage innerhalb der Hauptstadt eine völlig andere Anhänger-Klientel. In Hamburg lebt der FC St. Pauli sehr gut als Nummer zwei hinter dem HSV, dessen größere Anhängerschaft vor allem in den randnahen Stadtteilen sowie im „Speckgürtel“ angesiedelt ist. St. Paulis Mitglieder und Sympathisanten wohnen überproportional im Stadtteil selbst sowie den angrenzenden Vierteln.
Situation in dieser Saison: Union leistete sich nach zwei Erfolgen zum Auftakt eine Serie von fünf sieglosen Spielen mit nur drei Punkten. Dennoch steht die Mannschaft als Vierter mit 22 Punkten gut da. „Wir sind in der Spur“, sagt Helmut Schulte, der Leiter der Lizenzspielerabteilung. Zu Hause ist Union noch ungeschlagen. St. Pauli hat 13 von 19 Punkten auswärts erkämpft und bisher nur ein Spiel auf fremdem Platz verloren. Die Heimschwäche (ein Sieg aus sechs Spielen) verhindert bisher eine bessere Platzierung.
Topspieler: Stürmer Sebastian Polter (sechs Tore, vier Vorlagen) ragt bisher aus dem eingespielten und erfahrenen Ensemble von Union heraus. Bei St. Pauli konnte sich Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann mit vier Toren und zwei Torvorlagen in nur acht absolvierten Spielen am meisten profilieren.
Stadion: Derzeit passen in Unions Stadion an der Alten Försterei 22.012 Zuschauer, bis 2020 wird es auf 37.000 Plätze ausgebaut. Das Millerntor-Stadion des FC St. Pauli ist seit Juli 2015 komplett umgebaut und fasst seither 29.546 Plätze.
Marktwert: Laut „transfermarkt.de“ hat das Team von Union Berlin aktuell einen Marktwert von 22,15 Millionen Euro, davon entfallen zwei Millionen auf Sebastian Polter. Auf einen Gesamtwert von 17,1 Millionen Euro kommt St. Paulis Kader, 1,75 Millionen trägt der derzeit verletzte Cenk Sahin dazu bei.
Ambitionen: „Wir wollen besser als in der vergangenen Saison sein“, sagt Helmut Schulte. Das würde mindestens Rang drei bedeuten. Grundsätzlich streben die Berliner laut Schulte an, sich in allen relevanten Kriterien unter den Top 20 in Deutschland zu etablieren. Konkrete Aufstiegsambitionen werden bei St. Pauli bisher nicht ausgesprochen. „Wenn wir Weihnachten unterm Tannenbaum sitzen, werden wir ein Saisonziel formulieren“, sagt Trainer Olaf Janßen. Sechs Spiele sind bis dahin noch zu absolvieren. „St. Pauli darf Erste Liga spielen“, hatte Präsident Oke Göttlich im Sommer gesagt – eine für St.-Pauli-Verhältnisse mutiger Satz. Durch diverse Maßnahmen, etwa die internationale Präsenz und Kooperation mit Stoke City, ist der Club auf Expansionskurs.
Mitglieder: Bei beiden Clubs steigen die Mitgliederzahlen seit Jahren. Bei Union haben sie die Marke von 17.750 erreicht, St. Pauli ist bereits bei 25.000 angekommen. Nur zehn andere deutsche Fußballclubs sind größer.
1. FC Union Berlin: Busk – Trimmel, Leistner, Schönheim, Pedersen – Prömel, Kroos – Gogia, Hartel, Hedlung – Polter. FC St. Pauli: Himmelmann – Zander, Sobiech, Avevor, Buballa – Nehrig, Flum – Sobota, Buchtmann, Möller Daehli – Allagui. Schiedsrichter: Dankert (Rostock).