Hamburg. Kein Club spielt so häufig zur Primetime wie der HSV und Werder. Auch Moderatorin Ruth Hofmann freut sich nun auf das direkte Duell.

Es ist genau eine Woche her, da musste Tim Walter mal seinen Unmut kundtun. Gefragt wurde der HSV-Trainer nach seiner Vorfreude auf die Topspiele am späten Sonnabend, von denen der HSV innerhalb von acht Wochen gleich fünf hat. Doch wer nun dachte, dass Walter von emotionalen Flutlichtspielen zur Primetime schwärmte, der irrte.

„Man müsste mal die DFL fragen, warum das so ist. Es ist nicht immer angenehm, um 20.30 Uhr abends zu spielen“, grummelte Walter, der sich vor allem über zu wenig Regenerationszeit ärgerte. „Ich finde es nicht immer gerechtfertigt, dass wir die Mannschaft sind, die jetzt am Stück so oft 20.30-Uhr-Spiele hat. Wir akzeptieren das, aber wir müssen nicht alles mögen.“

HSV und Werder mit meisten Topspielen

Zwei Tage, 90 Minuten und einen hochemotionalen 2:1-Sieg in letzter Minute gegen Sandhausen später dürfte sich Walters Meinung schon wieder ein wenig geändert haben. „Überragend“ sei die Stimmung am späten Sonnabendabend gewesen, schwärmte der Coach. „Was die Zuschauer hier über 96 Minuten abgeliefert haben, war eine Sensation“, so Walter. Und natürlich könne er nun auch das Nordderby gar nicht mehr erwarten: „Wir freuen uns sehr auf dieses Spiel.“

Anpfiff ist wieder am Sonnabend. Wieder zur Primetime. Wieder um 20.30 Uhr. Tatsächlich tritt kein Club in der Zweiten Liga so häufig im Topspiel zur besten Sendezeit an wie Werder Bremen und der HSV. Beide Nordvereine wurden von der DFL in den bislang 15 terminierten Spieltagen gleich fünfmal auf die alte „Wetten, dass …?“-Zeit gelegt. Da kann lediglich Werders Mitabsteiger Schalke mithalten, das immerhin viermal am späten Sonnabend ranmuss.

Überraschung: Der FC St. Pauli, in der vergangenen Saison noch Dauergast am Sonnabend-Vorgänger Montagabend, wurde bislang noch nicht einmal von Sky und Sport1 angefragt.

Die Topspieltabelle (nach 15 terminierten Spieltagen):

  1. HSV: 5 Topspiele
  2. Bremen: 5
  3. Schalke: 4
  4. Dresden: 3
  5. Düsseldorf: 3
  6. Hannover: 3
  7. Kiel: 2
  8. Rostock: 2
  9. KSC: 1
  10. Nürnberg: 1
  11. Sandhausen: 1

HSV: Sport1-Moderatorin gerät ins Schwärmen

Für Ruth Hofmann ist es nur logisch, dass die Topclubs Werder und der HSV immer wieder erst nach der Tagesschau ranmüssen. „Es ist superschade für den HSV, dass er in der Zweiten Liga spielt. Für mich als Zweitligareporterin ist das aber ein Geschenk“, sagt die Moderatorin, die am vergangenen Sonnabend erstmals überhaupt mit ihrem Arbeitgeber Sport1 im Volkspark vor Ort war.

„Die Stimmung war gigantisch“, sagt die 35-Jährige, die nur wenige Meter neben der Stelle stand, wo nach Moritz Heyers Last-Minute-Tor sämtliche HSV-Spieler einen Jubelturm bildeten.

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Hofmann moderiert auch Werder gegen HSV

Zwei Tage nach der Jubelexplosion sitzt Hofmann in ihrem Büro in München und ist dem Abendblatt über Zoom im Podcast „HSV – wir müssen reden“ verbunden.

„Ich freue mich enorm über diese Zweite Liga. Das ist geballte Tradition. Die Zweite Liga ist in der Spitze fast spannender als die Bundesliga“, sagt Hofmann, die auch am Sonnabend beim Nordderby zwischen Bremen und dem HSV live vor Ort moderieren wird.

Ruth Hofmann (35) war am Sonnabend für Sport1 beim Top-Spiel des HSV gegen Sandhausen und ist auch am kommenden Sonnabend in Bremen.
Ruth Hofmann (35) war am Sonnabend für Sport1 beim Top-Spiel des HSV gegen Sandhausen und ist auch am kommenden Sonnabend in Bremen. © Imago/Eibner | Unbekannt

Knackt das Nordderby die Millionen-Marke?

