Hamburg. Schauspieler spricht mit Jonas Boldt über HSV-Witze, einen Film über ihren Verein und das Szenario Aufstiegsfete auf dem Rathausbalkon.
Vor drei Jahren saßen HSV-Sportvorstand Jonas Boldt, Tobias Schweinsteiger und Lennart Coerdt zusammen beim feierlichen Frühstück. Schweinsteiger, der damalige Co-Trainer, und Coerdt, der Teammanager, haben am selben Tag Geburtstag. In einer spontanen Idee schauten sie im Netz, welcher „Promi“ auch am 12. März Geburtstag hat. Sie fanden: Bjarne Mädel. Bekannter Schauspieler und bekennender HSV-Fan. Boldt schrieb Mädel über Instagram an, es kam zum Erstkontakt.
Drei Jahre später sitzen die beiden beim Abendessen im Café Paris und lernen sich erstmals persönlich kennen. Anschließend gehen sie Seite an Seite über die Mönckebergstraße zum Passage Kino. Dort lief Montagabend im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Moin Kino“ der Hamburger Filmförderung, Gute Leude Fabrik und ahoy Radio der Film „25 km/h“ mit Mädel in der Hauptrolle.
Boldt ist wenige Stunden nach der Hauptversammlung des HSV als Filmpate geladen. „Wir haben noch einen Platz im Aufsichtsrat frei“, sagt Boldt auf der Bühne zu Mädel. „Ich denke drüber nach“, sagt Mädel. Zuvor gaben die beiden dem Abendblatt ein Doppelinterview.
Hamburger Abendblatt: Herr Mädel, wenn Sie in einem Film über den HSV mitspielen dürften, welche Rolle würden Sie dann gerne übernehmen?
Bjarne Mädel: Tatsächlich habe ich schon mal für eine HSV-Rolle vorgespielt. Das war bei einem Casting in Köln für das „Wunder von Bern“. Es ging darum, Jupp Posipal zu spielen, den ehemaligen HSV-Verteidiger. Dem sehe ich offenbar ein bisschen ähnlich. Bei dem Casting waren fast nur Fußballer. Der Regisseur Sönke Wortmann wollte auch nicht unbedingt ausgebildete Schauspieler, um sie dann zwei Worte sagen zu lassen, wenn die Spieler aus dem Mannschaftsbus aussteigen. Zumindest habe ich aber bei dem Casting Oliver Zapel getroffen, meinen früheren Mitspieler vom TSV Reinbek.
Herr Boldt, in welcher Rolle sehen Sie Bjarne Mädel am liebsten?
Jonas Boldt: Ich bin mit „Stromberg“ aufgewachsen und habe Bjarne als Ernie das erste Mal wahrgenommen. Seitdem verfolge ich ihn als Schauspieler schon sehr lange. Er wird oft mit der Rolle als Ernie verbunden, aber der Film zeigt, dass er noch viel mehr Talente hat.
Sind Sie ein Kinogänger oder eher der Seriengucker?
Jonas Boldt: Ich gucke eigentlich gar keine Serien. Die einzige Serie, die ich von vorne bis hinten durchgeguckt habe, ist „Stromberg“. Normalerweise ist mir bei Serien der Spannungsverlauf über einen so langen Zeitraum zu zäh. Deswegen bevorzuge ich Filme. Ich war auch immer ein großer Kinofreund. Seit ich in Hamburg lebe, war ich leider bis heute noch gar nicht im Kino, was auch mit der Corona-Pandemie zu tun hatte.
Trainer Tim Walter hat vor dem vergangenen Heimspiel gesagt, der Dino liefere großes Kino. Hat der HSV das Potenzial für einen Hollywood-Film?
Bjarne Mädel: Absolut. Vor allem mit dem Happy End in dieser Saison. Auf das freue ich mich jetzt schon. Wir sitzen hier ja unweit vom Rathausmarkt, wo die Feier stattfinden würde. Als der HSV 2015 die Relegation überstanden hatte, sind wir im Stadion herumgesprungen wie kleine Kinder. So wird sich das wahrscheinlich anfühlen, wenn wir aufsteigen.
Jonas Boldt: Wenn wir es schaffen sollten, bist du natürlich herzlich eingeladen, auf den Balkon zu kommen.
Welches Genre hätte der Film?
Bjarne Mädel: Ein Drama. Drama bis zur letzten Sekunde. Das haben wir beim HSV ja leider oft. Es gibt zwar nichts Schöneres, als nach einem 0:3 am Ende 4:3 zu gewinnen, aber vorher muss man leider echt leiden. Im Film gefällt mir solch ein Spannungsbogen aber besser als beim Fußball. Der einzige Fußballfilm, der mich emotional komplett mitgenommen hat, war „Flucht oder Sieg“ von John Huston. Mit Pelé. Im Gefangenenlager.
