Diese Forderung steht in einem offenen Brief an den Innensenator, der allerdings bereits antwortete keinen Handlungsspielraum zu sehen.

Hamburg. Wie Abendblatt.de vor wenigen Tagen berichtete, sorgte die Entscheidung des FC St. Pauli die Auflage von DFB und DFL umzusetzen, indem in Zukunft eine Polizeiwache in die Gegengerade am Millerntor ziehen soll, für Kritik in Fankreisen. Nun richtet sich der Ständige Fanausschuss und die AG Stadionbau des FC St. Pauli in einem offenen Brief an den Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg und nennt Alternativvorschläge. So soll entweder die aktuelle Domwache modernisiert oder deren kompletter Neubau an gleicher Stelle vollzogen werden. Hier gibt es den kompletten Brief zu lesen.

Sehr geehrter Herr Neumann,

mit Ihrem Erscheinen bei der Veranstaltung der Fanszene des FC St. Pauli zur internen Aufarbeitung der Vorfälle beim Schweinske-Cup haben Sie demonstriert, dass Sie bereit sind, auch ungewöhnliche Wege zu gehen, um in einen produktiven Dialog einzusteigen. Ihrem Vorbild folgend beschreiten wir jetzt den umgekehrten Weg und würden Sie gerne in die Lösung einer Herausforderung einbinden, vor der unser Verein, als deren Teil wir uns als Fans und überwiegend auch Mitglieder verstehen, steht.

Auf dem Heiligengeistfeld betreibt die Polizei eine ‚Bedarfsaußenstelle des PK 16’ ("Domwache") zur Erfüllung ihrer Aufgaben bei Spielen des FC St. Pauli und Großveranstaltungen wie dem Hamburger Dom oder Public Screenings von Europa- oder Weltmeisterschaften im Fußball.

Auf Basis einer mündlichen Zusage von Corny Littmann, dem damaligen Präsidenten des FC St. Pauli, aus dem Jahre 2006 wurde grundsätzlich eine Verlagerung dieser Bedarfsaußenstelle in die neu zu bauende Gegengerade geplant. Das Ziel war die Nutzung von Synergien bei der Schaffung eines verbesserten Umfelds für die Polizei bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

Allerdings hat sich die Situation des Vereins und seines Umfelds in den letzten sechs Jahren extrem geändert. Aus einem von Misswirtschaft geprägten Sorgenkind wurde ein stetig wachsender, sportlich wie wirtschaftlich erfolgreicher und gut geführter Verein, der sowohl Identifikationspunkt für viele Menschen als auch Aushängeschild und Wirtschaftsfaktor für die Stadt Hamburg ist. Auch der Wert großer Fußballvereine in Bereichen der Sozialarbeit und der Integration verschiedenster, oftmals problematischer sozialer Gruppen, kann kaum überschätzt werden.

Der Platz, der damals scheinbar leicht für eine gemeinsame Lösung angeboten werden konnte, ist jetzt ein rares Gut für einen stark wachsenden Verein mit gleichzeitig wachsenden Aufgaben auch im Bereich der Fanarbeit. Neben diversen anderen Faktoren und Bedarfen wie z. B. für eine Ausweitung der Geschäftsstelle existieren für uns zwei zentrale Punkte, in denen die alten Pläne mit der heutigen Situation kollidieren:

• In einem Vereinsmuseum sollen die einzigartige Historie des Vereins und seine Verknüpfung mit dem Stadtteil von seinen Anfängen über die auch für Sportvereine wenig ruhmreiche Naziherrschaft bis in die moderne Zeit, in der der FC St. Pauli in vielen Bereichen eine auch fußballkulturelle Vorreiterrolle einnahm, darstellen. Dies soll nicht nur den Verein stärken, sondern wird sich auch zu einem weiteren Anlaufpunkt für Touristen entwickeln. Eine überzeugende Umsetzung ist jedoch aufgrund verschiedener Restriktionen aktuell nur auf der Fläche im Stadion möglich, die derzeit für Einrichtungen der Polizei vorgesehen sind.

