Vor einem Jahr kassierte St. Pauli in München die höchste Niederlage. Das soll sich am Sonntag (13.30 Uhr im Live-Ticker) nicht wiederholen.
Hamburg. Der österreichische Biologe Paul Kammerer veröffentlichte 1919 ein Buch mit dem Namen "Das Gesetz der Serie". Das darin beschriebene Prinzip der Serialität besagt, dass sich Dinge anscheinend wiederholen, obwohl sie nicht in direktem Zusammenhang stehen.
Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass Mathias Hain, Fabian Boll und Florian Bruns wutentbrannt oder geduckten Hauptes aus der Allianz-Arena schlichen. Ralph Gunesch und Timo Schultz waren schon vor der Halbzeit ausgewechselt worden - beim Stand von 1:4. Das Spiel gegen 1860 München endete 1:5, es war die höchste Saisonniederlage.
Voraussichtlich bekommen alle der oben genannten Spieler am Sonntag (13.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) die Chance, die schmerzhafte Niederlage aus der vergangenen Spielzeit in der Zweiten Fußball-Bundesliga vergessen zu machen. Die Hoffnung, dass ihr FC St. Pauli dann erhobenen Hauptes den Rasen des Münchner Stadions verlässt, ist berechtigt. Es wird eine ganz andere, qualitativ weiterentwickelte Mannschaft zum kleinen Nord-Süd-Gipfel antreten. Einzig das Gesetz der Serie des Herrn Kammerer lässt Schlimmes befürchten: Acht Mal trat St. Pauli in seiner Vereinsgeschichte zum Auswärtsspiel bei 1860 München an, acht Mal fuhren die Hamburger ohne Punkte wieder nach Hause. Torverhältnis: 7:27. Hinzu kommt, dass der Elf von Trainer Holger Stanislawski die Leichtigkeit der Hinrunde abhanden gekommen ist. Die letzten drei Partien konnten nicht gewonnen werden, und seit 317 Minuten wartet die Torfabrik der Liga darauf, dass die Maschinen wieder laufen.
Garant dafür war bisher vor allem Marius Ebbers, der zwölf Tore in 24 Spielen erzielte. Für den 32-Jährigen ist die Partie bei 1860 eine besondere. In dem wahrscheinlichen Fall, dass der Stürmer eingesetzt wird, verlängert sich sein im Sommer auslaufender Vertrag automatisch um ein weiteres Jahr. "Marius ist ein ganz wichtiger Spieler für uns, sowohl auf als auch neben dem Platz", sagt Mannschaftskollege Florian Bruns. Ebbers ist nicht nur aufgrund seiner Leistung eine Führungspersönlichkeit, er kann mit seiner Erfahrung den jungen Offensivspielern wie Deniz Naki, Max Kruse, Rouwen Hennings oder Richard Sukuta-Pasu in ihrer Entwicklung zur Seite stehen.
"Er kann der Mannschaft immer weiterhelfen, auch über das nächste Jahr hinaus", sagt Bruns, der sich weder über die Bilanz in München noch über die aktuelle Mini-Krise der Mannschaft Gedanken macht. "Die letzten drei Spiele waren zwar erfolglos, aber gegen Frankfurt und Bielefeld waren wir nicht so schlecht, wie viele es gesehen haben, wir hätten durchaus mehr Punkte verdient gehabt", sagt der 30-Jährige. "Wenn wir in München wieder alles in die Waagschale werfen, mutig spielen, dann brauchen wir keine Angst zu haben." Weder vor dem Stadion, das Bruns als wenig beeindruckend beschreibt, wenn es nur zu einem Drittel gefüllt ist, noch vor der Mannschaft oder vor der miserablen Bilanz.
Die Ausfälle der Leistungsträger Matthias Lehmann (Gelbsperre), Carsten Rothenbach und Rouwen Hennings (beide Muskelfaserriss) könne die Mannschaft kompensieren. "In den letzten Wochen haben häufig dieselben elf Spieler begonnen, obwohl die anderen gut trainiert haben. Diejenigen, die jetzt reingeworfen werden, wollen beweisen, dass mit ihnen zu rechnen ist."
St. Pauli fährt also voller Selbstbewusstsein nach München, um das Gesetz der Serie zu brechen. Dabei sollten sie sich ein anderes Gesetz zu Herzen nehmen: Zeige keine Schwäche, zeige nie Angst, nur wer stark genug ist, überlebt. Es ist das Gesetz des Stärkeren.