Frankfurt am Main. Lienen will die Position aus dem Team heraus ersetzen. Drobo-Ampems Wahl der Boll-Rückennummer sorgt derweil für Diskussionen.

Es war ein Spiel, das in die Historie des FC St. Pauli eingehen wird. Dabei war die unnötige 0:1 (0:0) des Kiezclubs am Sonntag beim FSV Frankfurt im Grunde recht unspektakulär. Doch mitten in der Partie wurde bekannt, dass der FC St. Pauli vor der mit Abstand höchsten Transfereinnahme steht. Der seit Wochen umworbene Linksverteidiger Marcel Halstenberg, 23, wird zum Ligakonkurrenten RB Leipzig wechseln. Die Ablösesumme liegt bei rund drei Millionen Euro, nie zuvor wurde für einen Spieler des Kiezclubs eine derart hohe Summe gezahlt.

Am Montag wurde der Transfer dann offiziell bestätigt: "Halste abzugeben, war keine leichte Entscheidung, weil er zu unseren Leistungsträgern zählte. Allerdings müssen wir solche Entscheidungen auch von wirtschaftlichen Faktoren abhängig machen. Es gab mehrere Angebote von verschiedenen Interessenten, die wir abgelehnt haben. Bei diesem Transfer ist unsere Schmerzgrenze aber erreicht worden. Trotz der verschiedenen Anfragen hat Marcel sich in den letzten Wochen und Monaten absolut top verhalten und zu 100 Prozent seine Leistung gebracht. Dafür herzlichen Dank und alles Gute für die Zukunft. Gleiches gilt für die Leipziger, die die Gespräche sehr offen mit uns geführt haben“, erklärte Geschäftsführer Thomas Meggle auf der Club-Homepage.

„Man muss sich ja auch immer überlegen, welchen Sinn es macht, einem so umworbenen Jungen einen Wechsel dauerhaft zu verwehren, und wie motiviert er dann noch ist, wenn er bei einem anderen Verein erheblich mehr verdienen kann“, hatte Trainer Ewald Lienen bereits am Sonntag gesagt.

Einen direkten Ersatz soll es laut Lienen für Halstenberg nicht geben. „Wir haben mit Daniel Buballa einen Spieler, der sich in erster Linie als Linksverteidiger sieht. Und auch Jan-Philipp Kalla kann dies spielen“, sagte der Trainer weiter.

Zuvor hatte Lienen dieselbe Startelf auf den Rasen des Volksbank-Stadions geschickt wie eine Woche zuvor beim 1:0-Sieg in Leipzig. Es fehlte also erneut Verkaufsobjekt Halstenberg. Ansonsten aber hatte die Partie wenig Ähnlichkeit mit dem Match beim Aufstiegsanwärter. Wie St. Pauli war auch der FSV vorwiegend darauf bedacht, die Räume in der eigenen Spielhälfte eng zu machen, um den Gegner nicht zu einem gefährlichen Kombinationsspiel kommen zu lassen. Dies gelang St. Pauli so gut, dass Torwart Robin Himmelmann in der ersten Halbzeit keine einzige nennenswerte Parade zeigen musste.

Auf der Gegenseite zwang immerhin St. Paulis Stürmer Lennart Thy den Frankfurter Keeper André Weis zu zwei Rettungsaktionen (37. Minute und 45.+2), nachdem er von Christopher Buchtmann stark in Szene gesetzt worden war.

Kaum hatte die zweite Halbzeit begonnen, leistete sich Buchtmann einen folgenschweren Fauxpas, als er in der eigenen Spielhälfte den Ball per Kopf genau auf Frankfurts Besar Halimi beförderte. Der Techniker nahm Maß und beförderte den Ball per Bogenlame zum 1:0 (46.) für den FSV ins St.-Pauli-Tor. „Ich wollte den Ball zu Daniel Buballa köpfen, das ist mir nicht gelungen. Aber dieser Fehler wird mich nicht umwerfen“, sagte Buchtmann später. „Er hat den Ball optimal getroffen, da konnte ich überhaupt nichts machen“, erläuterte Torwart Himmelmann.