• Das für den FC St. Pauli zuständige, von der Stadt und der DFL mitfinanzierte Fanprojekt und dessen Trägerverein – der auch für das Fanprojekt des HSV zuständig ist – hat den zuständigen Stellen der Stadt Hamburg bereits Bedenken hinsichtlich der besonderen räumlichen Nähe und der möglichen Auswirkungen auf ihre gewaltpräventive und fallbezogene Arbeit mitgeteilt. Wir möchten an dieser Stelle nicht tiefer auf diese Problematik eingehen, die die entsprechenden Fachleute beurteilen mögen, aber darum bitten, diese Bedenken der Personen, die "an der Front" stehen, ernst zu nehmen. Die im Umfeld von Fußballvereinen auftretenden Probleme haben gesamtgesellschaftliche Ursachen, und von Vereinen, Fanprojekten, Ehrenamtlichen und Fans wird extrem wertvolle Arbeit geleistet, die medial leider stark vernachlässigt wird.

Was möchten wir nun konkret erreichen? Es liegt ein Alternativvorschlag des Präsidiums des FC St. Pauli vor, der eine Modernisierung der aktuellen Domwache oder deren kompletten Neubau an gleicher Stelle vorsieht. Dies soll einerseits die Bedürfnisse der Polizei hinsichtlich einer moderneren Arbeitsumgebung bei Veranstaltungen erfüllen, andererseits aber wichtigen Platz innerhalb der aktuell im Bau befindlichen Osttribüne des Millerntor-Stadions schaffen. Unserem Verständnis nach würde sich der FC St. Pauli finanziell signifikant an einer solchen Lösung beteiligen.

Leider sind die Verhandlungen des Präsidiums des FC St. Pauli mit den zahlreichen betroffenen Parteien offensichtlich gescheitert. Wir möchten Sie bitten, vermittelnd einzugreifen, um doch noch eine für alle Seiten befriedigende Lösung herbeizuführen, da wir den Eindruck gewonnen haben, dass eine Einigung nur unter politischer Führung erreicht werden kann. Gerne würden wir die Problematik auch persönlich mit Ihnen oder einem Ihrer Vertreter diskutieren und weiter erläutern.

Mit freundlichen Grüßen,

AG Stadionbau

Ständiger Fanausschuss

Mittlerweile antwortete Innensenator Neumann bereits - ebenfalls in einem offenen Brief, auch wenn er diese Art der Kommunikation kritisiert.

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Sportsfreunde,

wie Sie sicher wissen, geht kein Weg daran vorbei, im Zuge des Ausbaus des Millerntorstadions neue Räumlichkeiten auch für die Polizei zu schaffen, die Regularien des DFB und der DFL sind insoweit unmissverständlich.

Eine neue Stadionwache war zudem Voraussetzung für die finanzielle Unterstützung des Stadionausbaus und die Baugenehmigung durch die Stadt.

In den vergangenen Monaten hat es eine ganze Reihe von Gesprächen des FC St. Pauli mit der Polizei und dem Sportamt der Innenbehörde zur Frage gegeben, an welcher Stelle und in welchem Umfang es polizeiliche Räume im Stadionbereich geben soll. Soweit ich weiß, scheitert die Option einer Unterbringung in einer neuen Domwache nicht am guten Willen, sondern an den hier entstehenden erheblichen Mehrkosten in der Grössenordnung von mindestens 600.000 Euro für die sich nach Angaben des Vereins offenbar kein Investor findet.

Die Stadt ihrerseits jedenfalls ist nicht in der Lage, derartige Zusatzkosten aufzubringen.

Insofern sehe ich offen gesagt keine Spielräume oder auch Gesprächspartner für Vermittlungen.

Erlauben Sie mir schließlich die Bemerkung, dass ich wenig Verständnis für die Einschätzung aufzubringen vermag, die – zumal nur zeitweise während der Heimspiele und eventuell während der Domwochen – Nutzung von Räumlichkeiten der Gegengerade durch Polizeibedienstete könnte sich negativ auf die gewaltpräventive Fanarbeit auswirken. Ich denke, auch hier ist es besser, miteinander im Dialog zu sein als sich aus dem Weg zu gehen.

In diesem Sinne bin auch ich natürlich stets für Gespräche mit Ihnen offen; allerdings pflege ich solche nicht über die Öffentlichkeit zu führen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Michael Neumann