Verein, Spieler und Ex-Kapitän Fabian Boll ergreifen Partei für Deniz Naki, dem eine Haftstrafe in der Türkei droht.
Weil dem früheren St.-Pauli-Profi Deniz Naki in der Türkei wegen angeblicher Terrorpropaganda fünf Jahre Haft drohen, hat sich der Kiezclub solidarisch mit dem 27-Jährigen gezeigt. Beim Testspiel gegen Werder Bremen (1:1) vor 6720 Zuschauern rief der Stadionsprecher am Donnerstagabend in der 38. Minute Naki als Torschützen zum 1:0 aus. Auch einige Fans riefen daraufhin den Namen des ehemaligen Publikumslieblings, der von 2009 bis 2012 für St. Pauli gespielt hatte und in Hamburg immer noch einen guten Ruf hat. Der eigentliche Torschütze war Maurice Litka.
Bereits beim Aufwärmen trugen die Spieler des FC St. Pauli Shirts mit dem Namen des Ex-Kollegen und der Rückennummer 23, die der Mittelfeldspieler kurdischer Abstammung zu seiner Zeit in Hamburg trug. Außerdem zierte das Shirt auf der Brust die Aufschrift "Für Deniz! Venceremos’’ – der Text eines chilenischen Kampfliedes „Wir werden siegen“. Auf dem Aufstellungsbogen wurden alle Kiezkicker mit dem Nachnamen Naki aufgelistet. Mit zwei Ausnahmen: Cenk Sahins und Ersin Zehirs Namen wurden nicht geändert. „Wir wollen Cenk und Ersin aufgrund der politischen Lage in der Türkei nicht in Bredouille bringen“, teilte der Club mit.
Auch Boll zeigt sich solidarisch
Zuvor hatte bereits Ex-Kapitän Fabian Boll über die sozialen Netzwerke Partei für seinen früheren Mitspieler ergriffen. „In was für einer Welt leben wir eigentlich mittlerweile“, schrieb er bei Facebook. „Kopf hoch, mein Freund!!! Ich hoffe, es wird alles gut. Komm’ gut nach Hause!“ Boll habe nach eigenen Angaben auch mit Naki telefoniert. Es gehe ihm „den Umständen entsprechend gut“, teilte der 37-Jährige mit.
Am Mittwoch hatte die türkische Staatsanwaltschaft gegen Naki wegen Terrorpropaganda Anklage erhoben. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass Naki in sieben Fällen auf Twitter und Facebook Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK gemacht habe. Dem Bericht zufolge wies der Profi des türkischen Drittligisten Amed Sportif Faaliyetler die Vorwürfe zurück und erklärte, er habe Friedensbotschaften verbreiten wollen.
Naki einst für zwölf Spiele gesperrt
Wegen angeblicher Propaganda war Naki vom türkischen Fußballverband bereits im Februar für zwölf Spiele gesperrt worden. Der Verband warf ihm „ideologische Propaganda“ und „unsportliche Äußerungen“ vor. Neben der deftigen Sperre wurde Naki auch zu einer Geldstrafe von 19.500 Türkischen Lira (rund 6000 Euro) verurteilt.
Auslöser war ein Facebook-Eintrag Nakis. Nachdem sein Verein Amed SK sensationell im Pokal gegen den Erstligisten Bursaspor gewonnen hatte, schrieb Naki unter anderem, der Sieg sei denen gewidmet, „die bei den Grausamkeiten, die seit über 50 Tagen auf unserem Boden stattfinden, getötet oder verletzt wurden“. Der Verein ist in der südosttürkischen Kurdenmetropole Diyarbakir beheimatet.