Hamburg. Gegen Magdeburg wird die HSV-Viererkette einen Altersschnitt von nur 21 Jahren haben. Was Gästetrainer Christian Titz damit zu tun hat.
Wer die Wortkombination „Tim Walter“ und „Lieblingsschokolade“ bei Google eingibt, erhält als Ergebnis – Achtung, Trommelwirbel – nichts. Zumindest nichts, was über die Naschgewohnheiten des HSV-Trainers Aufschluss geben würde.
Wenn der HSV an diesem Sonntag (13.30 Uhr/Sky und Liveticker auf Abendblatt.de) den 1. FC Magdeburg im Volksparkstadion empfängt, setzt Walter aber ganz auf den Kinder-Riegel. Durch die Ausfälle von Kapitän Sebastian Schonlau (28/Rotsperre) und Routinier Moritz Heyer (27/Außenbandriss) wird die Hamburger Viererkette einen Altersschnitt von gerade einmal 21 Jahren haben.
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Linksverteidiger Miro Muheim ist mit seinen 24 Jahren neben den Innenverteidigern Mario Vuskovic (20), Jonas David (22) und Rechtsverteidiger William Mikelbrencis (18) fast schon ein Oldie. Während Muheim und Vuskovic zum Stammpersonal zählen, werden die Augen der rund 54.000 erwarteten Fans im Volksparkstadion insbesondere auf David und Mikelbrencis gerichtet sein.
Nachdem 700.000-Euro-Sommerneuzugang Mikelbrencis beim 2:0-Sieg gegen Düsseldorf Mitte September wenige Augenblicke vor dem Schlusspfiff eingewechselt wurde, absolvierte er beim DFB-Pokal-Aus bei RB Leipzig (0:4) am Dienstag immerhin 16 Spielminuten. „Es ist schwierig für den Jungen, er ist zum ersten Mal außerhalb Frankreichs, kann die Sprache nicht. Und wir spielen einen komplett anderen Fußball als Metz, wo er in der Fünferkette auf der Außenbahn gespielt hat“, sagte Walter noch vor einer Woche über den französischen U-19-Nationalspieler. „Ich bin mir sicher, in einem Jahr werden wir wieder hier stehen und ganz anders über diesen Jungen reden“, sagte Walter.
Dummerweise fehlen ihm nicht erst in einem Jahr, sondern schon jetzt die Alternativen auf der Rechtsverteidigerposition, sodass kein Weg an Mikelbrencis vorbeiführt.
Mikelbrencis vor HSV-Startelfdebüt
Das weiß auch Walter, der dem 18-Jährigen am Freitag die eindeutige Startelfperspektive auf dessen rechter Schokoladenseite gab. „Sonst wäre er nicht hier“, sagte Walter auf die Frage, ob Mikelbrencis bereit für 90 Minuten sei. „Er ist nominell derjenige auf der Position, also wird er wohl auch die Position von Moritz einnehmen.“
Etwas mehr Spielerfahrung als Mikelbrencis bringt Jonas David mit. Nach acht Einwechslungen steht das Eigengewächs in dieser Saison bei 44 Zweitligaminuten, dazu kommt das gesamte Pokalspiel in Leipzig. Sein letzter Startelfeinsatz in Liga zwei datiert vom 6. November 2021, ein 1:1 beim Karlsruher SC. Danach fehlte er mehrere Wochen mit einem Muskelfaserriss, Vuskovic nahm ihm den Stammplatz in der Innenverteidigung weg.
HSV-Verteidiger David sieht sich durch Position im Nachteil
„Nach der Verletzung war es schwierig, Mario und Bascho haben es gut gemacht. Wir haben eine super Rückrunde gespielt. Da muss man sich für das Team einfach hinten anstellen“, sagte David nach seinem Startelfcomeback in Leipzig. Ein Nachteil sei zudem auf seine Position zurückzuführen, sagte David der HSV-Medienabteilung: „In der Innenverteidigung ist es anders als auf dem Flügel, wo man schneller durchwechselt. Wenn man erst mal spielt, wird man nicht so schnell ausgewechselt.“
Fehlende Abstimmung mit Vuskovic sei kein Problem. „Im Training wechseln wir unsere Partner in der Innenverteidigung ständig durch, sodass wir für solche Fälle vorbereitet sind“, sagte David.
