Hamburg. Der Abwehrspieler musste wegen einer Schlägerei zwei Wochen hinter Gitter. Er hat nicht nur körperlich gelitten.

Nach zwei Wochen Abwesenheit war Joel Keller am Montag wieder auf dem Trainingsplatz des FC St. Pauli an der Kollaustraße aktiv. In seinem Fall war es aber weder eine Verletzung noch eine Erkältung, wie zuletzt bei diversen seiner Kollegen, die den Defensivspieler zum Nichstun gezwungen hatte. Vielmehr hatte der 21 Jahre alte Schweizer die vergangenen 14 Tage wie geplant in Nürnberg im Jugendarrest verbracht.

Zu dieser Strafe war er Anfang Juli von einem Nürnberger Gericht verurteilt worden. Rund ein Jahr zuvor war er, damals noch als Spieler des 1. FC Nürnberg, frühmorgens in eine handfeste Auseinandersetzung im Hauptbahnhof der Frankenmetropole geraten und hatte sich dabei einer Körperverletzung schuldig gemacht. Allerdings hatte sein Kontrahent, der Keller und dessen Freundin zuvor provoziert hatte, auf eine Anzeige verzichtet. Diese erstattete allerdings ein Beamter der Bahnhofspolizei, der auf den Vorfall aufmerksam geworden war.

In der Zelle sitzen, Rundgang, an die Wand starren

Um sich in den zwei Wochen Arrest fit zu halten, hatte Keller einen individuellen Trainingsplan mit auf den Weg bekommen. Am Montag aber erfuhr St. Paulis Cheftrainer Ewald Lienen von Keller, dass der Jungprofi praktisch nichts von den im Trainingsplan vorgesehenen Inhalten absolvieren konnte. „Joel durfte nur einmal in der Halle der Justizvollzugsanstalt Basketball spielen, ansonsten musste er in seiner Zelle sitzen und konnte nur einmal am Tag auf dem kleinen Hof einen Rundgang machen. Ich halte es für eine wenig sinnvolle Strafe, dass ein junger Mann die meiste Zeit gegen eine Wand starren muss. Das hat nichts mit verhaltenskorrigierenden Maßnahmen zu tun“, kritisierte Lienen den Umgang mit Keller. Dabei hatte die zuständige Richterin in einem Gespräch mit St. Paulis Clubführung noch zugesagt, dass die Strafe so wenig Auswirkungen auf Kellers Beruf wie möglich haben sollte.

Cenk Sahin in Prügelei bei Länderspiel verwickelt

Jetzt aber muss Joel Keller seinen Trainingsrückstand erst einmal aufholen, ehe er wieder in einem Punktspiel einsatzfähig ist. Dazu kommt der mentale Aspekt. „Es war ein einschneidendes Erlebnis für Joel. Das muss er auch erst einmal verarbeiten“, sagt Lienen, der nun in zweifacher Hinsicht Aufbauarbeit leisten muss.

Unterdessen wird Offensivspieler Cenk Sahin erst am Mittwoch wieder in Hamburg erwartet. Der Kapitän des türkischen U-21-Nationalteams war im EM-Qualifikationsspiel gegen Zypern (0:1) in eine Massenschlägerei am Spielende verwickelt, bekam dabei Faustschläge ins Gesicht und revanchierte sich mit einem kräftigen Tritt gegen einen zyprischen Spieler. Als einer von insgesamt sechs Spielern sah Sahin danach die Rote Karte. „Das war eine Extremsituation. In einem so brisanten Spiel muss nur eine Stecknadel falsch fallen, damit die Situation eskaliert. Das ist so, als wenn man ein Feuerzeug an ein Pulverfass hält“, sagte Lienen.

Ob Cenk Sahin für sein Verhalten in dieser Situation auch vereinsintern bestraft wird, ist noch offen. Vor einer Entscheidung wollen die Verantwortlichen des FC St. Pauli erst ein klärendes Gespräch mit ihm führen.