FC St. Pauli gewinnt 2:1 in Dresden und bricht eine schwarze Serie. Dann werfen Dynamo-Hooligans Steine und Flaschen gegen den Mannschaftsbus. Der Angriff kam aus dem Nichts.

Dresden. Der Angriff kam wie aus dem Nichts. Als der Mannschaftsbus des FC St. Pauli gestern um 16.45 Uhr an einer Fankneipe in Dresden vorbeifuhr, flogen plötzlich Pflastersteine und Flaschen gegen die Scheiben. Mitglieder der berüchtigten Dynamo-Hooligan-Szene reagierten damit offenbar ihren Frust über die 1:2-Niederlage gegen den Kiezclub ab.

„Unsere Spieler waren geschockt, zum Glück ist aber niemand verletzt worden“, sagte Teammanager Christian Bönig, der auch im Bus saß. Die Polizei lotste den Bus in eine Seitenstraße. Eine Weiterfahrt mit dem beschädigten Bus war jedoch nicht mehr möglich. So mussten die Spieler bis 18.30 Uhr warten, um die Rückreise mit einem Bus anzutreten, den Dynamo für St. Pauli organisiert hatte. Für die Dresdner, die sich später beim FC St. Pauli entschuldigten, dürfte der Vorfall dennoch sehr ernste Konsequenzen haben. Der DFB hatte den Club bereits vom Pokalwettbewerb ausgeschlossen.

Es war das unrühmliche Ende eines aus St.-Pauli-Sicht erfolgreichen Nachmittags. Mit dem 2:1-Sieg meldete sich der Kiezclub zurück im Aufstiegskampf, überholte den Rivalen 1. FC Kaiserslautern. Und es war nach drei sieglosen Spielen in Folge ein zweifellos verdienter Erfolg für die reifere Mannschaft. Vor allem zeigten die Spieler einen bemerkenswerten Lerneffekt. Hatten sie nur zwei Wochen zuvor eine 2:0-Führung bei Arminia Bielefeld durch unnötige Ballverluste in letzter Minute verspielt, gelang es ihnen jetzt in der hitzigen Atmosphäre, die knappe Führung zu verteidigen und nur noch ganz wenige brenzlige Situationen zuzulassen.

„Ich habe heute alles gemacht, um die Uhr runterlaufen zu lassen. Zweimal will ich mir es ja nicht ankreiden lassen, nicht clever genug zu sein“, sagte Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann, der nach einem Foul im Mittelfeld erst einmal auf dem Rasen liegen blieb und sich behandeln ließ.

„Wir sind in einer guten Entwicklungsphase. Die Spieler haben aus der Erfahrung von Bielefeld gelernt“, sagte St. Paulis Trainer Roland Vrabec und sprach von einem „glücklichen, aber insgesamt doch verdienten Sieg“. Dabei musste er einen schmerzlichen Ausfall kompensieren. Am Sonnabend hatte Fin Bartels seine Frau in die Klinik begleitet, um bei der Geburt seiner zweiten Tochter dabei zu sein. Das Baby kam erst in der Nacht zur Welt.

Somit setzte Vrabec wie zuletzt im Heimspiel gegen den VfL Bochum auf Christopher Nöthe und Lennart Thy als Stürmer. Hätte Bartels zur Verfügung gestanden, wäre wohl einer von beiden nur Reservist gewesen. Auf der „Zehner“-Position hinter den Spitzen erhielt, wie sich bereits in den abschließenden Trainingseinheiten abgezeichnet hatte, Florian Kringe eine Bewährungschance. Als rechter Verteidiger rückte wieder Sebastian Schachten nach überstandenen muskulären Problemen in die Startelf und verdrängte Bernd Nehrig. Rückkehrer ins Team war zudem nach abgesessener Gelbsperre Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann. Sein Vertreter als „Sechser“, Tom Trybull, rückte wieder auf die linke Halbposition im Mittelfeld.

In der Anfangsphase war beiden Teams anzumerken, dass sie zuletzt Negativerlebnisse erlebt hatten – Dresden mit dem 2:3 trotz Führung und Überzahl beim FSV Frankfurt, St. Pauli mit dem 0:1 gegen den VfL Bochum.

Doch mehr und mehr bekam der FC St. Pauli das Spiel in den Griff und kam zu besser herausgespielten Angriffen. Lennart Thys Flachschuss aus spitzem Winkel (30.) konnte Scholz nur mit seinen Füßen abwehren, bei Kringes ersten Kopfball-Versuch (34.) lenkte Scholz den Ball mit einer Hand über die Latte. Beim zweiten aber war er machtlos. Nach einer Flanke von links von Trybull war Kringe in der Strafraummitte zur Stelle und köpfte den Ball per Aufsetzer zum 1:0 (35.) ins Dresdner Tor. Aber nicht allein mit seinem Treffer rechtfertigte Kringe seinen Einsatz in der Startformation. „Sein Pass- und Positionsspiel waren heute sehr stark. Er hat mit seiner Erfahrung auch für Ruhe in unserem Spiel gesorgt “, lobte Vrabec.

In der Schlussphase der ersten Halbzeit aber zeigte sich noch einmal, dass die Mannschaft nicht immer clever agiert. Bei einer Freistoßentscheidung für Dresden diskutierten einige St. Paulianer. Prompt wurde der Ball schnell ausgeführt, von St. Paulis Innenverteidiger Markus Thorandt prallte er unglücklich zu Marco Hartmann, der aus knapp zehn Metern das 1:1 (44.) erzielte.

In der Kabine des FC St. Pauli schlug jedoch die Ernüchterung schnell in Entschlossenheit um. „Ich bin stolz, wie meine Mannschaft reagiert hat. Sie hat nicht den Kopf hängen lassen. Alle Spieler haben sich gepuscht, um wieder die Führung zu erkämpfen“, berichtete Vrabec später. Die entsprang drei Minuten nach dem Wiederbeginn einem genialen Moment von Außenverteidiger Marcel Halstenberg. Mutig schnappte er sich den Ball bei einem Freistoß aus rund 20 Metern, legte ihn sich zurecht und schoss ihn ins rechte obere Eck des Dresdners Tores. „Ich habe mir gedacht, dass ich es einfach einmal versuche, ins Torwarteck zu schießen“, sagte er über seinen Husarenstreich, hinter dem aber auch regelmäßiges Üben nach dem Training steckt.