Magdeburg-Trainer Titz schulte David beim HSV zum Innenverteidiger um
Mit Magdeburgs Trainer Christian Titz verbindet den 22-Jährigen eine besondere Beziehung. Titz hatte David zusammen mit Bastian Reinhardt in der U 17 des HSV vom Mittelfeldspieler zum Innenverteidiger umgeschult. „Das war aus der Not heraus, weil wir viele Verletzte hatten. Es lief dann ganz gut“, erzählte David vor zehn Monaten im Abendblatt-Podcast.
Das erste Profitraining, die erste Vertragsunterschrift, das erste Trainingslager, das erste Spiel – all das erlebte David dann unter Titz. „Alle ersten Male bei den Profis habe ich mit ihm zusammen erlebt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar“, sagte er. 2018 gab David beim 0:3 im ersten Zweitligaspiel der HSV-Geschichte mit 18 sein Profidebüt, als ihn Titz beim 0:3 gegen Holstein Kiel als Innenverteidiger einwechselte. Kiels Trainer damals: Tim Walter.
David wurde Magdeburg angeboten – HSV legte Veto ein
Vor dieser Saison suchte Davids Agentur gezielt nach möglichen neuen Arbeitgebern, nachdem er bei ebenjenem Tim Walter ein halbes Jahr lang nur auf der Bank gesessen hatte. Auch beim 1. FC Magdeburg wurde David nach Abendblatt-Informationen angeboten, doch FCM-Trainer Titz hatte seine Kaderplanung in der Defensive bereits abgeschlossen. Zudem machte der HSV deutlich, dass David bleiben muss, weil er als dritter Innenverteidiger fest eingeplant ist.
Auch wenn David nun wieder eine Chance erhält, sind die Chancen groß, dass er im kommenden Sommer eine neue Herausforderung sucht. Es wäre auch die letzte Chance für den HSV, mit dem Eigengewächs Geld zu verdienen. Dass David einen bis 2024 laufenden Vertrag noch einmal verlängert, ist nach Abendblatt-Informationen sehr unwahrscheinlich.
Obwohl Walter gegen Magdeburg neben Schonlau und Heyer definitiv auch auf Bakery Jatta (Außenbandriss) verzichten muss, geht der HSV gegen den Tabellenvorletzten als klarer Favorit ins Spiel. Dennoch: „Dass Jungs wie Moritz, Baka und Bascho nicht eins zu eins zu ersetzen sind, ist auch klar“, sagte Walter, ehe er hinzufügte: „Für Bobby gilt das genauso.“
Rückschlag für HSV-Stürmer Glatzel
Hinter dem Einsatz von Stürmer Robert „Bobby“ Glatzel steht weiterhin ein Fragezeichen. Beim 1:1 gegen Kaiserslautern vor zwei Wochen hatte sich der 28-Jährige einen Hexenschuss zugezogen, der ihn bis heute beschäftigt. Nachdem Glatzel im Pokal nicht mit nach Leipzig gereist war, hatte er am Donnerstag wieder regulär mit der Mannschaft trainiert. Am Freitag folgte der Rückschlag, mit Rehatrainer Sebastian Capel konnte Glatzel nur individuell auf dem Nebenplatz arbeiten.
„Es wird mal besser, dann wieder etwas schlechter. Er versucht sich da durchzuquälen“, sagte Walter. „Wenn er nicht das Gefühl hat, dass er uns zu 100 Prozent helfen kann, dann ergibt es keinen Sinn.“ Walters Hoffnung: eine lokale Betäubung. Die sei zwar „schwer“, aber kein weiteres Risiko. „Das Gute ist, dass nichts passieren kann.“
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Als möglichen Ersatz beorderte der Trainer bereits Nachwuchstalent Tom Sanne vorzeitig von der deutschen U-19-Nationalmannschaft zurück. Der 18-Jährige hatte unter Walter zuletzt beim 2:2-Testspielremis Ende September gegen den FC Nordsjælland getroffen. Durchaus möglich also, dass am Sonntag nicht nur in der Abwehr junge Leute gefragt sein werden.
HSV: Heuer Fernandes – Mikelbrencis, David, Vuskovic, Muheim – Meffert – Reis, Kittel – Königsdörffer, Glatzel, Dompé.
Magdeburg: Boss – Bockhorn, Piccini, Gnaka, Bell Bell – Müller, Elfadli, Kwarteng – Atik, Schuler, Ito.Schiedsrichter: Osmers (Hannover).