Hamburg. Dreimal begann für den HSV im Februar der Absturz von den Aufstiegsrängen. Doch diesmal scheinen die Voraussetzungen andere zu sein.

Nein, in Panik verfallen wollte Hannes Wolf nicht. Seine Mannschaft hatte gerade unnötigerweise beim SSV Jahn Regensburg mit 1:2 verloren, das sei sehr ärgerlich. Aber auch wenn nach Abschluss dieses 23. Spieltages der Verlust der Tabellenführung folgen sollte: Noch stand sein HSV ja auf einem direkten Aufstiegsplatz.

„Eine Grundunruhe ist immer da. Es geht jetzt darum, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen“, sagte der Trainer. Und Clubchef Bernd Hoffmann mahnte: „Wir dürfen jetzt nicht in alte HSV-Reflexe verfallen und nach irgendwelchen Schuldigen suchen.“

Es kam dann in jenem Frühjahr 2019 genau so, wie es nicht kommen durfte: Der HSV verpasste die sofortige Bundesliga-Rückkehr, und als Schuldiger wurde Hannes Wolf ausgemacht. Der Trainer, erst im Herbst 2018 nach einer krachenden 0:5-Heimniederlage gegen besagte Regensburger verpflichtet, musste gehen.

HSV und die verflixte 23

Der Saisonverlauf sollte zur Blaupause werden: Auch in den beiden folgenden Spielzeiten verspielte der HSV im letzten Drittel noch den Aufstieg, was den jeweiligen Trainer den Job kostete. Und immer war es der verflixte 23. Spieltag, der zum Wendepunkt wurde.

2020 verlor der HSV als Tabellenzweiter das Stadtderby gegen den FC St. Pauli (0:2) und fiel auf den Relegationsplatz zurück. Ein Jahr später gab es erneut am 23. Spieltag eine Niederlage gegen den Lokalrivalen (0:1), was sogar den Absturz vom ersten auf den vierten Rang bedeutete. Der Sinkflug hatte da freilich bereits eine Woche zuvor mit einer blamablen 2:3-Niederlage beim Tabellenletzten Würzburg begonnen.

An diesem Sonnabend steht für den HSV der nächste 23. Spieltag an: Um 13.30 Uhr (Sky/Liveticker bei Abendblatt.de) treten die Hamburger beim Tabellen-15. SV Sandhausen an. Droht die nächste Februar-Depression?

Diesmal scheint wenig darauf hinzudeuten. Im Gegenteil.

  • Der Trend spricht klar für die Hamburger. In der Rückrunde sind sie noch unbesiegt, inklusive Pokal gab es vier Siege nacheinander.
  • Der HSV hat zwar mit 40 Punkten weniger gesammelt als in den bisherigen Zweitligaspielzeiten nach 22 Spieltagen (2018/19: 44; 2019/20: 41; 2020/21: 42), aber die Aufstiegskonkurrenten scheinen diesmal insgesamt weniger stark zu sein.
  • Wichtige Spieler wie Josha Vagnoman und Stephan Ambrosius nähern sich nach langer Verletzungspause ihrem Comeback. In der nächsten Länderspielpause Ende März könnte es so weit sein. Verteidigerkollege Jan Gyamerah trainiert bereits wieder mit der Mannschaft.
  • Nachdem der HSV im vergangenen Winter auf Transfers verzichtet hatte, kam diesmal Giorgi Chakvetadze – und versetzte die Fans auf Anhieb in Verzückung. Die Verpflichtung des Georgiers könnte sich noch auszahlen.
  • Etablierte Spieler wie Bakery Jatta, Daniel Heuer Fernandes und Sonny Kittel haben unter Trainer Tim Walter ihre Leistung steigern können. Abfallende Formkurven einzelner Spieler sind diesmal dagegen kaum zu beobachten.
  • Nach drei verpassten Anläufen und einer mäßigen Hinrunde kann der HSV fast nur noch positiv überraschen. In der Clubführung wird das A-Wort tunlichst vermieden. Hingegen dürften die Barometer in Bremen und auf Schalke einen vergleichbaren Druck messen wie 2019 rund um den Volkspark.

Kein Grund also, als HSV-Fan beim Gedanken an die 23 weiche Knie zu bekommen. Zumal die Zahl bei den Hamburgern sogar Kultstatus hat: Clublegende Rafael van der Vaart lief einst mit der 23 auf.

In dieser Saison hat Jonas Meffert die legendäre Rückennummer geerbt und ihr mit guten Leistungen zu alten Ehren verholfen. Mehr Geschichte braucht sich rund um die Zahl ja nicht zu wiederholen.