Hamburg. Beim 1:3 gegen den SV Sandhausen wird deutlich, warum der Kiezclub trotz des dritten Platzes noch kein Spitzenteam ist.
Den Abend nach der 1:3-Heimniederlage gegen den SV Sandhausen verbrachten die Fußball-Profis des FC St. Pauli spontan bei einem gemeinsam Essen im Schanzenviertel. Dabei hatten sie Gelegenheit, noch einmal das Zustandekommen der ersten Zweitliga-Heimniederlage seit dem 16. Februar zu analysieren, sich aber auch über die Zwischenbilanz von 18 Punkten aus den ersten zehn Punktspielen der aktuellen Saison zu freuen.
Trotz des unerwarteten Rückschlags am Sonnabend geht das Team des Kiezclubs als Tabellendritter in die Länderspielpause, ehe am 17. Oktober mit dem Auswärtsspiel bei Union Berlin die nächste, sportlich anspruchsvolle Aufgabe wartet. „Die Tabelle ist nur nach einem einzigen Spieltag wichtig, nämlich nach dem letzten“, sagte St. Paulis Trainer Ewald Lienen nach dem Spiel, als er um eine Bewertung der Tabellensituation nach knapp einem Drittel der Saison gebeten wurde.
Hintergrund war, dass der Coach vor ein paar Wochen, nach den ersten erfolgreichen Spielen, gesagt hatte, überhaupt erst nach dem zehnten Spieltag auf das Ranking der Zweiten Liga schauen zu wollen. „Wir haben ja immer noch 18 Punkte. Niemand hat uns trotz der Niederlage einen weggenommen“, sagte Lienen weiter mit einem Schmunzeln. Seine ernsthafte Botschaft war: Die Punktzahl ist das, was zählt. Die Platzierung ist hingegen nur eine kurze Momentaufnahme.
Auf welch wackeligem Fundament die aktuelle Platzierung steht, machte nach dem Ausradeln am Tag danach auch der wiederum als Kapitän fungierende Lasse Sobiech deutlich. „Wenn es schlecht läuft, könnten wir nach dem nächsten Spiel um sechs Plätze nach unten fallen“, sagte er. So eng gehe es in dieser Zweiten Liga auch nach zehn Spieltagen immer noch zu. Derzeit sind die beiden führenden Teams Bochum und Freiburg (je 21 Punkte) ebenso nah wie der Tabellenneunte Kaiserslautern (15 Punkte). Gegen alle drei hat St. Pauli in nächster Zeit noch anzutreten.
FC St. Pauli verliert gegen Sandhausen
Zunächst einmal aber gilt es, die Lehren aus der Niederlage gegen Sandhausen zu ziehen. Dabei sind die beiden frühen Gegentreffer schnell analysiert. Dem 0:1 durch Jakub Kosecki (5. Minute) ging ein katastrophaler Fehlpass im Aufbauspiel von Marc Rzatkowski voraus. Vor dem 0:2 (7.) schafften es gleich drei St. Paulianer nicht, Andrew Wooten an einer Flanke zu hindern, die genau den Kopf des Torschützen Ranislav Jovanovic fand. Der 1,92 Meter große Stürmer hatte im Luftkampf zudem noch leichtes Spiel, weil in dieser Situation der 16 Zentimeter kleinere Jeremy Dudziak sein unmittelbarer Gegner war. Die Innenverteidiger Philipp Ziereis und Lasse Sobiech waren in dieser Szene an anderen Stellen des Strafraums.
„Es waren in dieser Saison die ersten klaren individuellen Fehler von uns. Das kann mal passieren. Vor einem Jahr hatten wir davon viel mehr. Sandhausen hat sie auch gnadenlos genutzt“, stellte Sobiech treffend fest. „Mein Fehlpass tut mir für die Mannschaft unheimlich leid“, sagte Rzatkowski, der aber auch sonst eines seiner schwächeren Saisonspiele zeigte.
„Wir haben 80 Minuten richtig gut gespielt“, lobte Sportchef Thomas Meggle und meinte damit den Zeitraum nach dem frühen Zwei-Tore-Rückstand. Tatsächlich bestimmten die St. Paulianer fortan das Geschehen auf dem Feld, was angesichts des Spielstandes allerdings auch keine Überraschung war. „Wir haben weiterhin geduldig Fußball gespielt, nicht die Nerven verloren und kaum Konter zugelassen“, befand auch Sobiech. Allerdings wurde in dieser Partie auch mehr als deutlich, dass es dem FC St. Pauli insbesondere in der Offensive die geeigneten Spieler fehlen, um einen verständlicherweise tief stehenden und mit vollem Körpereinsatz verteidigenden Gegner entscheidend zu gefährden. Akteure wie Waldemar Sobota, Sebastian Maier, Jeremy Dudziak und Lennart Thy können ihre Qualitäten deutlich besser zum Tragen bringen, wenn sie mit Tempo in freie Räume stoßen können. Beim Kombinationsspiel auf engem Raum fehlt ihnen meist die Präzision und körperliche Robustheit.
Diese bringt naturgemäß der eingewechselte Stürmer John Verhoek zwar mit. Sein bisher letztes Punktspieltor hat er allerdings im Dezember 2014 erzielt. Gegen Sandhausen vergab er die große Chance zum 2:3. Nach mustergültigem Zuspiel von Maier kläglich (80.). Verhoek ist jetzt in den jüngsten 20 Einsätzen ohne Treffer geblieben. Eine Alternative zum Niederländer als Strafraumstürmer, um ihn bei Bedarf einzuwechseln, ist nicht vorhanden. Dieses Manko macht klar, dass der FC St. Pauli trotz des aktuellen Tabellenplatzes noch kein Spitzenteam ist. „Wir können nur erfolgreich sein, wenn wir an unserem Limit spielen“, resümierte Trainer Lienen. Bisher ist dies seinem Team recht häufig gelungen, nur am Sonnabend gegen Sandhausen eben nicht. „Das haut uns aber nicht um“, versprach Marc Rzatkowski.