Hamburg. Der Torhüter ist beim FC St. Pauli jetzt die Nummer zwei und mittlerweile ältester Spieler im Team. Karriere macht er auch in anderer Rolle.

Das Arbeitsamt hat Philipp Heerwagen im Laufe seiner Fußballlaufbahn bereits kennengelernt. Im Sommer 2013 war das, als der VfL Bochum ihn nicht weiter beschäftigte. Dass der Torhüter des FC St. Pauli zuletzt sogar als Flughafenmitarbeiter jobbte, hat aber nichts mit einem neuen Karriereknick zu tun. Heerwagen feierte kürzlich seine Premiere als Schauspieler. Im englischen Kinofilm „Anti-Social“ ist der 32-Jährige in einer dreiminütigen Szene zu sehen. Die Rolle ermöglichte ihm Regisseur und Freund Reg Traviss. Der Film wurde gerade erst nach Japan verkauft.

Auch bei St. Pauli hat Heerwagen seit Kurzem eine neue Rolle inne. Nach zwei Jahren als Nummer drei ist der Torhüter durch den Wechsel von Philipp Tschauner zu Hannover 96 zur Nummer zwei hinter Robin Himmelmann aufgestiegen. Nach den Abgängen von Florian Kringe und Markus Thorandt ist Heerwagen zudem der älteste Spieler im Kader von Trainer Ewald Lienen.

Mit seiner Erfahrung aus 14 Jahren Profifußball wird er nun auch verstärkt als Führungsspieler gefragt sein. Auch wenn Heerwagen diese Rolle bereits als dritter Torhüter einnahm. „Ich hatte schon vorher eine gute Stellung in der Mannschaft, meine Meinung war gefragt, ich konnte aktiv mitgestalten“, sagt Heerwagen, der im ersten Testspiel an diesem Freitag beim Buxtehuder SV (18.30 Uhr) mindestens 45 Minuten zum Einsatz kommen wird.

Für Heerwagen ist die Beförderung zur Nummer zwei der Lohn für seine absolute Identifikation mit dem FC St. Pauli. Neben Jan-Philipp Kalla war er der einzige Spieler, der noch während der Rückrunde einen neuen ligaunabhängigen Vertrag unterschrieben hatte, als St. Pauli als Vorletzter vor ungewisser Zukunft stand. Er verhielt sich immer loyal und engagierte sich auch abseits des Platzes für Vereinsprojekte. Derzeit arbeitet Heerwagen nebenbei für das Organisationsteam der Millerntor Gallery, das Musik- und Kunstfestival, das in der kommenden Woche im Millerntor-Stadion stattfindet.

In der Winterpause nahm Heerwagen an einer Brunnenbohrung für Viva con Agua in Äthiopien teil. Im kommenden Winter will er nach Uganda, auch dort besucht er einen Brunnenbauer. Gerade erst machte Heerwagen Urlaub in Singapur und überzeugte dort den amerikanischen Botschafter vom FC St. Pauli. Heerwagen ist ein Fußballer, der sich viele Gedanken macht und über den Beckenrand des Bundesligageschäfts hinausschaut. Wenn er über seine Karriere spricht, hört man einen reflektierten Mann.

„Ich habe meine innere Ruhe gefunden“, sagt Heerwagen, der in seinen ersten Herrenjahren in Unterhaching und Bochum früh in der sportlichen Verantwortung stand. „Dabei habe ich ein wenig meine jugendliche Gelassenheit verloren“, sagt er. Und doch fühlt er sich heute besser als je zuvor. „Seit ich bei St. Pauli spiele, werde ich jedes Jahr jünger“, sagt Heerwagen, der ab Oktober im Karolinenviertel wohnen wird und dann zu Fuß zu den Heimspielen gehen kann.

Er ist dann auch wieder dichter dran an der Mannschaft, nachdem er zuletzt nur in der U23 spielte. Dort wird künftig Svend Brodersen zum Einsatz kommen. Mit dem 18-Jährigen arbeitet Heerwagen seit einer Woche zusammen. „Das macht mega Spaß. Der Junge hat Talent und kann sich hier in Ruhe entwickeln.“ Heerwagen will ihm dabei noch möglichst lange helfen: „Ich habe hier noch große Ziele.“

Vincent-Louis Stenzel, 18, von Borussia Dortmunds U19 macht bis Montag Probetraining bei St. Pauli.