St. Paulis 53 Jahre alter Sportchef hat zum königsblauen Verein aus dem Revier viele emotionale Anbindungen - unter anderem zum Rasen.
Hamburg. Als Sportchef des FC St. Pauli ist Helmut Schulte den Umgang mit Zahlen gewohnt. Normalerweise beschäftigt er sich unter anderem mit Statistiken von Fußballspielern, eigenen und solchen, die es einmal werden könnten. Vor der Partie St. Paulis beim FC Schalke 04 am Freitagabend (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) nahm er sich einmal gedanklich sein persönliches Datenblatt vor und realisierte, dass St. Pauli in diesen Tagen nicht nur in der Bundesligatabelle, sondern auch bei ihm selbst die Gelsenkirchener hinter sich lässt. Rund zehn Jahre arbeitete Schulte bei den Königsblauen, zunächst als Chefcoach, dann als Nachwuchsleiter. Auf seinem Weg vom Jugendtrainer zu seiner heutigen Tätigkeit hat er nun in drei Etappen noch ein wenig mehr Zeit beim Kiezklub verbracht.
Schulte macht kein Geheimnis daraus, dass ihn dennoch weiter viel mit Schalke verbindet. "Es ist ein ganz besonderes Spiel für mich. Da freue ich mich drauf, seit wir im Mai in Fürth aufgestiegen sind", sagt er. "Zu Schalke gibt es unheimlich viele emotionale Anbindungen." Zu früheren und heutigen Spielern wie Verantwortlichen - und überraschenderweise zum Stadionrasen. Das transportable Grün der Arena fasziniert Schulte so sehr, dass er auf der gestrigen Spieltagspressekonferenz gleich mehrere Minuten über die Besonderheiten philosophierte. "Jetzt befragt ihn bitte nicht auch noch zur Schnittlänge", gab sich St. Paulis Trainer Holger Stanislawski am Ende schon leicht genervt. Auch wenn weitere Umbauten am Millerntor-Stadion geplant sind, wird Schulte in Hamburg auf eine ähnliche Spielfeldkonstruktion verzichten müssen. Ihm fehle dennoch nichts, meint der 53-Jährige. Mit dem Rasen auf dem Trainingsgelände an der Kollaustraße habe er genug zu tun.
Schalke ist dennoch eine andere Welt, da macht sich Schulte keine Illusionen. Als er im Mai 2008 zum dritten Mal bei St. Pauli anheuerte, hätte er nicht daran geglaubt, mit dem Kiezklub irgendwann einmal in der Bundesliga auf die Knappen zu treffen. Morgen kommt es nun zu einer Partie gegen einen wankenden Ligariesen. Über die Krise beim Gegner will sich Schulte, der mit Schalkes Co-Trainer Seppo Eichkorn befreundet ist und mindestens einmal pro Woche mit diesem telefoniere, nicht im Detail äußern. Nur so viel: Es sei kein Zufall, dass Schalke derzeit am Tabellenende stehe, sondern ein Abbild der momentanen Leistungsfähigkeit der Mannschaft.
Zwei Spieler, die für Schalke nicht mehr oder noch nicht genug waren, holte Schulte im Sommer zu St. Pauli: Gerald Asamoah, für das Freitagspiel Gelb-Rot gesperrt, und Carlos Zambrano. Schadenfreude, dass Schalke zwischenzeitlich ausgerechnet auf Zambranos Position in der Innenverteidigung erhebliche Probleme hatte, zeigt Schulte nicht. Im Gegenteil: Er habe zehn Jahre bei ordentlicher Bezahlung für Schalke die besten Jugendfußballer in Deutschland beobachten dürfen. "Davon profitiere ich jetzt. Das sind alles Spieler, die jetzt für uns interessant sind", sagt Schulte. "Es ist nicht schön zu sehen, dass es Schalke im Moment nicht ganz so gut geht. Ich würde ihnen wünschen, dass es besser läuft, natürlich nicht gerade am Freitag." Die drei Punkte, so Schulte, die wolle er dann doch ganz gern mit nach Hamburg nehmen. Eine einfache Rechnung.