Der unvergleichliche Berti Vogts hat einmal gesagt: “Hass gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle soll man gemeinsam mit seiner Frau daheim im...

Hamburg. Der unvergleichliche Berti Vogts hat einmal gesagt: "Hass gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle soll man gemeinsam mit seiner Frau daheim im Wohnzimmer ausleben." Beim FC St. Pauli könnte beides demnächst gleichzeitig geschehen. Denn der Kiez-Klub, dessen Innovationen sich bisher eher auf die Kreativität seiner Fans beschränkten, betritt im deutschen Fußball Neuland: wohnen im Stadion!

VIP-Logen, in denen Politiker, Geschäftsleute und C-Prominente bei Bier und Brezeln Steuersparmodelle diskutieren und dabei mit einem Auge auf den grünen Rasen schielen, gibt es in Sportarenen ja schon länger. In der unendlichen Geschichte seines Stadion-Neubauprojekts schreibt der FC St. Pauli jetzt ein neues Kapitel: Auf der Haupttribüne sollen für Geschäftsleute, Unternehmen oder Privatpersonen 18 luxuriöse Räume mit freiem Blick auf das Spielfeld entstehen, die auf Wunsch "Wohnbereiche" mit Kuschelecke, Nasszelle und Küche enthalten und hier stadtteilgemäß "Separees" heißen.

Man könnte sich auf dem Kiez auch noch andere Sonderausstattungen mit rot gedimmter Beleuchtung und Horizontalmöbeln vorstellen. Wobei es schnell auffallen würde, wenn ein "Tooor"-Jubel nicht mit dem Spielverlauf übereinstimmt ...

Was für ein Traum: Fußball live im Wohnzimmer! Nie mehr in der Schlange stehen, nie mehr von Bierbechern durchnässt werden, nie mehr ignorante Beleidigungen ertragen.

Zudem könnte die Stadionwohnung so manchen Familienstreit schlichten. Wenn er unbedingt wieder zum Fußball will und sie "lieber zu Hause bleiben" möchte, muss keiner von beiden vor die Tür. Sogar das alte Sprichwort, nach dem Unglück und Hoffnung in einem Haus wohnen, bekommt für den Stadionmieter einen ganz neuen Sinn - besonders im Zweitligabiotop am Millerntor.

Die Rundum-Versorgung, von der so mancher Fußballfan immer schon geträumt hat, ist damit beinahe schon perfekt. Am Millerntor kann man im Stadion leben, beim HSV darf man sterben und sich in der Nähe der Arena beerdigen lassen. In Stadien finden Konzerte statt, manchmal tritt sogar der Papst auf. In Arenen wird geheiratet, werden Kinder getauft, manchmal auch Häftlinge einquartiert.

Fehlt nur noch, sich als Zuschauer eines langweiligen Spiels bei Bedarf selbst einwechseln zu können. Aber der Letzte, dem das gelang, war 1973 Günter Netzer.