Hamburg. Der Bürgermeister würdigt den verstorbenen Ehrenbürger als „Identifikationsfigur“: die Trauerrede im Wortlaut.
Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hat für die Stadt Abschied von Hamburgs Ehrenbürger Uwe Seeler genommen. Die Trauerrede im Wortlaut:
„… wir nehmen heute Abschied von Uwe Seeler, von einer Legende des deutschen Fußballs, einem Ehrenbürger der Freien und Hansestadt Hamburg und einem sehr liebenswerten Menschen.
Uwe Seeler ist in Hamburg geboren. Er ist im Stadtteil Eppendorf aufgewachsen, in einfachen Verhältnissen. Damals war es eine schwere Zeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg lagen weite Teile unserer Stadt in Trümmern. Mit seinem Bruder Dieter und seinen Freunden spielte Uwe Seeler auf der Straße Fußball. Sein Vater Erwin Seeler, selbst ein erfolgreicher Fußballer, erkannte sein Talent und meldete ihn 1946, im Alter von neun Jahren, beim Hamburger Sportverein an. Uwe Seeler trainierte in der Jugendabteilung und machte seine ersten Spiele im damaligen Fußballstadion am Rothenbaum. Das war der Beginn einer einzigartigen sportlichen Karriere, mit der er für immer in die Geschichte des Fußballs eingegangen ist. Für den HSV schoss er hunderte Tore. In den 50er-Jahren in der Oberliga-Nord und der Fußball-Oberliga, in den 60er-Jahren dann in der neu gegründeten Bundesliga, deren erster Torschützenkönig er wurde.
Abschied von Uwe Seeler: Tschentschers bewegende Trauerrede
Aus allen möglichen und unmöglichen Situationen brachte er den Ball ins Netz. 1960 gewann Uwe Seeler mit dem HSV die Deutsche Meisterschaft. 1963 holte er den DFB-Pokal nach Hamburg. Von 1954 bis 1970 spielte er in der deutschen Nationalmannschaft, deren Kapitän er 1961 wurde. Insgesamt absolvierte er als Nationalspieler vier Weltmeisterschaften und zwei Europameisterschaften.
Uwe Seeler war einer der erfolgreichsten Torschützen seiner Zeit, und er war ein großer Teamplayer. Ein Dampfkessel, einer, der Druck macht und die Richtung vorgibt. Der seine Kollegen antreibt und zu Höchstleistungen anspornt. Er war ein Kämpfer, der alles gegeben hat: für den Sieg seiner Mannschaft, für seinen Verein. Als Anerkennung hat ihn der DFB zum Ehrenspielführer der Nationalmannschaft ernannt. Als erster Sportler in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde er mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Meine Damen und Herren, in fast 20 Jahren als Profispieler und den Jahrzehnten danach ist Uwe Seeler seiner Heimatstadt immer treu geblieben. Ein Millionen-Angebot von Inter Mailand lehnte er ab. Er hat sich für Hamburg entschieden und damit für immer den Respekt und die Zuneigung der Hamburgerinnen und Hamburger gewonnen. Uwe Seeler trug die Raute und seine Heimat im Herzen. Als Identifikationsfigur hat er den Sport in unserer Stadt geprägt und Generationen junger Menschen inspiriert.
Uwe Seeler engagierte sich in karitativen Projekten
Er engagierte sich in karitativen Projekten und zahlreichen Ehrenämtern. In einer schwierigen Phase in den 90er-Jahren übernahm er sogar die Präsidentschaft des HSV und stellte dabei unter anderem die Weichen für den Neubau des Volksparkstadions. Anlässlich seines 50. Geburtstages hat der Senat den ,Uwe-Seeler-Preis’ gestiftet, mit dem der Jugendfußball in unserer Stadt gefördert wird. Zu seinem 60. Geburtstag gründete Uwe Seeler eine eigene Stiftung, die Menschen in Notlagen unterstützt.
Sein Leitsatz lautete: ,Wer dem Sport so viel zu verdanken hat und auf der Sonnenseite des Lebens steht, der sollte jenen etwas abgeben, die niemals die Möglichkeit hatten, ein solches Glück zu empfinden und auf der Schattenseite des Lebens stehen.’ Für seine Verdienste um Hamburg und Deutschland hat der Senat Uwe Seeler im Jahr 2003 die Ehrenbürgerwürde verliehen, die höchste Auszeichnung unserer Stadt. Auch hier war er ein Mann der ersten Stunde, der erste Sportler, dem diese Ehre zuteil wurde.
Sehr geehrte Frau Seeler, sehr geehrte Familie Seeler, an diesem Lebenswerk haben Sie großen Anteil. Auf dem Platz hatte Uwe Seeler seine Mannschaft. Zuhause waren Sie das Team, das ihm Rückhalt gab und ihn in vielen Bereichen managte. Liebe Familie Seeler, ich möchte Ihnen ausdrücklich danken, denn es ist sicher nicht immer leicht, einen so bekannten Ehemann und Vater zu haben. Ein Mann, der bis ins hohe Alter in der Öffentlichkeit stand und sich für den Sport, für seine Stadt und seinen HSV engagiert hat. An einem Vorabend zu einem wichtigen HSV-Spiel sagte er mir vor kurzem einmal – zwar im Scherz, aber mit einem Funkeln in den Augen –, er nehme heute Abend nur leichte Kost, es könnte ja sein, dass der Trainer ihn morgen nochmal einsetzt.
"Uwe Seeler ist zu einer Legende des Fußballsports geworden"
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit seiner einzigartigen Karriere ist Uwe Seeler zu einer Legende des Fußballsports geworden – einer der besten deutschen Fußballer aller Zeiten. Sein Andenken geht aber weit darüber hinaus. Mit seiner Bodenständigkeit, mit seiner Nahbarkeit und Ehrlichkeit war er auch menschlich ein großes Vorbild. Sein Name steht für Fairness und Teamgeist. Er verkörpert die besten und wichtigsten Werte, als Sportler und als Mensch.
„Loyal und bescheiden, der Größte aller Zeiten“, so stand es beim Spiel gegen Rostock in der Nordkurve. Uwe Seeler hat miterlebt, wie Hamburg aus den Kriegstrümmern heraus wieder zu einer modernen Großstadt aufgestiegen ist, die in der ganzen Welt hohes Ansehen genießt. Er hat dabei mitgeholfen, mit Tatkraft, Zuversicht und Freude. Seine Charakterstärke kann uns auch in Zukunft Orientierung geben und den Weg weisen, in guten wie in schlechten Zeiten.
Abschied von Seeler: „Uwe war einer von uns – nur besser“
- Franz Beckenbauer: „Servus, mein wunderbarer Freund“
- Uwe Seeler auf Friedhof Ohlsdorf im engsten Kreis beigesetzt
Hamburg verliert mit Uwe Seeler ein Stück von sich selbst, eine außerordentliche hanseatische Persönlichkeit und einen ganz besonderen Ehrenbürger. Wir erinnern uns mit Hochachtung und Dankbarkeit an sein Lebenswerk und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.“