Hamburg. Im Zweitliga-Aufstiegskampf erobern die Hamburger mit dem 3:0 über Wiesbaden den Relegationsplatz zurück. Versöhnung mit den Fans.

„Heeeeeeey, HSV!“, sangen die Fans auf der Nordtribüne die letzten Minuten und genossen das Gefühl, nach drei Heimniederlagen in Serie am Sonntag gegen Aufsteiger Wehen Wiesbaden (3:0) mal wieder drei Punkte im Volksparkstadion feiern zu dürfen. „Wir waren heute am Ball viel besser als in den vergangenen Wochen“, sagte Ludovit Reis.

In einer einseitigen Partie traten die Hamburger von Beginn an dominant auf, zirkulierten den Ball geschickt durch die eigenen Reihen und suchten in den entscheidenden Momenten zu Torchancen führende Tiefe. Dabei setzte die Mannschaft die Vorgaben des neuen Trainers Steffen Baumgart schon deutlich besser um als zuletzt. „Wir wollten nach den zwei Niederlagen eine Reaktion zeigen“, sagte Laszlo Benes.

Um nach zuletzt zwei Niederlagen in Folge auch nachhaltig die Wende zu schaffen, muss der nun wieder drittplatzierte HSV (44 Punkte) diese Leistung aber auch nach der Länderspielpause am Ostersonntag in Fürth bestätigen. Denn das Saisonziel Platz zwei, den derzeit Holstein Kiel (49 Punkte) belegt, ist noch immer fünf Zähler entfernt.

HSV-Trainer Baumgart mit Sonderrolle für Reis

Um den muskulär verletzten Rechtsverteidiger Ignace Van der Brempt zu ersetzen, ließ sich Baumgart etwas Besonderes einfallen: Bei gegnerischem Ballbesitz verteidigte Reis rechts hinten in der Viererkette. Im eigenen Ballbesitz agierte der HSV mit einer defensiven Dreierkette, bestehend aus Dennis Hadzikadunic, Kapitän Sebastian Schonlau im Zentrum und Miro Muheim – davor bildete Reis eine Doppelsechs mit Jonas Meffert.

Miro Muheim versuchte es mit mehreren Distanzschüssen, einer fans den Weg ins Tor.
Miro Muheim versuchte es mit mehreren Distanzschüssen, einer fans den Weg ins Tor. © WITTERS | ValeriaWitters

Dabei hatte Baumgart vor Kurzem noch gesagt, „zu 99 Prozent“ auf eine Viererkette zu setzen. Doch diesmal ließ das Personal aus seiner Sicht keine bessere Option zu. Die jeweils 20 Jahre alten Youngster Nicolas Oliveira und William Mikelbrencis, beide gelernte Außenverteidiger, blieben nur auf der Bank.

Der HSV begann von Beginn an schwungvoll und mit einer besseren Energie als bei den beiden jüngsten Niederlagen gegen Osnabrück (1:2) und in Düsseldorf (0:2). Nicht mal eine Minute nach dem Anpfiff klatschte Bakery Jattas Abschluss aus kurzer Distanz an den Pfosten (1.). Von diesem Moment an war klar, wer an diesem Sonntagnachmittag den Sieg mehr erzwingen will.

Wiesbaden wollte beim HSV nur zerstören

Die Gäste agierten dagegen wie erwartet destruktiv in einer defensiven Fünferkette. Die Angreifer setzten die Hamburger Aufbauspieler überhaupt nicht unter Druck und Wiesbadens Abwehrspieler bolzten den Ball häufig einfach nur hoch und weit hinten heraus. Typischer Kauczinski-Fußball eben. Spielerisch waren die Hessen äußerst limitiert.

Und trotzdem wäre Wiesbaden beinahe in Führung gegangen. Weil Bakery Jatta einen Fehlpass nach hinten spielte und Schonlau zu zögerlich in den Zweikampf ging und diesen verlor, tauchte Robin Heußer frei vor Raab auf, setzte den Ball aber einige Meter am Tor vorbei (11.).

Es folgte eine Chance nach der anderen für den HSV, bei denen Gäste-Torwart Florian Stritzel im Fokus stand. Erst lenkte er Öztunalis abgefälschte Flanke in höchster Not über die Latte (20.), dann kratzte er Hadzikadunics platzierten Kopfball mit Unterstützung des Querbalkens aus dem Toreck (21.).

HSV hätte Elfmeter bekommen müssen

Kurz darauf hätte es Elfmeter für den HSV geben müssen, als Wiesbadens Verteidiger Marcus Mathisen den zum Kopfball springenden Schonlau mit beiden Händen schubste (22). Doch für Schiedsrichter Bastian Dankert reichte dieser Kontakt nicht aus für einen Pfiff und auch der VAR korrigierte diese Entscheidung nicht – zum Ärger von Baumgart, der vehement einen Strafstoß forderte.

Schließlich folgte der Moment Miro Muheims, dessen beherzter Distanzschuss unhaltbar von Sascha Mockenhaupt zum 1:0 für die Hamburger abgefälscht wurde (33.). Es war bereits das vierte Saisontor des Schweizer Linksverteidigers, der erst am Freitag nach zweiwöchiger Pause wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen war und gerade noch rechtzeitig fit für dieses Spiel geworden ist.

Ein Freistoß Muheims sorgte auch für die nächste gefährliche Möglichkeit in einer einseitigen ersten Halbzeit (39.) mit drei Hamburger Aluminiumtreffern. Denn kurz vor der Pause traf Pherai den Pfosten (40.).

HSV-Sieg mit Benes‘ Freistoßtrick

Der zweite Durchgang begann wie der erste aufhörte: Mit einer Topchance für den HSV, die diesmal aber zum beruhigenden 2:0 führte. Schlitzohr Benes schob einen Freistoß flach unter der hochspringen Mauer ins Eck (51.). Ein offenbar abgesprochener Standardtrick, denn der Slowake rannte beim Jubel zielgerichtet zu Co-Trainer Merlin Polzin.

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„Wir haben es sehr gut umgesetzt, im Zentrum oft die freien Spieler gefunden. Ich finde, dass wir trotzdem in ein, zwei Situationen noch genauer spielen können und früher das dritte Tor machen können“, sagte Benes.

Im Anschluss verwaltete der HSV die Führung geschickt. Nachdem Benes die Vorentscheidung (80.) vergab, bereitete er das dritte Tor durch Ransford Königsdörffer traumhaft vor (85.). „Im ersten Moment dachte ich, dass er den Ball chippen würde und war deshalb erst ein bisschen sauer, dass er ihn flach reingespielt hat. Zum Glück konnte ich ihn dann gut erreichen, es war ein super Pass“, sagte Königsdörffer.

Es war der Schlusspunkt eines überzeugenden Auftritts. Somit gehen die Hamburger mit einem guten Gefühl und als Tabellendritter in die Länderspielpause.