Oberstaufen. Präsident Oke Göttlich propagiert eine gesteigerte Professionalität, kritisiert frühere Entscheidungen und lobt Meggle und Lienen.
Am Freitagvormittag beendete Oke Göttlich, der Präsident des FC St. Pauli, seinen ersten Besuch im Trainingslager des Zweitligateams in Oberstaufen. Am Dienstag wird er noch einmal zurückkehren. Vor seiner Abreise nahm er sich Zeit, um über seine Ziele, vergangene und künftige Entscheidungen sowie die Menschen im Stadtteil St. Pauli zu sprechen. Er sagte über ...
... die Ziele für die neue Saison:
„Wir wollen es schaffen, Stabilität in die Mannschaft und das Umfeld zu bekommen. Das ist die Grundlage dafür, dass wir nicht wieder so eine Saison wie die abgelaufene erleben müssen. Das Ganze hat etwas mit der Atmosphäre im Verein zu tun. Deshalb hatten wir in den letzten Monaten alle hart daran zu arbeiten, ein zusammengeschweißtes Umfeld zu schaffen die Interaktionen und Abstimmungen mit den einzelnen Gremien und Mitarbeitern in allen Bereichen zu verstärken.“
... die interne Kommunikation:
„Es ist für einen Außenstehenden kaum vorstellbar, wie viele Telefonate und interne Abstimmungen nötig sind, um bestimmte Themen richtig vorzubereiten, um sie zum richtigen Zeitpunkt zu platzieren und Hysteriesteuerung zu betreiben. Da bin ich dem Aufsichtsrat und ebenso den Mitarbeitern der Geschäftsstelle, den Gremien und Fans sehr dankbar, wie gut das bisher funktioniert hat – auch wenn es immer noch Menschen gibt, die im Fußball immer lieber über- statt miteinander reden. Denn natürlich haben wir als Neulinge das eine oder andere Fettnäpfchen getroffen. Ich hoffe allerdings, dass der FC St. Pauli erkennt, dass die Bewertung der Arbeit Dritter einer Sache nie dienlich ist, sondern eher das persönliche und offene Gespräch.“
... die Trennung von verdienten und beliebten Spielern wie Sebastian Schachten und Markus Thorandt:
„Es war eine schwierige Entscheidung, Sebastian Schachten keinen neuen Vertrag zu geben. Er war aber einer der wenigen Stammspieler, dessen Vertrag in diesem Sommer ausgelaufen ist. Markus Thorandt, den ich sportlich und menschlich sehr schätze, hatte das Pech, eine Serie von Verletzungen zu haben. In einem sich stetig professionalisierenden Umfeld in Liga eins und zwei bei einem knapper gewordenen Etat können und wollen wir aber kein Verein mehr sein, der Spielern aus falsch verstandener Loyalität falsche Perspektiven aufzeigt, sofern wir diese nicht auch unter Einbeziehung von finanziellen, sportlichen und charakterlichen Gesichtspunkten rechtfertigen können. Das ist sozial, wenn auch wenig populär.“
... den Kampf gegen den Filz:
„Wir müssen insgesamt einen Schlag mehr arbeiten, um unsere Werte und unseren Verein in diesem kommerziellen Umfeld leben zu können. Verfilzungen, Buddytum und Gefälligkeiten gehören nicht dazu, denn diese Eigenschaften sind mit sozialen und solidarischen Werten selten vereinbar. Dafür braucht man Prozesse und Regeln, die im Miteinander der Mitglieder, Gremien und Fans wachsen.“
... eine Professionalisierung:
„Es kommt auf professionelle Details an. Es wird immer schwieriger, ja eher unmöglich sein, mit einer Bierflasche in der Hand aufzusteigen – auch wenn dies einer romantischen Pauliverklärung entsprechen würde. Vielmehr müssen wir an allen kleinen Details im sportlichen Bereich arbeiten, um überhaupt eine Chance zu haben, langfristig wettbewerbsfähig zu sein. Dazu gehört auch, dass wir intern erklären können, warum wir etwas machen, bestimmte Entscheidungen treffen und ungewöhnlicherweise viele Gruppen dazu einbinden. Ich denke, dass dies in der Vergangenheit weniger der Fall war, auch wenn es einigen nie genug sein kann. Wir sind Dienstleister am Verein. Dazu gehört Demut und weniger Selbstherrlichkeit. Man hat in der Vergangenheit immer versucht, Helden zu finden, darum geht es aber nicht. Der FC St. Pauli braucht die Gruppe, die starke Gemeinschaft, nur so haben wir auch früher Erfolge erzielen können.“
... harte Entscheidungen:
„Frühere Entscheidungen waren oft bauchgesteuert. Wir wollen Bauch, Herz und den Kopf in unsere Entscheidungen einbeziehen. Wir müssen auch harte Entscheidungen treffen. Vielleicht sind diese in der Vergangenheit nicht immer getroffen worden, obwohl es nötig gewesen wäre. Wenn wir als Präsidium gemeinsam mit der Geschäftsleitung solche Entscheidungen nicht mehr treffen wollen, bringen wir dem Verein keinen Mehrwert.“
... Thomas Meggle als Sportchef:
„Die Entscheidung, ihn zum Sportchef zu machen, bereut das Präsidium in keiner Weise. Er ist absolut strukturiert und gewissenhaft in seiner Arbeit. Mit Ewald Lienen und dem Team ums Team arbeitet Thomas unaufhörlich daran, den Turnaround voranzubringen, der bitter nötig gewesen ist, wie der Beinahe-GAU gezeigt hat. Mit Ewalds fachlicher, analytischer, aber auch sozialer und menschlicher Qualität ist St. Pauli, was Werte und Qualifikation des sportlichen Teams betrifft, sehr gut aufgestellt.
Der FC St. Pauli im Trainingslager