Berlin. Nach dem 0:1 im Relegationshinspiel erklärt der Coach, wie der Klassenerhalt noch gelingen kann – und versucht es mit einem Psycho-Kniff.

Welche strategischen Fähigkeiten Felix Magath einzubringen weiß, dokumentierte der Trainer von Hertha BSC noch einmal am Sonntagmorgen. Erst beanspruchte er die Deutungshoheit für das Relegationsrückspiel beim HSV (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky) für sich, ehe er die Vorzeichen einfach umdrehte. „Jetzt ist der HSV derjenige, der was zu verlieren hat. Jetzt ist der Druck beim HSV, bei den Spielern und nicht mehr bei uns“, erklärte der 68-Jährige.

Es ist die letzte Karte, die der Coach ausspielen kann, nachdem seine verbal-taktischen Finessen es nicht vollbracht hatten, seine Mannschaft zum direkten Klassenerhalt zu bringen. Oder zu einem Sieg im Hinspiel gegen den Zweitliga-Dritten aus der Hansestadt. Also versuchte der Hertha-Coach, diesem 0:1 aus dem Hinspiel einen anderen Anstrich zu verpassen.

Die Ausgangslage ist denkbar einfach: Will der Hauptstadtclub auf die Lotterie des Elfmeterschießens verzichten, braucht er einen Sieg mit zwei Toren Unterschied. Allein nach den 90 Minuten vom Donnerstag braucht es aus Sicht der Berliner Fans viel Fantasie, um wirklich daran zu glauben.

Relegationsrückspiel beim HSV: Hertha-Trainer Magath setzt auf Ascacíbar und Boateng

Gut möglich, dass Magath seine Hoffnung auf einen Rückkehrer setzt. Es war jedenfalls nicht zu übersehen, wie deutlich jemand wie Santiago Ascacíbar Hertha im Hinspiel gefehlt hatte. Der 25 Jahre alte Argentinier, der im Hinspiel wegen einer Gelb-Sperre zuschauen musste, hat sich während der Saison als Vorkämpfer im defensiven Mittelfeld hervorgetan, als Antreiber, einer, der die Mitspieler mitzureißen weiß. Genau an diesem Element mangelte es dem Hertha-Spiel im Olympiastadion.

„Mit Santi als Zweikämpfer, als sehr laufstarkem Mittelfeldspieler, der für den Gegner unangenehm ist, werden wir jemanden haben, der den Spielaufbau der Hamburger besser stören kann, als es im Hinspiel der Fall war“, sagte Magath. Niklas Stark habe diese Rolle im Hinspiel wegen der Auswirkungen eines Infekts nicht vollständig ausfüllen können.

Und dann ist da auch noch Kevin-Prince Boateng, auf den Magath in Teil eins der Relegations-Saga 2022 konditioneller Probleme verzichtet hatte. Nun spielt der Offensivmann in den Planungen Magaths wieder eine größere Rolle. „Der Prince ist ein Finalspieler. Der weiß, wie das geht. Den braucht natürlich auch die Mannschaft“, erklärte Magath.

Schließlich sprach Magaths das aus, was gerade gegen die Hamburger nicht zu übersehen gewesen ist: „Wir haben eben leider die Situation, dass wir in der Offensive keinen Spieler haben, der über eine konstante Torgarantie verfügt.“

Dass man in Hamburg die neue Rolle, die Magath seiner großen Liebe zugedacht hat, fast schon dankend annimmt, mag man bei Hertha vielleicht wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Druck, so HSV-Trainer Tim Walter, sei „ein Privileg. Wir arbeiten dafür, um in solchen Situationen bestehen zu können. Gefühlt haben wir seit Wochen Endspiele.“

An der tatsächlichen Ausgangslage ändert dies jedoch nichts: Die Herthaner sind es, die ihr Ticket für die erste Klasse des deutschen Fußballs verlieren können – nicht der HSV. „Im Moment sind wir raus und können nur noch gewinnen“, gab Magath ein weiteres Mal den verbalen Taktikfuchs. Dass nach dem Hinspiel aber noch keine Mannschaft abgestiegen ist, dürfte aber auch ihm nicht entgangen sein.