Freiburg. Der FC St. Pauli verliert ein unterhaltsames Spiel beim SC Freiburg mit 3:4 wegen defensiver Nachlässigkeiten.

Sonniges Frühlingswetter und sieben Tore – der Unterhaltungswert des Zweitliga-Spitzenspiels zwischen dem Tabellenführer SC Freiburg und dem FC St. Pauli war kaum zu überbieten. Und doch verließen die Spieler und Trainer der Hamburger wenig begeistert das ausverkaufte Freiburger Schwarzwald-Stadion. „Ich bin heute sehr enttäuscht – und zwar vom Ergebnis und nicht von meiner Mannschaft“, brachte St. Paulis Trainer Ewald Lienen die Stimmung nach dem 3:4 (0:2) auf den Punkt. „Wir hätten es heute verdient gehabt, einen Punkt mitzunehmen“, sagte er weiter.

Bei dieser Einschätzung spielten offenbar sehr stark die Eindrücke aus der zweiten Halbzeit eine Rolle, in der sich die St. Paulianer tatsächlich mutig und mit einigen sehenswerten Spielzügen sowie auch gleich drei Treffern profilieren konnten. Dass dies dennoch nicht einmal zu einem Punkt reichte, hing vor allem mit großen Schwächen bei gegnerischen Ecken und Freistößen zusammen. Es waren quasi Einladungen zum Toreschießen an die starken Freiburger, die jetzt acht Spiele in Folge gewonnen haben. „Wir haben heute drei Gegentore aus Standardsituationen bekommen. Und dann noch eines, weil ein Freiburger ganz allein in Richtung Tor laufen und dann ungehindert schießen kann“, sagte Torwart Robin Himmelmann treffend, der so angefressen wie selten wirkte.

Einzelkritik: Maier verpasste Bewerbung

Wie erwartet hatte St. Paulis Trainer Ewald Lienen den zuletzt wegen einer Gelbsperre fehlenden Jan-Philipp Kalla zurück in die Startformation beordert. Der Routinier ersetzte Marc Rzatkowski, der nach einer Fußprellung und einem Magen-Darm-Infekt nicht einsatzfähig war. Allerdings spielte Kalla auf der Außenbahn, während Alushi zurück auf Rzatkowskis „Sechser“-Position rückte. Keine Überraschung hätte für die St. Paulianer sein dürfen, dass der heiße Aufstiegsanwärter von Anfang an versuchen würde, mit dominantem Offensivspiel den Gegner unter Druck zu setzen.

Dennoch ließen sie schon nach zehn Sekunden Nils Petersen frei zum Schuss kommen. Diese frühe Prüfung bestand St. Paulis Torwart Robin Himmelmann noch. Rund 200 Sekunden später aber war er geschlagen. Einen wuchtigen Distanzschuss von Pascal Stenzel aus rund 25 Metern konnte er nur abprallen lassen. Im Strafraum reagierte Marc-Oliver Kempf schneller als die Hamburger Verteidiger und drückte den Ball zum 1:0 (3.) ins Tornetz. „Ich wollte den Ball zur Seite ablenken, aber dann ist er noch geflattert, und ich habe ihn nicht mehr richtig erwischt“, klärte Himmelmann später diese Szene auf.

Lienen schimpft gegen den Schiedsrichter

Das vor dem Spiel angekündigte Vorhaben, mit Disziplin, Willen und Kampfkraft die starke Offensive der Freiburger bremsen und möglichst lange ohne Gegentor bleiben zu wollen, war damit schon hinfällig. Dabei hätte Stürmer Lennart Thy schon zwei Minuten später den Ausgleich erzielen können, doch sein Kopfball nach Flanke von Marc Hornschuh ging weit am Tor vorbei. Als Freiburgs Torwart Alexander Schwolow einen Schrägschuss von Waldemar Sobota zur Ecke lenken konnte, nahm das Spiel zunächst den von den Freiburgern gewünschten Verlauf. Nach einem Fehler von Enis Alushi kam Petersen im Strafraum frei zum Schuss, scheiterte aber am stark reagierenden Himmelmann (22.).

St. Paulis Torwart aber war machtlos, als Vincenco Grifo mit einer frechen Freistoß-Ausführung das 2:0 (36.) erzielte. Der Spezialist für die Standards spekulierte darauf, dass die in der St.-Pauli-Mauer stehenden Spieler beim Schuss hochspringen würden und schoss den Ball scharf und flach in die rechte untere Torecke. „Man hätte in dieser Szene keinen Freistoß geben müssen. Körperliches Spiel gehört zum Fußball dazu. Wir haben das sicher nicht übertrieben, aber der Schiedsrichter hat sehr viel gegen uns gepfiffen“, sagte Trainer Lienen später.

FC St. Pauli beweist Moral

„Wir haben die erste Halbzeit ein bisschen verschlafen, haben dann aber eine gute zweite Halbzeit gespielt“, resümierte St. Paulis Sportchef Thomas Meggle. Stark war tatsächlich, dass sich die St.-Pauli-Profis nicht ihrem Schicksal beim voraussichtlichen Bundesliga-Rückkehrer ergaben, sondern diesen gleich dreimal durch einen Anschlusstreffer noch in Bedrängnis brachten. Beim 1:2 (55.) köpfte zunächst Philipp Ziereis den Ball an die Latte, Bernd Nehrig erwischte den Abpraller, ehe schließlich Freiburgs Petersen den Ball über die Linie bugsierte.

Das 2:3 (72.) ensprang einem fulminanten 20-Meter-Schuss von Enis Alushi. „Auf dem Rasen am Millerntor hätte ich den Ball wahrscheinlich mit dem Schienbein getroffen“, sagte er nach dem Spiel. Und das 3:4 (90.) durch Lasse Sobiechs Strafstoß (Foul von Kempf an Hornschuh) kam letztlich zu spät, um noch mehr zu erreichen. Dazwischen lagen allerdings die beiden weiteren Freiburger Treffer durch Maximilian Philipp (60.) und Kempf (85.). „Da waren wir nicht nah genug an ihm dran. Wir müssen ihn besser stören“, sagte St. Paulis Kapitän Sobiech, ehe er sich mit seinem Team gen Basel zum Rückflug nach Hamburg begab. Zu besprechen gab es dabei einiges.