Hamburg. Vor dem HSV-Start haben sich Robin Meißner und Ogechika Heil privat fit gemacht. Ein Besuch bei der Akademie des Aufstiegsaspiranten.

Nach 45 Minuten haben Robin Meißner und Ogechika Heil genug getan. Die beiden Trainer Kusi Kwame und Kevin Weidlich schicken die HSV-Profis vom Platz. Bloß nicht zu viel machen. Keine Verletzung mehr riskieren. Schließlich starten Meißner und Heil an diesem Sonnabend mit dem HSV in die Vorbereitung auf die neue Zweitligasaison. Zunächst stehen die medizinischen Leistungstests an, am Montag um 14 Uhr geht es dann mit Trainer Tim Walter im Volkspark das erste Mal auf den Platz.

Dass Meißner (22) und Heil (21) mit einer Verletzung in die Vorbereitung starten, ist unwahrscheinlich. Schließlich haben die beiden schon seit zwei Wochen privat trainiert, um gleich zum Start ihre Chance wahrzunehmen. Alle zwei Tage arbeiteten die zwei Offensivspieler in der Write The Future Academy mit den Personal Trainern Kwame und Weidlich zusammen, um bei den Profis gleich zum Start in Topform zu sein. „Dafür macht man die Vorbereitung vor der Vorbereitung. Um gleich da zu sein und sich zu zeigen“, sagt Heil im Gespräch mit dem Abendblatt. Der beim HSV ausgebildete Flügelspieler sitzt auf der Bank des Sportplatzes am Furtweg in Eidelstedt neben Meißner. Beide tragen weiße T-Shirts.

HSV: Heil und Meißner zuletzt verliehen

Auf der Bank haben die beiden in den vergangenen zwei Jahren oft gesessen. Zunächst bei den HSV-Profis, zuletzt als Leihspieler bei anderen Clubs. Heil spielte ein Jahr lang bei den Go Ahead Eagles Deventer in den Niederlanden, Meißner war für sechs Monate an Hansa Rostock verliehen. Optimal lief es für beide nicht. Unglücklich waren sie aber nicht mit ihren Entscheidungen. Meißner schoss zwar gleich in seinem ersten Spiel gegen Werder Bremen ein Tor, danach reichte es aber nur zu zwei Startelfeinsätzen. Eine Corona-Erkrankung setzte ihn im März zwei Wochen außer Gefecht. „Von der Spielzeit her war es nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte“, sagt Meißner. „Aber es war eine lehrreiche Zeit, in der ich viel mitgenommen und gelernt habe.“

Ähnlich sieht es Heil, der genau wie Meißner vor einem Jahr im Volkspark seinen ersten Profivertrag bis 2024 unterschrieben hatte. Sein erstes Profitor erzielte er im April in der Eredivisie gegen Willem II Tilburg. 27 Einsätze waren es am Ende. „Man kommt mit einem anderen Selbstbewusstsein zurück. Daran wächst man“, sagt Heil, der nun beim HSV den Neustart plant. „Ich will meine Chance nutzen und meinen Platz in der Mannschaft finden.“

Privattrainer mieten extra eine Halle

Vor einem Jahr startete Heil in Holland gleich mit einem Muskelfaserriss in die Vorbereitung. Ein weiterer Faserriss bremste den Flügelspieler im Herbst. Das soll ihm nicht noch einmal passieren. Auch deswegen suchte er den Kontakt zu Kwame und Weidlich, um sich frühzeitig in Form zu bringen. Vor allem aber auch, um sich fußballerisch zu entwickeln. Was im täglichen Training bei den Profis oft zu kurz kommt, versuchen die Spieler bei Kwame und Weidlich nachzuholen: Gezieltes Einzeltraining mit Übungen, die beim HSV im Volkspark nicht möglich sind. In der Kieler Straße haben die beiden Privattrainer eine Halle gemietet, die modernste Möglichkeiten für Techniktraining bietet. Etwa die sogenannten Skillcourts mit digitalen Animationen, die die Handlungsschnelligkeit und die kognitiven Fähigkeiten schulen. „Wir wollen uns hier verbessern. Es geht viel um den Kopf, um den ersten Kontakt“, sagt Meißner, der mit Kwame und Heil vor zwei Jahren noch in der U 21 zusammengespielt hatte.

Kwame ist mittlerweile 32, spielt beim ETSV Hamburg in der Landesliga und konzentriert sich nun zunehmend auf seine Trainerkarriere. Durch seine Kontakte zum HSV schaffte er es mit seinem Partner Weidlich, viele Spieler aus dem Volkspark von ihrem Privattraining zu überzeugen. Im ersten Corona-Lockdown 2020 fing alles an. Vor einem Jahr trainierten Kwame und Weidlich in der Sommerpause die ehemaligen HSV-Profis Aaron Hunt und Lewis Holtby, als diese auf Vereinssuche waren. Im Herbst meldete sich dann HSV-Stürmer Robert Glatzel, um zusätzliches Individualtraining zu machen. Mit Erfolg. Nach dieser Phase traf Glatzel für den HSV nach Belieben.

Aber auch im Nachwuchs spricht sich die Akademie herum. Mit Toptalent Saido Balde, der als 13-Jähriger bereits in der U 17 des HSV spielt, trainieren Kwame und Weidlich seit mehreren Wochen. „Saido hat ein brutales Talent. Er ist ein großes Projekt für uns. Wir wollen ihn mitentwickeln“, sagt Weidlich (32), der beim FC Teutonia Ottensen in der Regionalliga spielt. Als Trainer müssen sie aber auch darauf achten, dass die Spieler bei ihnen nicht zu viel machen. Daher stimmen sie sich in der Trainingssteuerung auch mit dem HSV ab. „Uns ist wichtig, dass die Jungs den Spaß am Fußball nicht verlieren“, sagt Weidlich.

Der dünne Kader beim HSV eröffnet den Rückkehrern neue Möglichkeiten

Und das Vorhaben funktioniert. In der Sommerpause trainierten mit Aaron Opoku, Stephan Ambrosius und Jonas David drei weitere HSV-Profis in der Akademie. Sie alle wollen in guter Verfassung zum Start der HSV-Vorbereitung im Volkspark erscheinen. Schließlich ist angesichts von bislang nur zwei Neuzugängen die Chance so groß wie lange nicht, bei Chefcoach Tim Walter Eigenwerbung zu betreiben.

Für Meißner und Heil ist das Individualtraining bei Kwame und Weidlich mit dem Start der HSV-Vorbereitung aber erst einmal beendet. Vorerst. Spätestens in der langen Winterpause soll es aber weitergehen. Möglicherweise auch schon früher. „Die Jungs entwickeln sich weiter, und wir entwickeln uns weiter“, sagt Heil. „Es macht Spaß, wenn man eine freundschaftliche Beziehung mit seinen Trainern hat.“

HSV: Auftaktspiel bei Eintracht Braunschweig

Wenn am Montag beim HSV die erste Einheit ansteht, wird Heil in jedem Fall körperlich in guter Form sein. Genau wie Meißner. „Unser Körper ist unser Kapital“, sagt der Stürmer, der nun alles daran setzt, bis zum Auftaktspiel des HSV bei Eintracht Braunschweig in vier Wochen eine ernsthafte Option zu sein. Genau wie Heil. Privatcoach Weidlich traut es den beiden in jedem Fall zu. „Die beiden haben Riesenqualitäten und wollen sich beim HSV wieder auf den Radar bringen. Sie haben etwas vor“, sagt Weidlich. Das gilt genauso für ihn und Kusi Kwame.