Der Trainer des FC St. Pauli reagiert vor dem entscheidenden Spiel gegen Paderborn auf Vorwürfe. Ob er nächste Saison noch im Amt ist, weiß er nicht.

Hamburg. André Schubert hatte sich gut vorbereitet. Als er vor den zahlreichen Mikrofonen auf dem Podium im Pressekonferenzraum der Haupttribüne Platz nahm, breitete er einen Schmierzettel vor sich aus, der ihn durch seine folgenden Ausführungen geleitete. Der Trainer des FC St. Pauli wirkte ruhig und entspannt und hielt ungefragt einen mehrminütigen Monolog, in dem er zu der am Freitag öffentlich gewordenen Diskussion um seinen Posten Stellung bezog. "Wir haben ordentlich Feuer unterm Dach", sagte er und grinste kurz. Er räumte Fehler ein, gab zu, manchmal etwas zu fordernd und ungeduldig zu sein, und dass es schon sein könne, dass er mit seiner offenen und direkten Art mal jemanden brüskiert habe und dass er daraus lernen und ruhiger werden müsse. Eventuell sei es so zu den beschriebenen "atmosphärischen Störungen" gekommen, die seien aber alle längst ausgeräumt, da es sich um Vorfälle aus seiner Anfangszeit oder der Hinrunde handele. Und wenn er das Gefühl gehabt habe, er müsse sich bei jemandem entschuldigen, dann habe er das auch getan. "So was kommt halt dann auf den Tisch, wenn es sportlich nicht so gut läuft, das bin ich gewohnt."

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Schubert versuchte alle offenen und versteckten Vorwürfe gegen ihn auszuräumen, was ihm vordergründig auch gelang. Das Wichtigste aber fehlte ihm auch am Freitagn: Die klare Unterstützung der Vereinsführung. Weder das Präsidium noch die sportliche Leitung wollten eine öffentliche Stellungnahme zum Thema abgeben. Somit verpassten die Verantwortlichen die Chance, der Diskussion den Riegel vorzuschieben und dem Trainer den Rücken zu stärken. Die mögliche Erklärung: Die Entscheidung über Schuberts Zukunft ist längst gefallen, soll aber angesichts des bevorstehenden Saisonfinales gegen den SC Paderborn am Sonntag (13.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de), in dem die Mannschaft noch immer eine - wenn auch nur kleine - Chance hat, den Relegationsplatz zu erreichen (siehe nebenstehenden Text), noch nicht verkündet werden. So endete Schuberts Statement schließlich in Ungewissheit: "Ich kann nicht sagen, ob das Spiel gegen Paderborn mein letztes ist", sagte er. "Der Verein wird irgendwann etwas dazu sagen. Ich hoffe, dass es nicht so kommt." Nach Abendblatt-Informationen soll es - vorausgesetzt, die Saison ist für St. Pauli dann beendet - bereits in der kommenden Woche Aussprachen und eine Entscheidung über Schuberts Zukunft geben.

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Die Entscheidung wird nicht vom Ausgang des Spiels gegen Paderborn abhängen. Schuberts erstes Jahr auf dem Kiez wird rein sportlich trotz des wahrscheinlich verpassten Aufstiegs als Erfolg eingestuft. Die Probleme liegen woanders. Schubert hat beim FC St. Pauli zwar eine Entwicklung durchgemacht. Er hat sich ein Stück weit dem Verein angepasst und sich selbst zurückgenommen, hat Kompromisse geschlossen und akzeptiert, dass "St. Pauli ein Verein ist, dem Veränderungen nicht immer leichtfallen". Aber es waren und sind immer wieder Misstöne zu vernehmen, Stimmen, die sagen, dass einige Verantwortliche und Teile der Mannschaft nicht mit dem rigorosen Auftreten des Trainers klarkommen. Das Problem: Niemand hat das offen angesprochen. Zudem hat es der Nachfolger von Holger Stanislawski - der inzwischen wieder auf dem Trainermarkt ist und als Nachfolger frei wäre - nicht geschafft, eine ähnliche Euphorie zu entfachen wie sein Vorgänger im Aufstiegsjahr 2010. Und er hat es nicht geschafft, den nach der hervorragenden Hinrunde entstandenen Druck vom Team zu nehmen - was letztlich zu häufigeren Misserfolgen führte. Doch Schubert vertraut seinen Spielern und fühlt sich von der Mannschaft bestärkt. "Wenn man sieht, welchen Spaß wir haben, wie die Jungs in den Spielen kämpfen, so etwas geht nicht, wenn etwas nicht stimmt." Dann könne man kein 0:3 in ein 3:3 verwandeln wie beim FSV Frankfurt.

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Er sei etwas überrascht gewesen von der Berichterstattung, gab der 40-Jährige zu. Und auch, was die Rückendeckung des Präsidiums angeht, zeigte sich Schubert zurückhaltend. "Wenn jemand entscheidet, dass etwas anders werden soll, dann kann ich das nicht ändern und es macht auch keinen Sinn, sich Gedanken darüber zu machen", sagte er. Eine Aussage, die unterstreicht, dass es an Kommunikation im Verein offenbar mangelt.

Am Sonntag ist der Tag des Abschieds. Für einige Spieler, und im Anschluss an das Spiel verabschieden sich Zuschauer und Verein auch von der Gegengeraden. Schubert wird wie nach jedem Spiel ins Publikum winken. Vielleicht zum letzten Mal.