„Wir hätten in der ersten Halbzeit unsere Chancen zur Führung nutzen müssen, dann wäre es ein anderes Spiel geworden“, analysierte Buchtmann treffend. Gegen die defensiv gut organisierten Frankfurter gelangen so lange kaum vielversprechende Angriffe. Nur Sebastian Maier zwang mit einem Freistoß FSV-Torwart André Weis zu einer Parade. Gleiches galt in der Nachspielzeit für den am Ende nur noch vorn agierenden Lasse Sobiech mit zwei gefährlichen Kopfbällen. „Wir haben heute zu selten den Ball richtig laufen lassen. Wenn wir dies mal geschafft haben wie bei Lenny Thys Chancen, wurde es auch gleich gefährlich“, sagte Sobiech.

Mit der ersten Saisonniederlage verpasste St. Pauli auch den zwischenzeitlichen Sprung auf den ersten Tabellenplatz, den nun weiter der VfL Bochum innehat, der erst an diesem Montag gegen 1860 München spielt.

Drobo-Ampem schnappt sich Bolls Nummer 17

Bereits im Hamburger Kader für das Spiel war der erst am Tag zuvor Sonnabend verpflichtete Davidson Drobo-Ampem. Der 27 Jahre alte Defensiv-Allrounder ist nach drei Jahren zum FC St. Pauli zurückgekehrt, für den er bereits zwischen 2006 und 2012 aktiv war. In den vergangenen Wochen hatte Drobo-Ampem bereits am Training teilgenommen, sich so fit gehalten und für einen Vertrag empfohlen, nachdem sein bis Juni laufender Kontrakt bei Wacker Innsbruck nicht verlängert worden war. Er soll als erfahrener Profi ein Ergänzungsspieler für die Zweitligamannschaft sein, aber auch in der U23 in der Regionalliga regelmäßig zum Einsatz kommen.

Obwohl der Kiezclub nach der Vertragsunterschrift nicht explizit bekannt gab, welche Rückennummer Drobo-Ampem erhält, sprach sich dies angesichts der damit verbundenen Brisanz im Umfeld des FC St. Pauli wie ein Lauffeuer herum. Die ihm jetzt zugeordnete Nummer 17 war das Markenzeichen des vor einem Jahr verabschiedeten Fabian Boll. Diesem war vom damals noch amtierenden Präsidium anlässlich seines Abschiedsspiels am 11. Oktober 2014 zugesagt worden, dass diese Nummer ein paar Jahre lang nicht vergeben werden wird.

Während sich Boll, der als Co-Trainer der U23-Mannschaft weiter beim FC St. Pauli beschäftigt ist, nicht zu diesem Vorgang äußerte, fand sein früherer Mitspieler und Trainer Holger Stanislawski am Sonntag klare Worte zu dieser Entscheidung der Clubführung. „Ich kann das nicht verstehen und finde es traurig, nach so kurzer Zeit Bollers Rückennummer wieder zu vergeben. Er hat viel für St. Pauli getan. Wenn es keine andere Nummer gäbe, die man hätte nehmen können, würde ich das ja verstehen“, sagte Stanislawski, dessen frühere Rückennummer 21 seither auch noch nicht wieder vergeben worden ist, dem Abendblatt. Und weiter: „Wenn es dem Verein damit besser geht, soll er jetzt auch die 21 wieder vergeben. Aber ich finde, Tradition ist etwas Schönes und hat nichts mit einem mangelnden Respekt gegenüber den aktuellen Spielern zu tun.“

Unterdessen erklärte St. Paulis Medienchef Christoph Pieper, es sei Drobo-Ampems Wunsch gewesen, die Rückennummer 17 zu tragen. Das Thema dürfte in den kommenden Tagen noch zu Diskussionen führen.