23 Spieler stehen beim Trainingsauftakt des Zweitligisten auf dem Rasen. Trainer Michael Frontzeck erhofft sich durch verstärkte interne Konkurrenz eine Qualitätssteigerung.

Hamburg. Es war 10.08 Uhr am Mittwoch, als die Spieler des FC St. Pauli zur ersten Übungseinheit der neuen Saison die Trainingsplätze an der Kollaustraße betraten. Artig stoppten die 23 Akteure an der Stelle, an der Club-Präsident Stefan Orth und Vize-Präsident Bernd-Georg Spies standen, und begrüßten die beiden jeweils per Handschlag. Auf dem weiteren Weg zum Rasenplatz blieb Torwart Philipp Tschauner mit seinen Stollen an einem leicht herausstehenden Sieldeckel hängen, konnte es aber vermeiden, ins Straucheln zu geraten. „Das wäre ja gleich der erste Brüller der Saison gewesen“, sagte Tschauner, während sich seine Kollegen ein kurzes Lachen über den Stolperer nicht verkneifen konnten.

Rund 120 Trainingskiebitze waren gekommen, um sich einen ersten Eindruck von der neuen Mannschaft des FC St. Pauli zu verschaffen. Neun Spieler der erst am 19. Mai zu Ende gegangenen Saison 2012/2013 haben den Verein verlassen, acht neue Akteure sind jetzt dazu gekommen. Alle waren am Mittwoch auch schon anwesend, sieben mischten beim abschließenden Trainingsspiel munter mit, während der am Dienstag verpflichtete Stürmer John Verhoek nach seinem Außenband- und Kapselriss im rechten Sprunggelenk nur locker ein paar Runden drehte. Wer genau hinschaute, sah sogar noch ein neuntes unbekanntes Gesicht im Pulk der 23 Spieler. Okan Kurt, Offensivtalent der U19-Mannschaft des FC St. Pauli soll die gesamte, gut fünfwöchige Vorbereitungsphase bei den Profis absolvieren.

Cheftrainer Michael Frontzeck zeigte sich denn auch hoch erfreut, dass er eine nahezu vollständige Mannschaft auf dem Rasen beobachten konnte, in der nur Verteidiger Florian Mohr fehlte, weil er nach seinem Bandscheibenvorfall ein individuelles Reha-Programm absolviert. Vor einem Jahr hatten waren nur 15 Spieler zum ersten Saisontraining erschienen, die weiteren wurden erst nach und nach verpflichtet. „Das war die Wurzel allen Übels“, sagte jetzt Trainer Frontzeck. „Wenn man einen personellen Umbruch hat, dann braucht es seine Zeit, bis sich die Mannschaft eingespielt hat.“ Damals startete das Team bekanntlich so schlecht in die Saison, dass Trainer Andre Schubert nach nur sechs Punkten aus den ersten sieben Spielen beurlaubt wurde. Diesmal, da sind sich Vorstand und sportliche Leitung einig, wird alles anders werden, weil die Grundvoraussetzungen viel besser sind.

„Rachid war sehr fleißig“, lobt denn auch Frontzeck den Sportdirektor Rachid Azzouzi für die erfolgreichen und rechtzeitigen Verpflichtungen. „Es wird jetzt eine ganz andere Konkurrenzsituation geben, die zu einer höheren Trainingsqualität und damit auch zu einer Leistungssteigerung führen wird“, sagte der Cheftrainer. Erstmals assistierte ihm der neue Co-Trainer Roland Vrabec, der Nachfolger des jetzt für die U23-Mannschaft verantwortlichen Thomas Meggle ist. „Die Zusammenarbeit lässt sich genauso gut an, wie ich es mir vorgestellt habe“, sagte Frontzeck, der einräumte, den neuen Mann an seiner Seite vorher nur vom Namen her gekannt zu haben.

Beim ersten Trainingsspiel deuteten einige der neuen Spieler schon an, welche Fähigkeiten sie mitbringen. Das erste und auch einzige Tor gelang dem 19 Jahre alten Österreicher Michael Gregoritsch, den St. Pauli von der TSG 1899 Hoffenheim ausgeliehen, aber sich dabei auch eine Kaufoption gesichert hat.

In Sachen Saisonziel wollte sich Frontzeck trotz der guten Grundvoraussetzungen nicht sehr weit aus dem Fenster lehnen. „Wir wollen besser sein als in der vergangenen Saison“, sagte er. Mit Platz neun wäre dies schon erreicht. Die vom Vorstand propagierte Maßgabe, der FC St. Pauli solle sich in den Top 25 im deutschen Profifußball etablieren, sieht Frontzeck eher als Ziel für später. „Mittelfristig ist es legitim, dies zu fordern“, sagt er. Eine personelle Fluktuation wie jetzt solle es in den kommenden Jahren nicht mehr geben sondern nur noch „punktuelle Veränderungen.“

Eine solche könnte es auch jetzt bis zum Ende der Transferperiode Ende August durchaus noch geben. Azzouzi und Frontzeck betonten einmütig, dass man zwar nicht mehr auf der dringenden Suche nach einem weiteren Spieler sei, aber bei einer guten Gelegenheit durchaus auch finanziell in der Lage sei, den Kader noch aufzustocken.

Einer der neuen Spieler, die sich relativ sicher sein können, am ersten Spieltag der Zweitliga-Saison (19./20./21. Juli) zur Startelf zu gehören, ist Bernd Nehrig. Sportdirektor Azzouzi holte den 26-Jährigen von seinem eigenen früheren Arbeitgeber SpVgg. Fürth. Er soll die Baustelle auf der Position des rechten Verteidigers ausfüllen. „Ich habe diese Rolle zuletzt dreieinhalb Jahre gespielt, aber ich kann auch im Mittelfeld rechts oder zentral defensiv agieren“, sagt Nehrig. Den Entschluss, zum FC St. Pauli zu gehen und damit nach Hamburg umzuziehen, habe er zwar selbst getroffen, aber seine Freundin habe sich auch darüber gefreut. „Die Entscheidung ist uns leicht gefallen.“, sagt er.