Der Stürmer bekommt keinen neuen Vertrag beim FC St. Pauli. Im Test gegen Nordsjælland schießt er noch einmal zwei Tore.
Hamburg. Für ein Testspiel war der Jubel etwas zu euphorisch. Als Marius Ebbers mit einem fulminanten Linksschuss die 1:0-Führung für den FC St. Pauli gegen den FC Nordsjælland erzielt hatte, fielen die Mannschaftskollegen Christopher Buchtmann und Lennart Thy dem Stürmer um den Hals, als hätte er gerade ein spielentscheidendes Tor in der Nachspielzeit einer Ligapartie geschossen. Buchtmann und Thy werden zu diesem Zeitpunkt bereits gewusst haben, was nach dem Spiel öffentlich wurde: Marius Ebbers wird den FC St. Pauli nach dieser Saison verlassen. "Wir haben uns die Entscheidung alles andere als leicht gemacht, aber wir planen auf der Position ab Sommer anders", sagte Sportchef Rachid Azzouzi, der im Trainingslager im türkischen Belek das Gespräch mit Ebbers gesucht und ihm die Entscheidung mitgeteilt hatte. Ebbers wirkte am Sonnabend keineswegs enttäuscht, er schien vorbereitet. Er wisse noch nicht, ob und wie es sportlich weitergehe. Klar sei für ihn, dass er sich nicht mit Clubs aus dem Süden des Landes beschäftigen werde. "Allein schon durch den Laden liegt mein Fokus auf Hamburg und Umgebung", sagte der gebürtige Essener, der vergangenes Jahr gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin ein Kleidungsgeschäft im Schanzenviertel eröffnete.
Die Entscheidung kommt nicht überraschend. St. Pauli hat nach dem Bundesligajahr 2010/11 den Umbruch gestartet und in dieser Saison fortgeführt. Die Mannschaft wurde stark verjüngt, von einem durchschnittlichen Alter von 26,71 Jahren zu Beginn der Saison 2010 auf aktuell 24,82 Jahre. Ebbers, der Anfang Januar 35 Jahre alt geworden ist, passt nicht mehr in die Altersstruktur der Mannschaft und hat zudem seinen Leistungszenit überschritten. In dieser Saison kam er zwar auf 15 Einsätze, wurde zumeist aber nur als Joker eingewechselt und erzielte dabei einen Treffer. Seit dem 4. Spieltag wartet er nun auf das nächste Tor, das sein 100. in der Zweiten Liga wäre.
St. Pauli benötigt nun im Sommer mindestens einen neuen Stürmer, wenn nicht gar zwei. Der Verbleib von Top-Torjäger Daniel Ginczek ist weiterhin ungewiss, würde er nach Dortmund zurückkehren müssen - St. Pauli versucht das zu verhindern -, verbliebe nach dem Weggang von Mahir Saglik in der Winterpause mit Lennart Thy nur noch ein nomineller Stürmer im Kader.
Mit Ebbers verlässt ein verdienter Profi den FC St. Pauli, dem langsam die Identifikationsfiguren, die viele Jahre für den Verein aktiv sind, ausgehen. Im sozialen Netzwerk Facebook schwankten die Reaktionen der Fans auf die Nachricht zwischen Danksagungen an den Torjäger, Verständnis für die Vereinsführung, aber auch der Befürchtung, Ebbers könnte durch einen weiteren Leihspieler ersetzt werden. Von dem Modell der Leihgeschäfte möchten die Verantwortlichen des FC St. Pauli langfristig weg. Bereits jetzt wird versucht, die fünf derzeitigen Leihspieler zu halten und längerfristig zu binden.
Anlass, schnell über eine Vertragsverlängerung nachzudenken, gab am Sonnabend insbesondere Akaki Gogia, der dem VfL Wolfsburg gehört. Der dribbelstarke Außenspieler hat die Winterpause und die Vorbereitung genutzt und - wenn er die gezeigte Leistung auch in der Liga bestätigen kann - einen großen Schritt nach vorne gemacht. In dieser Form könnte Gogia nach einigen Anlaufschwierigkeiten noch zu einem wichtigen Eckpfeiler im Spiel des FC St. Pauli werden. Gegen die B-Elf des diesjährigen Champions-League-Teilnehmers Nordsjælland hatte der 20-Jährige allein in den ersten zwanzig Minuten zahlreiche starke Szenen, scheiterte dreimal an Latte und Pfosten und war auch im weiteren Verlauf des Spiels ein Aktivposten. "Der Trainer hat mir gesagt, dass ich effektiver werden muss, den Abschluss suchen und nicht noch ein Haken und noch ein Haken schlagen soll. Das Spiel war ein Schritt dahin", sagt Gogia, der mehrfach Szenenapplaus von den Rängen bekam. "Gogia hat sehr gute individuelle Anlagen", sagt Michael Frontzeck, "manchmal übertreibt er es aber ein wenig und ich würde mir wünschen, dass er häufiger zum Flanken kommt. So wie heute." Insgesamt war der Trainer zufrieden mit dem letzten Auftritt seiner Mannschaft vor dem ersten Pflichtspiel des Jahres am Sonntag gegen Energie Cottbus. "Das wird ein ganz anderes Spiel, aber wir sind gut vorbereitet."
So sah es auch Marius Ebbers, der per Flugkopfball noch einen zweiten Treffer zum 3:1-Erfolg beisteuerte. "Andere Mannschaften haben auch schon gedacht, dass sie gut aus der Winterpause kommen und sind dann abgeschmiert. Das darf uns nicht passieren." Schließlich will niemand seine Karriere mit einem Abstieg beenden.