Hamburg. Im DFB-Pokal-Hit muss der FC St. Pauli auf beide Torschützen von Karlsruhe verzichten. „Wir müssen sehr kompakt verteidigen.“

Schon vor ein paar Wochen hatte Ewald Lienen gewarnt: „Wenn bei uns ein Innenverteidiger ausfällt, dann habe ich keinen mehr auf der Reservebank.“ War dies bis dato nur Theorie, so ist dieser Fall jetzt ausgerechnet vor dem Topspiel des DFB-Pokals gegen Borussia Mönchengladbach an diesem Montag (20.30 Uhr/ARD live und Liveticker abendblatt.de ) eingetreten. Ausgerechnet Lasse Sobiech, zuletzt Kopfballtorschütze zum 1:0 beim 2:1-Auswärtssieg beim Karlsruher SC, muss im Match gegen den Champions-League-Teilnehmer passen. Ein großer Bluterguss in der Wade macht ihm zu schaffen.

An seiner Stelle wird Lienen den 22 Jahre alten Philipp Ziereis aufbieten, der in der Schlussphase der vergangenen Saison sowie in den jüngsten Vorbereitungsspielen bereits überzeugte. In den ersten beiden Punktspielen aber hatten Sobiech und Kapitän Sören Gonther den Vorzug erhalten. Immerhin durfte Ziereis jüngst in Karlsruhe am Ende mithelfen, das 2:1 zu verteidigen. „Philipp war zuletzt ein Härtefall“, sagte Lienen am Sonntag angesichts dessen, dass der 1,89 Meter große Abwehrspieler die Qualität und Reife für einen Stammplatz besitzt.

Doch nicht nur auf Sobiech, sondern auch auf den Siegtorschützen von Karlsruhe muss Lienen an diesem Montagabend verzichten. Marcel Halstenberg hat sich eine Zerrung im Bereich des Hüftbeugers zugezogen. Für ihn rückt Daniel Buballa zurück auf den Posten des Linksverteidigers. „Die Ausfälle sind natürlich bitter. Aber auch dann ist im Fußball immer alles möglich“, sagte Lienen am Sonntag vor dem Pokalhit gegen den Club, für den er insgesamt acht Jahre selbst aktiv war. „Ich habe mir den Kader der Borussia genau angeschaut, aber es ist keiner mehr dabei, mit dem ich noch zusammengespielt habe“, sagte der 61 Jahre alte Lienen schmunzelnd. Dafür entdeckte er dort „eine sehr starke Offensive“ mit Spielern wie Patrick Herrmann, Raffael oder Fabian Johnson.

„Wir müssen sehr kompakt und gemeinsam verteidigen. Und wenn wir selbst nach vorn spielen, müssen wir unsere Angriffe abschließen und dürfen auf keinen Fall in einen Konter laufen“, sagte Lienen am Sonntag. Insgesamt überwiege bei ihm trotz allen Respekts vor dem hohen Favoriten die Vorfreude. „Wenn man sich nicht auf solche Spiele freut, sollte man mit dem Fußball aufhören“, sagte er weiter.

Unterdessen werden beim Match zwischen St. Pauli und Mönchengladbach Erinnerungen wach an das bisher letzte Aufeinandertreffen der Clubs in einem Pflichtspiel. Es ist zugleich ein Lehrstück, wie unterschiedlich sich Proficlubs innerhalb relativ kurzer Zeit, in diesem Fall von nur viereinhalb Jahren, entwickeln können.

Der 12. Februar 2011 war ein unangenehm kalter Sonnabend in Hamburg, doch nach den 90 Minuten des Bundesligaspiels zwischen den Kiezkickern und der Borussia vom Niederrhein war den St.-Pauli-Fans warm ums Herz. Die Braun-Weißen hatten verdient mit 3:1 gewonnen und fieberten dem Nachholspiel vier Tage später beim HSV entgegen, das sie dann bekanntlich auch mit 1:0 gewannen. Nach 22 Spielen hatte St. Pauli 28 Punkte gesammelt, belegte Tabellenplatz elf und hatte den Klassenverbleib dicht vor Augen.

Und Mönchengladbach? Die Borussia hatte gerade 16 Punkte auf ihrem Konto, sieben Zähler Rückstand auf den Relegationsplatz, dazu die schlechteste Tordifferenz. Der erneute Bundesligaabstieg schien zu diesem Zeitpunkt kaum noch vermeidbar.

Doch alles kam ganz anders. Die Niederlage am Millerntor war das letzte Spiel von Michael Frontzeck als Cheftrainer der Borussia. Sein Nachfolger Lucien Favre war eineinhalb Jahre zuvor bei Hertha BSC entlassen worden. Die Zweifel, ob der so zurückhaltend wirkende Schweizer in dieser bedrohlichen Lage die richtige Besetzung als „Feuerwehrmann“ sei, wichen schnell der Erkenntnis, einen Volltreffer gelandet zu haben. Die Gladbacher erreichten mit 20 Punkten aus den verbleibenden zwölf Spielen noch die Relegation, in der sie sich gegen den VfL Bochum durchsetzten. In den vier Jahren danach formte Favre, der weitgehend in Ruhe arbeiten durfte, das Team zurück zu einer Spitzenmannschaft der Bundesliga. Vorläufiger Höhepunkt: Platz drei in der vergangenen Saison und die direkte Qualifikation zur Champions League.

St. Pauli dagegen stieg damals doch noch ab, hat in Ewald Lienen den fünften Trainer nach dem damals amtierenden Holger Stanislawski und sicherte in der vergangenen Saison gerade noch den Klassenverbleib in der Zweiten Liga. Mönchengladbach und St. Pauli trennen heute wieder Welten – sportlich und finanziell.

FC St. Pauli: Himmelmann – Nehrig, Ziereis, Gonther, Buballa – Rzatkowski, Alushi – Sobota, Maier, Kalla – Thy. Borussia Mönchengladbach: Sommer – Jantschke, Stranzl, Dominguez, Wendt – Xhaka, Stindl – Herrmann, Raffael, Johnson – Drmic.Schiedsrichter: Meyer (Burgdorf).