Jonas Boldt: Der ist richtig gut, stimmt.
Wenn der HSV aufsteigen sollte, gibt es dann einen Aufstiegsfilm?
Jonas Boldt: Ein paar Videos würden wir wahrscheinlich zusammenschneiden. Der HSV ist so gläsern, da hätten wir schon genug Material. Auch aus Hollywood, da waren wir ja vor drei Monaten erst (lacht). In der Tat haben wir die Diskussion sehr häufig. Es gibt immer wieder Anfragen. Ich würde das auch nicht vom Aufstieg abhängig machen. Beim HSV gibt es so viele Geschichte zu erzählen.
Bjarne Mädel: Ich fände es schön, wenn man den Fokus dann nicht auf die Spieler legen würde, sondern eher auf den Würstchenverkäufer oder den Greenkeeper und das Sportliche dann nur im Hintergrund mit erzählt.
Vermissen Sie den HSV auf der großen Bühne Bundesliga?
Bjarne Mädel: Natürlich. Aber mittlerweile ist die Hauptsache, dass wir wieder guten Fußball spielen. Dann ist es mir gar nicht sooo wichtig, in welcher Liga das ist. Mir gefällt auch die Zweite Liga, wenn guter Fußball gespielt wird und eine Spielidee zu erkennen ist. Im Moment macht es mir großen Spaß, HSV-Spiele zu gucken.
Herr Boldt, müssen Sie als Sportvorstand des HSV eine Rolle spielen?
Jonas Boldt: Spielen nicht, aber ich habe eine Rolle, das ist mir bewusst. Wenn du schauspielerst und keine Authentizität ausstrahlst, merken das die Menschen sehr schnell. Ich war auch in der Schule nie gut im Theater.
Welche Rollen haben Sie da gespielt?
Jonas Boldt: Als Klasse haben wir die „Alkestiade“ gespielt. Und einmal war ich der Bauchredner Bux im „Gauklermärchen“ von Michael Ende.
Bjarne Mädel: Mit dem Titel: Jonas Boldt lässt die Puppen tanzen (lacht).
Fußballer und Fußballfunktionäre stehen unter ständigem Druck. Sehen Sie da Parallelen zum Schauspieler, Herr Mädel?
Bjarne Mädel: Das Schauspielhaus hat 1192 Plätze für Zuschauer. Das ist schon eine große Menschenmenge. Aber ich habe für den HSV mal beim Deutschen Eisfußball-Pokal von Stefan Raab mitgespielt in der Lanxess Arena in Köln. Vor 18.000 Zuschauern. Wenn man da rausgeht, kann man sich ungefähr vorstellen, warum es den Spielern nach der Karriere so schwer fällt, den Ausstieg zu schaffen. Wenn du jedes Wochenende auf dieser Bühne stehst, voll von Adrenalin, ist es extrem schwer, danach dann ohne diese Aufmerksamkeit zurechtkommen zu müssen. Könnte aber auch ein schöner Film mit einer spannenden Figur werden. Aber jetzt erstmal Auf-stieg und dann Aus-stieg.
Sie haben viele Rollen in Komödien gespielt. Können Sie über HSV-Witze lachen? Und haben Sie einen?
Bjarne Mädel: Es gab da mal den mit Karstadt und der besseren Sportabteilung...
Jonas Boldt: Der ist doch schon in Vergessenheit geraten.
Bjarne Mädel: Oder die eine Tasche mit Insider-Informationen, die im Park vergessen wurde. Das war für Nicht-HSV-Fans auch recht lustig, glaube ich.
Jonas Boldt: Grundsätzlich ist mein Humor sehr ausgeprägt. Ich kann auch über mich selbst lachen. Aber über den HSV sind die Witze zuletzt eher ausgegangen.
Theater gibt es beim HSV trotzdem immer mal wieder hinter den Kulissen. Ist das nach den jüngsten Entscheidungen im Aufsichtsrat jetzt erst einmal vorbei?
Jonas Boldt: Theater muss ja nicht immer negativ sein. Der HSV wird immer eine große Bühne haben. Ich hoffe, dass wir sie positiv bespielen können. Aktuell gelingt uns das ganz gut mit der Spielweise und Identifikation, die wir geschaffen haben. Drumherum gibt es natürlich immer unterschiedliche Meinungen und Interessen. Ich hoffe, dass die Diskussionen in Zukunft primär auf dem Fußball liegen.
Bjarne Mädel: Und wenn das Ensemble stimmt, werden auch die Filme gut.
Jonas Boldt: Was für ein perfekter Schlusssatz.