Der FC St. Pauli vergibt zu viele Torchancen und kassiert im Spitzenspiel eine 0:3-Niederlage gegen den 1. FC Köln. Gonther flog zudem nach einer Notbremse mit Rot vom Platz.
Hamburg Roland Vrabec war enttäuscht – und dennoch gefasst. „An einem solchen Abend musst du eigentlich die Punkte mitnehmen. Wir hatten doch das richtige Rezept“, sagte der Trainer des FC St. Pauli nach dem Abpfiff eines rassigen Spitzenspiels. Das Rezept mag in der Tat richtig gewesen sein, die Umsetzung scheiterte. Und so landete der Kiezclub nach zwei Siegen in Folge wieder auf dem Boden der Tatsachen. Die 0:3 (0:2)-Niederlage am Freitagabend im mit 29.063 Zuschauern ausverkauften Millerntor-Stadion deckte bei allem Willen und Mut deutlich die Defizite der Hamburger Mannschaft auf. Für Vrabec war es im dritten Spiel die erste Niederlage, die er als neuer „Cheftrainer auf Bewährung“ hinnehmen musste. „Der letzte Kick hat gefehlt“, gab Vrabec ehrlich zu: „Vielleicht war es Pech, vielleicht waren es Unkonzentriertheiten.“
Die Devise, die Vrabec vor dem Spiel ausgegeben hatte, war eindeutig. „Wir wollen mutig nach vorne spielen. Es ist schließlich ein Heimspiel“, hatte der 39-Jährige gesagt. Als wolle er dies auch durch eigenes Zutun untermauern, nahm er in der Startformation im Vergleich zum Auswärtssieg beim VfR Aalen (1:0) eine überraschende Änderung vor. Anstelle von Mittelfeldspieler Florian Kringe beorderte er den offensiver ausgerichteten Lennart Thy in die erste Elf. Und so forsch wie angekündigt starteten die St. Paulianer denn auch ins Spiel. Schon in der ersten Spielminute beschäftigte Marc Rzatkowski die Kölner Abwehr mit einem Freistoß. Kurz darauf zwang Linksverteidiger Marcel Halstenberg den Kölner Torwart Timo Horn zu einer ersten Parade.
Die Kölner Mannschaft wollte aber in Sachen Offensivdrang nicht zurückstehen. In der sechsten Minute versuchte sich Marcel Risse mit einem Schuss aus 20 Metern. Um sicherzugehen, lenkte St. Paulis Torwart Philipp Tschauner zur Ecke, obwohl der Ball wohl knapp ins Aus gegangen wäre. Es war eine fatale Entscheidung. Den von Patrick Helmes getretenen Eckball beförderte der völlig frei stehende Kevin Wimmer aus kurzer Distanz per Kopf zum 0:1 (6.) ins Tor.
St. Paulis Pläne waren damit schon früh gestört. Es dauerte aber nur ein paar Minuten, bevor das Team wieder Mut fasste. Dabei stand innerhalb von fünf Minuten dreimal Bernd Nehrig im Blickpunkt. Zwei Distanzschüsse (15. und 17.) des Mittelfeldspielers konnte Torwart Horn sicher fangen. Und als Nehrig aus kurzer Distanz nach einer schnellen Kombination im Kölner Strafraum über Christopher Nöthe und Fin Bartels zum Abschluss kam, rettete Horn mit einem Reflex. Das aber war auch schon St. Paulis torgefährlichste Aktion in der ersten Halbzeit. Die Rheinländer dagegen bewiesen erheblich mehr Effektivität. Ein genaues Zuspiel von Daniel Halfar in den Lauf verwertete Stürmer Patrick Helmes mit einem Flachschuss durch Tschauners Beine zum 0:2 (28.).
Zur zweiten Halbzeit beendete St. Paulis Trainer Vrabec das Experiment mit Thy als zusätzlichem Offensivspieler und setzte auf den erfahreneren Kringe. Zudem kam Jan-Philipp Kalla für den defensiv unsicheren Linksverteidiger Halstenberg. Und Kalla sollte auch schon sehr schnell in Erscheinung treten. Bartels setzte sich in der 58. Minute auf der linken Seite gegen mehrere Kölner Gegner durch und passte mustergültig auf den halbrechts freistehenden Kalla, der aber den Ball viel zu ungenau auf das Kölner Tor schoss. „Den hätte ich machen müssen“, ärgerte sich Kalla. Und Florian Kringe sagte: „Bei einem 1:2 hätte hier die Hütte gebrannt. Dann wäre noch was drin gewesen.“
Stattdessen sah sich Sören Gonther, der in der ersten Halbzeit schon Gelb gesehen hatte, beim nächsten Kölner Angriff zu einer Grätsche gegen Anthony Ujah gezwungen. Ujah kam zu Fall, Gonther versicherte, den Ball gespielt zu haben, doch Schiedsrichter Markus Schmidt wertete die Aktion als Notbremse und zeigte die Rote Karte.
Derart dezimiert hatten die Kiezkicker nun kaum noch eine reelle Chance, gegen die souverän auftretenden Kölner dem Spiel noch eine Wende zu geben, auch wenn sie bis zum Schluss kämpften und unermüdlich nach vorn spielten. Dann patzte zwölf Minuten vor Schluss noch Torwart Tschauner. Nach einer Ecke ließ er den Ball durch seine Hände rutschen. Yannick Gerhardt nahm das Geschenk an und erzielte das 0:3. Mit einem Freistoß an die Latte setzte der eingewechselte Sebastian Maier (80.) immerhin noch ein Ausrufezeichen. Die Anhänger feierten dennoch. „Die Fans stehen hinter uns, auch wenn wir noch so hoch verlieren“, sagte Sebastian Schachten. Ein schwacher Trost im Regen am Millerntor.