Fürth. St. Paulis Trainer kann nach dem 2:0-Sieg in Fürth erst einmal wieder durchatmen. Sobiech berichtet von „wahnsinnigen Emotionen“.
Als Schiedsrichter Frank Willenborg um 15.21 Uhr ein letztes Mal seine Pfeife ertönen ließ, wirkte es so, als könnten die Profis des FC St. Pauli selbst nicht glauben, was gerade passiert war. Wer glaubte, dass nach dem 2:0 (0:0)-Sieg bei der Spielvereinigung Greuther Fürth eine Riesenparty auf dem Rasen steigen würde, der irrte zunächst. Vielmehr war es die pure Erleichterung, die sich nach dem zweiten Saisonsieg in den Gesichtern der Profis und Verantwortlichen widerspiegelte, als sie sich nach der Partie abklatschten.
Erst auf dem Weg in die Fankurve sah man, wie viel Ballast nach dem ersten Dreier seit dem 10. September – damals gab es einen 2:1-Sieg gegen Bielefeld – von den Schultern abgefallen war. Gemeinsam mit den rund 1500 mitgereisten Anhängern wurde dann doch noch gefeiert. „Wir konnten uns heute für unseren Einsatz und unsere Leidenschaft belohnen. Dieser Sieg war mit Blick auf die Tabelle überlebenswichtig. Jetzt haben wir Sonnabend gegen Bochum die Chance, uns eine gute Ausgangslage für die Rückrunde zu erkämpfen“, sagte Trainer Ewald Lienen, der unmittelbar nach Spielschluss eine innige Umarmung von Sportdirektor Andreas Rettig bekam, der mit dieser Geste noch einmal untermalte, dass er zu seinem Übungsleiter steht.
Partie war lange ein Saison-Spiegelbild
Alle Beteiligten machten keinen Hehl daraus, dass der zweite Saisonsieg weit mehr war als nur drei Zähler auf der Habenseite. Die Kiezkicker sendeten mit einer couragierten, aber keinesfalls glanzvollen Vorstellung ein deutliches Lebenszeichen an die Konkurrenz. Zwar bleibt das Lienen-Team einen Spieltag vor der Winterpause Tabellenschlusslicht, der Abstand zum Relegationsplatz beträgt aber nur noch drei Zähler. Rang 15, der zum direkten Klassenerhalt berechtigt, ist nun noch vier Zähler entfernt.
Sahin bärenstark: St. Pauli in der Einzelkritik
Dabei war die Partie bei den Franken lange Zeit ein Spiegelbild der bisherigen Saison. St. Pauli trat vor allem in der ersten Halbzeit gegen erschreckend schwache Fürther in der Vorwärtsbewegung viel zu verhalten und ängstlich auf. Die Folge: Mal wieder gab es kaum zwingende Offensivaktionen. Die beiden besten „Gelegenheiten“ verstolperte Stürmer Aziz Bouhaddouz, der den Ball in aussichtsreicher Position jeweils nicht unter Kontrolle bringen konnte.
St. Pauli stand defensiv stabil
Deutlich besser machte es der Marokkaner in Minute 64. Nach einem überragenden Sololauf von Waldemar Sobota über die rechte Seite stand der 29-Jährige da, wo ein Mittelstürmer stehen muss. Der platzierte Flachschuss aus 13 Metern von Bouhaddouz (es war sein vierter Saisontreffer) beendete die 508 Minuten andauernde Torflaute des FC St. Pauli und sorgte dafür, dass der erste Auswärtssieg der Saison immer mehr Konturen annahm.
Zumal die Hamburger wie schon beim 0:0 gegen Kaiserslautern defensiv sehr stabil standen und über die gesamten 90 Minuten nur eine klare Torchance zuließen. „Es war ein sehr emotionales Spiel. Der Unterschied war, dass wir endlich die Dinger mal reingemacht haben. Wir dürfen uns darauf jetzt nicht ausruhen. Uns wird weiterhin nichts geschenkt werden“, sagte Bouhaddouz.
Letzte Zweifel am schlussendlich verdienten Sieg räumte dann ein Mann aus, der in den vergangenen Wochen häufig so unglücklich agierte. Der starke Linksaußen Cenk Sahin krönte in der Nachspielzeit seinen Auftritt mit einem 80-Meter-Sprint und einem sehenswerten Lupfer über den völlig verdutzten Fürther Schlussmann Balasz Megyeri.
Jubelsprint von Lienen und Rettig
Ein Treffer, der bei St. Pauli alle Dämme brechen ließ. Der Türke, der seine fünfte Gelbe Karte sah und zum Hinrundenfinale gegen Bochum pausieren muss, wurde an der Eckfahne von der gesamten Mannschaft inklusive der Ersatzspieler begraben, und an der Außenlinie setzten Trainer Lienen und Sportchef Rettig zu einem bemerkenswerten Jubelsprint an. „Wir haben diesen Erfolg gebraucht. Die Mannschaft hat unglaublich viel investiert. Beim 2:0 waren es wahnsinnige Emotionen, als die ganze Mannschaft zu einem Haufen wurde“, sagte Lasse Sobiech.
Die Spieler wissen aber auch, dass dem wichtigen Sieg am Sonnabend im Heimspiel gegen Bochum der nächste Erfolg folgen muss, um halbwegs entspannt Weihnachten feiern zu können. „Jetzt haben wir zwei gute Spiele nacheinander gemacht und wollen zu Hause natürlich nachlegen. Ich glaube, dass wir nach der Winterpause da unten rauskommen“, sagte Torschütze Sahin. Ein erster Schritt ist am Sonntagnachmittag gelungen.