Werder, Schalke und der HSV sind die Quotenbringer dieser Zweiten Liga. Die Partie der Hamburger am vergangenen Sonnabend gegen Sandhausen sahen bei Sport1 im Schnitt 340.000 Zuschauer ab drei Jahren (Z3+) und in der Spitze mehr als 530.000 Zuschauer. Am kommenden Wochenende hoffen die Senderverantwortlichen, den bisherigen Quotenkrösus (Werder gegen Hannover) zu toppen. Das „kleine Nordderby“ am ersten Spieltag sahen im Schnitt 630.000 Zuschauer und in der Spitze bei Sport1 960.000.

Ruth Hofmann glaubt sogar, dass Werder und der HSV nun erstmals in dieser Saison die Eine-Million-Marke in der Spitze überspringen werden. Das gelang Sport1 im Schnitt nicht einmal in der Saison 2016/17, als der Spartensender die zu dieser Spielzeit abgeschafften Montagsspiele übertrug und im Schnitt 950.000 TV-Zuschauer pro Spiel hatte.

Werder-Boss freut sich über Primetime

Damit das auch wirklich klappt, sind neben Ruth Hofmann knapp 40 Sport1-Mitarbeiter am Sonnabend im Wohninvest-Weserstadion im Einsatz. Und bei Werder freut man sich auch auf Sky und Sport1.

„Es kristallisiert sich gerade – nicht zuletzt wegen der Attraktivität der Liga – heraus, dass es die richtige Entscheidung war, vom Montag auf den Samstagabend zu wechseln“, sagt Klaus Filbry, Werders Geschäftsführer Marketing, Management und Finanzen, dem Abendblatt. „Mit dem Primetime-Spiel am Samstagabend wird man der Bundesliga an dem einen oder anderen Spieltag bei den Einschaltquoten den Rang ablaufen.“

Dynamo Dresden nur mit schwacher Quote

Tatsächlich könnte bereits an diesem Sonnabend die kombinierte Einschaltquote von Sky und Sport1 beim Nordderby die Quote des Bundesliga-Topspiels zwischen Köln und Leipzig, das nur auf Sky läuft, übertrumpfen.

Wie stark die TV-Sender von den Zugpferden der Liga abhängig sind, zeigt der Vergleich aller bisherigen sechs Sport1-Abendspiele am Sonnabend. Schlusslicht ist die Partie zwischen Dynamo Dresden und Hannover 96 am dritten Spieltag, als im Schnitt gerade einmal 290.000 Interessierte einschalten wollten.

Auch Sky profitiert von den Zugpferden Schalke, HSV und Werder. Der Zuschauerschnitt in dieser Zweitligasaison liegt nach sechs Spieltagen schon 27 Prozent über dem Vorjahreswert. In der vergangenen Saison war der HSV noch der alleinige Quotenbringer bei Sky. Die fünf Bestwerte waren allesamt Montagabendspiele mit HSV-Beteiligung.  

HSV muss für Sender Mehraufwand betreiben

Für den HSV bedeutet das gesteigerte Interesse der TV-Sender einen erheblichen Mehraufwand. So sind die Hamburger vertraglich von der DFL lediglich zu drei Interviews pro Spiel verpflichtet. Neben dem Trainer müssen sich auch zwei Spieler nach dem Spiel stellen.

Am vergangenen Sonnabend machten die Hamburger für Sky und Sport1 aber insgesamt 13 Interviews möglich, darunter auch die beiden Vorstände Jonas Boldt (bei Sport1) und Frank Wettstein (bei Sky). In der vergangenen Saison hatte Rechteinhaber Sky sogar 176-mal einen HSV-Protagonisten vor der Kamera.

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HSV-Marketingdirektor freut erhöhte Präsenz

Für Philipp Mokrohs eine Selbstverständlichkeit: „Die mediale Aufmerksamkeit und damit auch die Präsenz für unsere Sponsoren und Partner, sei es bei der Trikot- oder bei der Bandenwerbung, sind bei den Topspielen noch einmal ein Stück höher. Der Fokus auf diese eine Partie am Abend, auch in der Vorberichterstattung, ist immer ein bisschen größer als zum Beispiel bei der Sky-Konferenz am Sonnabend oder Sonntag“, sagt der HSV-Marketingdirektor. „Sicherlich hat das in unserem Fall aber mit der ohnehin großen nationalen Aufmerksamkeit und Strahlkraft des HSV zu tun.“

Ruth Hofmann kann das Nordderby am kommenden Sonnabend jedenfalls kaum erwarten – genauso wie ihre Gesprächstermine vor und nach dem Spiel mit Trainer Tim Walter. Und sollte der HSV in Bremen tatsächlich sein zweites Topspiel in Folge gewinnen, dürfte ihre Nachfrage nach einem Stimmungsumschwung bei Walter im Hinblick auf die Primetime-Spiele sicherlich nicht fehlen.

