Beim 2:1 in Ingolstadt verletzte sich Fabian Boll schon in der ersten Minute. „Es war beängstigend, wie laut Boller vor Schmerzen geschrien hat“, sagt Sören Gonther. Florian Kringe trifft erneut.

Ingolstadt. Erleichterung, aber kein überschäumender Jubel machte sich breit unter den Spielern des FC St. Pauli, als Schiedsrichter Robert Kempter am Sonntag das Spiel beim FC Ingolstadt 04 abpfiff. Dabei gab es keinen Zweifel daran, dass der 2:1-Sieg der Hamburger beim Zweitliga-Schlusslicht hochverdient war. Aber nach vielen vergebenen Torchancen sorgte Florian Kringe erst in der Schlussphase mit einem im Nachschuss verwandelten Elfmeter für den ersten Auswärtssieg.

„Wir haben es versäumt, in der zweiten Halbzeit unsere Führung auszubauen“, sagte St. Paulis Trainer Michael Frontzeck. „So mussten wir uns an die eigene Nase fassen, als wir den Ausgleich bekommen haben. Insgesamt aber haben wir ein sehr gutes Auswärtsspiel gezeigt und verdient gewonnen.“

Über Nacht, so hatte es Frontzeck angekündigt, wollte er sich noch einmal genau überlegen, wie er das Mittelfeld seiner Mannschaft besetzen würde. Das Ergebnis überraschte. Florian Kringe, der am vergangenen Montag noch als Einwechselspieler den 1:1-Ausgleich gegen Fortuna Düsseldorf erzielt hatte, stand in der Startelf – allerdings in der zentralen offensiven Mittelfeldrolle. Für ihn musste Marc Rzatkowski auf der Reservebank Platz nehmen. Dort fand sich auch Lennart Thy wieder, weil Frontzeck Kevin Schindler als rechtem offensivem Mittelfeldmann den Vorzug gegeben hatte. Dass Jan-Philipp Kalla die Innenverteidigerposition für den rotgesperrten Markus Thorandt übernahm, war dagegen erwartet worden.

Doch nach nur einer Spielminute waren die personellen Überlegungen schon wieder hinfällig. Kapitän Fabian Boll wurde von Almog Cohen von den Beinen geholt und verletzte sich dabei so stark am Knie, dass er ausgewechselt werden musste. Mit Verdacht auf eine schwere Innenbandverletzung reiste Boll mit einer Schiene am Bein mit der Mannschaft zurück nach Hamburg, wo er an diesem Montag untersucht werden wird. Für Boll kam Thy ins Team, Kringe rückte auf Bolls Position im defensiven Mittelfeld.

Team wollte für „Boller“ gewinnen

„Es war schon beängstigend, wie laut Boller vor Schmerzen geschrien hat. Wir wissen ja, dass er einiges vertragen kann. Da habe ich mir schon Gedanken gemacht“, sagte Innenverteidiger Sören Gonther, der selbst nach zwei Kreuzbandrissen erst seit Saisonbeginn wieder voll einsatzfähig ist. „In der Halbzeitpause haben wir uns fest vorgenommen, dieses Spiel für Boller zu gewinnen“, sagte Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann, der in der Schlussphase die fünfte Gelbe Karte sah und nun im Heimspiel am Freitag gegen den SC Paderborn gesperrt ist.

Nach einer kurzen Neuorientierung nach Bolls Ausscheiden fanden die St. Paulianer schnell ins Spiel. Doch ebenso schnell zeigte sich das Manko an diesem Tag: die mangelnde Chancenverwertung. Lennart Thy (10. Minute) schoss freistehend aus zwölf Metern am Tor vorbei. Gleiches tat Fin Bartels (24.), als er von Bernd Nehrig gut angespielt wurde. Und einen gefährlichen Freistoß von Christopher Buchtmann (28.), den im Strafraum alle Feldspieler verpassten, konnte Ingolstadts starker Torwart Ramazan Özcan gerade noch um den Pfosten lenken. Özcan war es auch, der einen Kopfball von Stürmer John Verhoek (29.) im Stile eines Volleyballers beim Baggern entschärfte.

So war es fast kein Zufall, dass St. Paulis Führungstreffer nach einer vergebenen Torchance fiel. Kurz vor der Pause scheiterte Bartels erneut an Özcan, den Befreiungsschlag der Ingolstädter aber beförderte Sören Gonther postwendend zurück Richtung gegnerischen Strafraum. Hier hatte Bartels gelauert, nahm den Ball mit dem rechten Fuß an und lupfte ihn dann mit dem linken über Özcan hinweg zum 1:0 ins Ingolstädter Tor. Es war eine technisch höchst anspruchsvolle Aktion, mit der Bartels die erste Halbzeit beendete.

Doch trotz der Führung und der spielerischen Überlegenheit wurde es angesichts weiterer ungenutzter Möglichkeiten ein Zitterspiel für St. Pauli. Und wieder einmal war es ein Eckball, der zum Gegentor führte. Marvin Matip köpfte den von Pascal Groß geschlagenen Ball zum 1:1 (80.) ins Tor.

Doch der Ärger währte nur kurz. Der eingewechselte Sebastian Maier wurde im Strafraum von Danilo Soares so rüde gerempelt, dass Schiedsrichter Kempter auf Strafstoß entschied. Auch dieser wurde zu einer Zitterpartie. „Ich wollte den Ball zuerst in die Mitte lupfen, habe mich dann aber anders entschieden und schoss ihn flach nach rechts. Am Ende hatte ich natürlich Glück, dass der Torwart den Ball wieder genau vor meine Füße prallen lässt“, sagte der glückliche Siegtorschütze Florian Kringe.

„Diesen Sieg widmen wir Fabian Boll“, sagte Christopher Buchtmann. Nach dem Schlusspfiff versammelten sich die Spieler im Kreis um den auf der Bank sitzenden Boll.