Belek. St. Paulis Trainer sieht im 20-jährigen Offensivtalent viel Potenzial. Er selbst hat keine Angst vor einer erneuten Schulterverletzung.

Vor ein paar Wochen dachten die Trainingsbeobachter, der FC St. Pauli habe kurzfristig einen neuen Spieler verpflichtet. Erst auf den zweiten Blick wurde klar, dass es Jeremy Dudziak war, der quasi über Nacht erblondet war. „Das war vor dem Spiel gegen Düsseldorf. Ein Freund von mir hatte mich dazu überredet. Aber nach dem Trainingslager jetzt kommen die blonden Haare wieder weg“, kündigt der 20 Jahre alte Außenbahnspieler an, der im vergangenen Sommer von Borussia Dortmund zu St. Pauli kam.

Zuletzt war es für die Betrachter des Testspiels zwischen St. Pauli und Legia Danzig in Belek angesichts der spärlichen Beleuchtung noch recht hilfreich, dass Dudziak mit seinem blonden Haarschopf auffiel. So war zweifelsfrei zu erkennen, dass er der Torschütze zum 1:0-Siegtreffer für St. Pauli war.

Mit der Hacke hatte er zuvor den Ball zu Waldemar Sobota weitergeleitet, nach dessen Torschuss verwertete Dudziak den Abpraller zum einzigen Treffer des Spiels. „Es tut immer gut, ein Tor zu schießen, auch wenn es nur in einem Testspiel ist“, sagte Dudziak beim Gespräch mit dem Abendblatt. In den bisher zwölf Zweitligaspielen, die er für St. Pauli absolviert hat, kam er erst auf ein Tor. Dies erzielte er beim 3:3 bei Union Berlin dazu noch – quasi unabsichtlich – nach einem Eckball mit dem Rücken.

Dudziak übt Selbstkritik

„Ich will und muss beim Torabschluss noch entschlossener werden. Es gab in der Hinserie ein paar Chancen, in denen ich wohl nicht die letzte Konsequenz gezeigt habe“, sagt Du­dziak in der Nachbetrachtung selbstkritisch. Diese Einschätzung teilt auch Trainer Ewald Lienen. „Jeremy kann uns helfen, wenn er im Training und im Spiel an seine Grenzen geht. Er ist auf einem guten Weg, dies umzusetzen“, sagt er.

St. Paulis sportliche Leitung hatte Dudziak vor allem aufgrund seiner offensiven Qualitäten verpflichtet, um das Tempospiel auf den Außenbahnen zu verbessern. Dabei hatte Dudziak zuletzt in Dortmunds U-23-Mannschaft vorwiegend als Außenverteidiger gespielt.

„Ich fühle mich aber in der Offensive eigentlich auch wohler. In der Jugend habe ich das auch immer gespielt“, erläutert Dudziak, der zwar in Hamburg geboren wurde, aber im Ruhrgebiet aufwuchs und 2009 ausgerechnet vom FC Schalke 04 zum Revier-Rivalen Dortmund wechselte.

Klopp hatte die Idee zur Umschulung

Die Idee, Jeremy Dudziak zum Außenverteidiger umzuschulen, hatte der langjährige Dortmunder Trainer Jürgen Klopp, der ihn als Ersatz und möglichen Nachfolger von Marcel Schmelzer auf dieser Position aufbauen wollte. Wobei die von Jürgen Klopp propagierte Spielweise vorsieht, dass sich die Außenverteidiger mit schnellen Flankenläufen in die eigenen Angriffe einschalten. Dudziak kam unter Klopp sogar zu drei Einsätzen in der Bundesliga.

Doch Klopps Nachfolger Thomas Tuchel setzte nicht auf Dudziak, sodass St. Pauli die Chance hatte, ihn zu verpflichten – allerdings mit einer Rückkaufoption für den BVB. Beim FC St. Pauli erhält Dudziak die für einen so jungen Spieler nötige Spielpraxis. Vor der Winterpause allerdings stoppte ihn eine Luxation der linken Schulter.

„Es war bereits das dritte Mal. Nach dem zweiten Mal bin ich operiert worden. Jetzt trage ich beim Training und beim Spiel eine feste Bandage. Ich habe keine Angst, dass es noch mal passiert. Es gibt da kein Kopfkino“, sagt Jeremy Dudziak, der leise und mit Bedacht spricht. „Unter meinen Freunden bin ich aktiver“, sagt er. Auf dem Spielfeld ist es der junge Mann mit der Nummer acht sowieso.