Das HSV-Drama gegen Sandhausen:

Drama im Volkspark – mit Happy End für den HSV

Der HSV feiert den späten Siegtreffer von Moritz Heyer.
Der HSV feiert den späten Siegtreffer von Moritz Heyer. © WITTERS | ValeriaWitters
Was für eine Erlösung für den HSV: Moritz Heyer jubelt über seinen späten Siegtreffer.
Was für eine Erlösung für den HSV: Moritz Heyer jubelt über seinen späten Siegtreffer … © WITTERS | Valeria Witters
… und wird kurz darauf unter einer Jubeltraube begraben.
… und wird kurz darauf unter einer Jubeltraube begraben. © WITTERS | ValeriaWitters
Janik Bachmann (M.) konnte sich mit Immanuel Höhn (l.) und Christian Kinsombi nur kurz über seinen Ausgleichstreffer freuen.
Janik Bachmann (M.) konnte sich mit Immanuel Höhn (l.) und Christian Kinsombi nur kurz über seinen Ausgleichstreffer freuen. © dpa | Axel Heimken
David Kinsombi blieb beim Elfmeter eiskalt.
David Kinsombi blieb beim Elfmeter eiskalt. © Getty Images | Selim Sudheimer
Zuvor hatte Sandhausens Erik Zenga (hinten rechts) HSV-Angreifer Sonny Kittel mit hohem Bein im Strafraum getroffen.
Zuvor hatte Sandhausens Erik Zenga (hinten rechts) HSV-Angreifer Sonny Kittel mit hohem Bein im Strafraum getroffen. © WITTERS | Valeria Witters
HSV-Verteidiger Tim Leibold suchte über die linke Seite immer wieder den Weg zu Sandhausens Tor.
HSV-Verteidiger Tim Leibold suchte über die linke Seite immer wieder den Weg zu Sandhausens Tor. © WITTERS | ValeriaWitters
HSV-Stürmer Robert Glatzel sah beim Abschluss einige Male unglücklich aus.
HSV-Stürmer Robert Glatzel sah beim Abschluss einige Male unglücklich aus. © WITTERS | ValeriaWitters
HSV-Angreifer Sonny Kittel (l.) im Laufduell mit Sandhausens Chima Okoroji.
HSV-Angreifer Sonny Kittel (l.) im Laufduell mit Sandhausens Chima Okoroji. © WITTERS | ValeriaWitters
Rechtsaußen Manuel Wintzheimer (r., gegen Chima Okoroji) verdrängte Bakery Jatta aus der HSV-Startelf.
Rechtsaußen Manuel Wintzheimer (r., gegen Chima Okoroji) verdrängte Bakery Jatta aus der HSV-Startelf. © WITTERS | ValeriaWitters
HSV-Verteidiger Jan Gyamerah (l.) leistete sich ungewohnte Unkonzentriertheiten.
HSV-Verteidiger Jan Gyamerah (l.) leistete sich ungewohnte Unkonzentriertheiten. © Getty Images | Selim Sudheimer
David Kinsombi (r., gegen Sandhausens Chima Okoroji) verdrängte Ludovit Reis aus der HSV-Startelf.
David Kinsombi (r., gegen Sandhausens Chima Okoroji) verdrängte Ludovit Reis aus der HSV-Startelf. © Getty Images | Selim Sudheimer
HSV-Stürmer Robert Glatzel (l.) kommt vor Sandhausens Immanuel Höhn zum Abschluss.
HSV-Stürmer Robert Glatzel (l.) kommt vor Sandhausens Immanuel Höhn zum Abschluss. © WITTERS | ValeriaWitters
Hamburgs Jan Gyamerah (l.) nimmt die Verfokgung von Alexander Esswein vom SV Sandhausen auf …
Hamburgs Jan Gyamerah (l.) nimmt die Verfokgung von Alexander Esswein vom SV Sandhausen auf … © Getty Images | Selim Sudheimer
… und hebt im Zweikampf zum Zeichen der Unschuld die Hände.
… und hebt im Zweikampf zum Zeichen der Unschuld die Hände. © Getty Images | Selim Sudheimer
HSV-Verteidiger Jonas David kommt vor Sandhausens Arne Sicker an den Ball.
HSV-Verteidiger Jonas David kommt vor Sandhausens Arne Sicker an den Ball. © Getty Images | Selim Sudheimer
Hamburgs Moritz Heyer (r.) überspringt beim Kopfball Sandhausens Rechtsverteidiger Bashkim Ajdini.
Hamburgs Moritz Heyer (r.) überspringt beim Kopfball Sandhausens Rechtsverteidiger Bashkim Ajdini. © WITTERS | ValeriaWitters
HSV-Trainer Tim Walter haderte wieder einmal mit der Chancenverwertung seiner Mannschaft.
HSV-Trainer Tim Walter haderte wieder einmal mit der Chancenverwertung seiner Mannschaft. © WITTERS | ValeriaWitters
HSV-Fans gedachten vor dem Anpfiff des verstorbenen Kiezwirts
HSV-Fans gedachten vor dem Anpfiff des verstorbenen Kiezwirts "Ossi-Maik". © WITTERS | ValeriaWitters
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