Hamburg. Warum der HSV das Gehalt weiterhin bezahlen muss. Spannend sind vor allem die Fälle Reimers und Reinhardt.
Als Bastian Reinhardt durch ein Zeitungsinterview von seinem Aus beim VfB Lübeck erfuhr, war der frühere Profi des HSV mächtig sauer. „Ich bin schwer enttäuscht und hätte mir ein anderes Vorgehen erwartet. Das fand ich schon sehr unprofessionell und respektlos“, sagte der 48-Jährige, der in der vergangenen Saison als Co-Trainer beim Drittliga-Absteiger tätig war.
Reinhardt, Inhaber der A-Lizenz, hatte sich Hoffnungen auf eine Beförderung zum Chefcoach gemacht, doch der VfB wollte einen Übungsleiter mit der Uefa-Pro-Lizenz und entschied sich letztlich für Guerino Capretti, der auch schon beim FC Ingolstadt und Dynamo Dresden Erfahrungen als Trainer gesammelt hatte.
HSV zahlt sechs Trainer ohne Aufgabe
Für Reinhardt, dessen Lübecker Vertrag nur für die Dritte Liga gültig war, geht es nun wieder zurück zum HSV, der ihn verliehen hatte. Wie es für ihn in Hamburg weitergeht, weiß der frühere Innenverteidiger allerdings noch nicht. Im April 2023 war Reinhardt als U16-Trainer am Campus beurlaubt worden, wenige Monate später ging er nach Lübeck. Stand jetzt wird er ab dem 1. Juli wieder vom HSV bezahlt, ohne eine Aufgabe zu haben.
Es ist ein Schicksal, das Reinhardt mit gleich fünf Trainern aus dem Nachwuchs beim HSV teilt. Mit dem bisherigen U21-Trainer Pit Reimers, Thomas Johrden (U19), Marcus Rabenhorst (U17), Sebastian Schmidt (Sportliche Leiter Grundlagen- und Aufbaubereich) und Michael Schröder, der in den Zehner-Jahren als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums und Scout tätig war, stehen fünf weitere Personen ohne Posten auf der Gehaltsliste des HSV. Sie alle besitzen unbefristete Verträge in Hamburg und beziehen deshalb weiterhin ihr reguläres Gehalt.
Die Entscheidung liegt beim Club, ob sich daran etwas ändern soll. Neben der Option einer Abfindung oder eines Wechsels zu einem anderen Verein könnte der HSV den sechs Trainern auch eine neue Funktion anbieten.
Boldt holte Favé als Reimers-Nachfolger
Spannend ist vor allem die Personalie Reimers. Ex-Sportvorstand Jonas Boldt hatte um den Jahreswechsel entschieden, den 40-Jährigen die Regionalliga-Mannschaft nur noch bis zum Ende der abgelaufenen Saison betreuen zu lassen. Reimers’ Nachfolger bei der U21 wird Loic Favé, der bislang als Co-Trainer unter Steffen Baumgart, dem Chefcoach der Profimannschaft, tätig war.
Favé war bereits im Winter zum HSV dazugestoßen, wo er neben Sven Marr, Benjamin Scherner, Julia Brinkschröder und Frank Weiland als Teil eines fünfköpfigen Führungsgremiums um Nachwuchsdirektor Horst Hrubesch agiert.
Boldt hatte seine Entscheidung gegen Reimers unter anderem damit begründet, dass dieser Begehrlichkeiten bei anderen Clubs geweckt hat. So hatte Reimers Ende November 2023 zur engeren Auswahl beim damaligen Zweitligisten VfL Osnabrück gezählt, doch die Niedersachsen entschieden sich letztlich für den erfahreneren Uwe Koschinat (52).
HSV-Trainer Reimers: Warum er ohne Aufgabe ist
Boldt wusste von dem Flirt mit Osnabrück und wollte einem möglichen Abgang in naher Zukunft deshalb vorgreifen. „Pit hat durch seine sehr gute Arbeit bei uns nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht und das Interesse anderer Profi-Clubs geweckt“, sagte der damalige Sportvorstand. „Er ist ambitioniert und bereit, den nächsten Schritt zu gehen. Diesen trauen wir ihm ohne Zweifel zu und müssen uns zugleich mit Blick auf den HSV und im Sinne der Professionalität für die Zukunft aufstellen.“
Nach dieser Entscheidung schloss die stark verjüngte U21 des HSV die Saison im gesicherten Mittelfeld auf einem in Anbetracht des Kaderumbruchs beachtlichen siebten Platz ab. Vor einem Jahr hatte die Mannschaft die Meisterschaft nur einen Punkt hinter Aufsteiger VfB Lübeck als Zweiter beendet.
In der Branche wird Reimers der Sprung zu einer Profimannschaft zugetraut. Sollte es dazu kommen, müsste der HSV ihn nicht mehr bezahlen.