Hamburg. Im Nordduell gelingt den Hamburgern der dritte Heimsieg nacheinander. Doppeltorschütze Glatzel lässt die Pfiffe verstummen.
Tabellendritter: So schlecht stand der HSV nach der Hinrunde in der 2. Bundesliga noch nie da – aber in dieser Saison seit dem ersten Spieltag nicht mehr so gut. Und der Trend scheint diesmal zu stimmen: Gegen Hansa Rostock gelang den Hamburgern am Sonntag der dritte Heimsieg nacheinander.
Robert Glatzel (2) und Ludovit Reis sorgten mit ihren Toren für einen 3:0-Erfolg, der die Kritiker rund um den Volkspark vorerst verstummen lassen dürfte. Mit nun 29 Punkten trennen den HSV nur noch drei Punkte vom zweiten Aufstiegsplatz.
"Der Tabellenplatz ist im Moment egal. Wichtig ist, dass wir in den letzten Wochen einen Schritt nach vorn gemacht und eine Reaktion auf die Niederlage in Hannover gezeigt haben", sagte Matchwinner Glatzel bei Sky: "Man sieht, dass es in die richtige Richtung geht."
Ähnlich sah es auch sein Trainer: "Wir spielen gut nach vorn und verteidigen extrem gut. Auch die Einwechselspieler haben einen überragenden Job gemacht. Es war ein gutes Spiel gegen einen leidenschaftlich kämpfenden Gegner. Wir haben gezeigt, dass wir auch giftig und gallig sein können", sagte Tim Walter.
HSV gegen Hansa Rostock – altes Nordduell in neuer Liga
HSV-Jugendspieler Paschke gegen Rostock erstmals im Kader
Nach mehr als 13 Jahren trafen sich der HSV und Hansa wieder in einem Pflichtspiel – und erstmals überhaupt in der 2. Bundesliga. An sportlicher Brisanz fehlte es aber auch diesmal nicht: Die Hamburger würden mit einem Sieg im besten Fall auf den Aufstiegsrelegationsplatz vorrücken – die Rostocker sich weiter von der Abstiegszone absetzen.
Walter vertraute trotz des Wirbels um Bakery Jatta und Faride Alidou auf seine bewährte Flügelzange. Die Startelf war sogar die gleiche wie bei der unglücklichen 0:1-Niederlage in Hannover vor einer Woche. "Aber wir haben dort ja nicht versagt", sagte Sportvorstand Jonas Boldt im Sky-Interview, "deshalb bekommen heute alle noch einmal ihre Chance." Das gelte umso mehr für Jatta: Der Gambier sei in Hannover einer der Besten gewesen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt anders als der Verein bereits gewusst habe, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn erheben würde.
Sein Debüt im Profikader feierte der erst 18-jährige Felix Paschke aus der A-Jugend-Mannschaft. Auch sein U-19-Teamkollege Bent Andresen nahm auf der Bank Platz.
Dort war viel Platz frei geworden: Allein sieben Defensivspieler standen Walter nicht zur Verfügung. Bei den Rostockern fielen kurzfristig die Verteidiger Nico Neidhart und Damian Roßbach aus. Auf das Spiel wirkten sich die Personallücken möglicherweise positiv aus – denn an Torszenen fehlte es nicht.
Glatzel legt vor, Reis nach
Für die erste sorgte ein Hamburger Verteidiger: Mario Vuskovic schoss bei einem missglückten Klärungsversucht den Ball mittig aufs eigene Tor – wo aber Keeper Marko Johansson stand und Schlimmeres verhinderte. Im Gegenzug fiel das 1:0. Und wie schön das war: Sonny Kittel hatte im Mittelfeld Platz und schickte Alidou mit einem Traumpass in die Tiefe. Der Youngster wiederum bediente Robert Glatzel, der sein siebtes Saisontor praktisch nicht mehr verfehlen konnte (8. Minute).
Es war ein Wirkungstreffer: Die Gäste taumelten, und der HSV versuchte nachzulegen. Eine erste große Chance dazu ließ Glatzel ungenutzt (17.). Doch kurz darauf war es schon passiert: Jan Gyamerah, der erneut den Platz des verletzten Tim Leibold auf der linken Abwehrseite einnahm, kombinierte sich mit Kittel in den Rostocker Strafraum und legte den Ball dann klug zurück auf Ludovit Reis, der nur noch einschieben musste (18.).
"Die beiden frühen Tore waren der Schlüssel zum Sieg und haben uns das Spiel erleichtert", sagte Gyamerah später. So effizient hatte man den HSV in dieser Saison nur selten gesehen. Die Rostocker bemühten sich um eine Reaktion, doch gefährlicher als beim missglückten Schuss von Haris Duljevic wurde es bis zur Pause nicht mehr.
Glatzel lässt Pfiffe verstummen
Danach allerdings schon. Die Gäste gingen nun ins Risiko und wären fast belohnt worden, als Torjäger John Verhoek nur knapp am möglichen Anschlusstreffer vorbeirutschte (56.). Doch der HSV wusste seinerseits die Räume zu nutzen. Kittel hätte wohl bereits für die Entscheidung sorgen können, traf aber den Ball nicht richtig (58.).
Wenig später vergab Glatzel eine noch bessere Gelegenheit, als er frei vor Markus Kolke auftauchte und am Hansa-Torhüter scheiterte (64.) – was einige HSV-Fans auf den mit 15.000 Fans maximal gefüllten Rängen tatsächlich mit Pfiffen quittierten. Am Nachfolger von Zweitliga-Rekordtorjäger Simon Terodde waren nach einer Strähne von sechs Spielen ohne Tor offenbar Zweifel aufgekommen.
Die HSV-Spieler in der Einzelkritik
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Publikumsliebling Alidou wurde seine vergebene Großchance dagegen verziehen – Rostocks Calogero Rizzuto war im letzten Moment spektakulär dazwischengegrätscht (71.). So mussten die Hamburger Anhänger weiter den Atem anhalten, etwa als Verhoek aus kürzester Distanz HSV-Torwart Marco Johansson anschoss (75.). "Diese Chancen hätten wir nutzen müssen, dann wäre es ein anderes Spiel geworden", meinte der frühere St.-Pauli-Profi Verhoek.
Stattdessen konnten kurz darauf die HSV-Fans aufatmen: Der eingewechselte David Kinsombi bediente den sträflich frei stehenden Glatzel, der Kolke diesmal keine Abwehrchance ließ und mit seinem zweiten Doppelpack der Saison auch die letzten Pfiffe verstummen ließ (80.). "Die beiden Tore tun mir natürlich richtig gut", sagte Glatzel.
Der ebenfalls eingewechselte Mikkel Kaufmann jubelte wenig später sogar über das 4:0, doch das wäre des Guten auch zu viel gewesen (84.) – der Däne hatte um eine Kniebreite im Abseits gestanden. So kann es zum Rückrundenauftakt gegen den punktgleichen FC Schalke am kommenden Sonnabend weitergehen, bevor es in die verkürzte Winterpause geht.