Hamburg. Offensivspieler Thy kann die Kritik an der mangelnden Durchschlagskraft bedingt verstehen. Seine Zukunft am Millerntor ist offen.
Es ist manchmal gar nicht so leicht, das Offensichtliche logisch zu erklären. Als Lennart Thy am späten Mittwochvormittag zum Termin mit dem Abendblatt im Medienraum an der Kollaustraße erscheint, ahnte der 23-Jährige bereits, worüber er reden soll. Es genügt in diesen Tagen schließlich ein Blick auf die Tabelle, um das einzige Haar in der Suppe beim FC St. Pauli zu finden. Während die Defensive mit sieben Gegentoren das Prunkstück ist, schwächelt St. Paulis Offensive. Zehn Treffer erzielte der Tabellendritte in ebenso vielen Partien in der Zweiten Liga. Kein Team in der oberen Hälfte des Tableaus schoss weniger Tore. Insgesamt gibt es nur vier Teams, die offensiv noch harmloser sind. Zum Vergleich: Allein Freiburgs Topstürmer Nils Petersen traf bereits neunmal.
„Es ist ja nichts Neues, dass Baustellen gesucht werden, auch wenn man da oben in der Tabelle steht. Das ist normal. Aber es stimmt natürlich, dass unser Offensivspieler verbesserungswürdig ist“, sagte Thy, der bisher einen Treffer beisteuern konnte. Damit führt der ehemalige Bremer unter St. Paulis Stürmern die „Torjäger“-Liste an. Konkurrent John Verhoek, der sich einen Maulkorb verpasst hat, ist noch gänzlich ohne Tor und fiel zuletzt vorwiegend durch vergebene Großchancen auf. Dass angesichts dieser überschaubaren Zahlen automatisch die Stürmer in den Fokus der Kritik rücken, kann Thy nachvollziehen. Schließlich werden die Torjäger am Ende des Tages an ihrer Trefferzahl gemessen.
„Auch wenn das Spiel für uns Stürmer insgesamt umfangreicher geworden ist, stimmt es natürlich. Ich versuche, die Bälle festzumachen, damit wir als Team nachrücken können, und natürlich will ich so oft wie möglich zum Abschluss kommen“, sagte Thy, der an leichten Wadenproblemen laboriert.
Der Kader des FC St. Pauli 2015/16
Thy beschäftigt die Abwehr oft allein
Bei Thy kann man den Willen, gegen diesen Trend anzukämpfen, erkennen. Mit seiner Laufstärke beschäftigt er häufig ganze Abwehrreihen allein. Zuletzt ging das aber häufig zulasten seiner Präsenz dort, wo es darauf ankommt: im Strafraum. In den zehn bisherigen Spielen kam er lediglich auf 14 Torschüsse. „Gerade zuletzt in Braunschweig und Paderborn war es ärgerlich, dass wir dort unser Tor nicht gemacht haben und so trotz der guten Spiele nur mit einem Punkt nach Hause gefahren sind“, sagte Thy, der sich über die stürmer-unfreundliche Spielweise mit dem Fokus auf der Stabilität in der Defensive nicht ärgert. „Es bringt Spaß, Stürmer beim FC St. Pauli zu sein“, sagte Thy und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
In der Länderspielpause will St. Pauli an den Automatismen im Spiel nach vorn arbeiten. Für Thy ist es nur eine Frage der Zeit, wann der berühmt- berüchtigte Knoten platzt. „Häufig fehlt nur der letzte Pass, sodass wir uns am Strafraum komplett freispielen. Wir treffen noch zu oft die falsche Entscheidung“, sagte Thy.
Die Entscheidung über seine eigene Zukunft ist indes noch nicht gefallen. Im Sommer läuft der Vertrag des Stürmers aus. Zuletzt kursierten immer wieder Gerüchte, dass Thy von Clubs aus dem In- und Ausland beobachtet wird. Sogar Schottlands Topverein Celtic Glasgow soll Späher beim Spiel in Paderborn auf der Tribüne gehabt haben, um den kampfstarken Offensivspieler unter die Lupe zu nehmen. Der Umworbene selbst will das nicht zu hoch hängen. „Man nimmt das natürlich wahr, aber ich konzentriere mich auf die Spiele und blende das aus. Ich habe noch ein dreiviertel Jahr Zeit. In der Mannschaft fühle ich mich sehr wohl. Alles andere lasse ich auf mich zukommen“, sagte Thy.