Hamburg. Der FC St. Pauli steht vier Spieltage vor Schluss so gut wie noch nie in der Saison da. Doch noch bleiben Zweifel am Klassenerhalt.
Es war nur ein kleiner Kreis von St.-Pauli-Profis, der am Tag nach dem 3:1-Auswärtssieg bei Fortuna Düsseldorf im Leistungszentrum an der Kollaustraße das Regenerationsprogramm absolvierte. Gleich sieben Spieler hatten einen zweitägigen „Heimaturlaub“ erhalten und durften ihre im Westen ansässigen Familien besuchen. Dazu ließen sich die während des Spiels verletzt ausgewechselten Bernd Nehrig (Knochenstauchung im Kreuzbein) und Jeremy Dudziak (Schulterluxation) sowie Kapitän Sören Gonther (Bluterguss in der Wade) nur behandeln.
Die Stimmung in der reduzierten Truppe hätte kaum besser sein können, nach zuletzt drei Siegen in Folge ist das St.-Pauli-Team in der Zweitliga-Tabelle auf den elften Platz geklettert, mit zwei Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz 16 und vier Zählern auf den direkten Abstiegsplatz 17. Die Mannschaft von Trainer Ewald Lienen hat nicht mehr nur die Hoffnung sondern die realistische Aussicht, den ersehnten Klassenverbleib in den verbleibenden vier Ligaspielen sicherzustellen. Noch zwei Siege, so die allgemeine Einschätzung, sollten dafür reichen.
Fünf Gründe für die Rettung
Im wesentlichen sprechen folgende fünf Gründe dafür, dass der FC St. Pauli das Ziel Klassenerhalt schaffen wird.
Trend: St. Pauli ist in der Rückrunde die viertbeste Mannschaft der Liga, holte aus den 13 Spielen seit der Winterpause 24 Punkte und damit mehr als alle Konkurrenten im Abstiegskampf. Aue kommt den Kiezkickern mit 20 Rückrunden-Zählern noch am nächsten. Gegenüber Würzburg machten die St. Paulianer seit Januar 18 Punkte, gegenüber Düsseldorf 14 Punkte gut.
Mentalität: Der Mannschaft gelingt es inzwischen häufiger, sich im Laufe eines Spiels zu steigern und von Negativ-Erlebnissen nicht mental herunterziehen zu lassen, wie es in den ersten 14 Saisonspielen zu beobachten war. „In der Hinrunde hätten wir das Spiel hundertprozentig verloren“, sagte Christopher Buchtmann nach dem Sieg in Düsseldorf, der nach einem 0:1-Rückstand zustande kam.
Schon beim 2:1 in München im März hatte St. Pauli das Spiel drehen können. „Ich hatte schon nach dem Ausgleich große Zuversicht, dass wir noch gewinnen“, berichtete Torwart Philipp Heerwagen. „Ich habe es den Jungs angesehen, als sie nach dem Tor zurück in unsere Hälfte kamen.“
Defensive Stabilität: Hatte sich St. Pauli in den ersten 14 Spielen 23 Gegentore eingefangen, waren es seither nur noch neun in 16 Partien. In acht dieser Begegnungen konnte der am 15. Spieltag ins Tor gekommene Philipp Heerwagen seinen Kasten sauber halten.
Hinzu kommt, dass die Innenverteidigung wieder so stabil wie in der Saison zuvor ist – und zwar unabhängig davon, welche beiden der vier Startelfkandidaten Lasse Sobiech, Sören Gonther, Philipp Ziereis und Marc Hornschuh spielen. „Man könnte auch würfeln, wer von ihnen spielt, und jeder wird es überragend machen“, sagt Heerwagen.
Individuelle Qualität: Aus einer gefestigten Mannschaft stechen einige Spieler mit besonderen Qualitäten hervor, die sie zuletzt immer besser einbringen konnten. So konnte jetzt in Düsseldorf der flinke Offensivspieler Cenk Sahin zweimal nur durch Fouls gestoppt werden, die zu zwei Platzverweisen führten.
Unmittelbare Folge des zweiten Fouls war auch das Freistoßtor zum 2:1, bei dem Christopher Buchtmann Ballgefühl und Schusstechnik bewies. Dazu besitzt St. Pauli in Aziz Bouhaddouz, der auch in schwächeren Spielen wichtige Treffer erzielen kann. Mit 13 Toren gehört er zu den besten fünf Schützen der Liga.
Probleme der Konkurrenz: In der Winterpause konnten sich Würzburg als Sechster und Düsseldorf als Achter eher Richtung Tabellenspitze orientieren und haben seit geraumer Zeit einen Negativtrend. Bielefeld hat mit 51 Gegentoren die schwächste Defensive.
Bei aller Zuversicht bleiben jedoch noch Zweifel. St. Paulis Mannschaft hat auch in den jüngsten siegreichen Spielen ebenso wie in den vier sieglosen Partien davor über längere Strecken fußballerisch nicht überzeugt und Probleme gehabt, Tore zu erzielen. Konkret kam das Team in den vergangenen sieben Spielen nur zu sieben Treffern, die beiden letzten beim 3:1-Erfolg in Düsseldorf gelangen auch erst bei doppelter Überzahl.