Hamburg. Der abgelehnte HSV-Präsidentschaftskandidat Marinus Bester kritisiert den Beirat scharf und fordert Veränderungen.

Am Freitag erhielt Marinus Bester (52) vom HSV-Beirat per Mail die Absage: Sein Team mit (Edina Müller (38) und Fridays-for-Future-Sprecher Philipp Wenzel (23)) darf bei der Mitgliederversammlung am 7. August nicht an der Wahl zum Präsidium teilnehmen. Das Abendblatt traf Bester zum Interview.

Hamburger Abendblatt: Herr Bester, die Aufregung war groß, nachdem Ihr Team vom Beirat abgelehnt wurde. Von außen betrachtet scheint bei der Kommunikation viel schiefgelaufen zu sein. Warum war das so?

Marinus Bester: Nach unserer Kandidatur wurden wir vom Beirat zu einem Gespräch eingeladen. Eingangs gab es die Frage: Ihr habt euch als Team beworben, würdet ihr auch für eine Einzelwahl zur Verfügung stehen? Darauf habe ich wörtlich geantwortet: Wir haben uns als Team gefunden, als Team beworben und möchten als Team gewählt werden. Danach gab es keine weiteren Nachfragen. Zu diesem Zeitpunkt war auch eine Listenwahl möglich, so, wie es in den vergangenen Jahren zum Beispiel bei Bernd Hoffmann und Jens Meier der Fall war.

Was Bester dem HSV-Beirat vorwirft

Und dann kam die Absage per Mail. Um für Klarheit zu sorgen: Was stand genau drin?

Bester: Zunächst wurden Edina und ich persönlich angesprochen. Bei uns bestünden keinerlei Bedenken, ob wir den präsidialen Aufgaben gewachsen seien. Aber bei Philipp gebe es große Zweifel, dass er den Anforderungen an das Amt eines Schatzmeisters gerecht werden könnte. Und da wir auf Nachfrage mitgeteilt hätten, nur als Team antreten zu wollen, und der Beirat aber eine Einzelwahl bevorzuge, wären wir raus. Die Spielregeln wurden im Nachhinein geändert, ohne uns zu informieren. Das ist das, was ich dem Beirat vorwerfe: nicht mit offenen Karten gespielt zu haben.

Wie stehen Sie denn zur Ablehnung von Philipp Wenzel?

Bester: Als Professor an der Uni Hamburg würde ich mich jetzt schon mal hinterfragen: Sind wir zu blöd, unsere Volkswirte so auszubilden, dass man denen so eine Aufgabe zutraut? Beim e. V. handelt es sich ja nebenbei nicht um ein DaAX-Unternehmen. Und im HSV e. V. sitzen fähige Angestellte, die die Buchhaltung gewissenhaft führen, da gibt es doch keine lose Blattsammlung. Warum soll, bitte schön, ein studierter Volkswirt nicht dieses Zahlenwerk des e. V. verstehen? Schon Otto Rehhagel hat einst gesagt: Für mich gibt es nicht alt oder jung, sondern nur gut oder schlecht.

HSV: Bester hätte auch einzeln kandidiert

Theoretische Frage: Hätten Sie bei einer Einzelwahl auch kandidiert?

Bester: Wie glaubwürdig wären wir gewesen, wenn wir uns als Team bewerben und wir bei der ersten Nachfrage dann umkippen und sagen: April, April, wir treten auch einzeln an? Hätte aber der Beirat zum Telefon gegriffen und uns darüber informiert, dass nur die Einzelwahl zugelassen ist – und das wäre der einzig logische Schritt gewesen –, hätten wir die Köpfe zusammengesteckt. Und ich behaupte, dass wir zu 100 Prozent zu dem Entschluss gekommen wären: In Ordnung, dann treten wir eben einzeln an. Obwohl sich ja gerade beim Restteam von Bernd Hoffmann und Marcell Jansen gezeigt hat, wohin solch eine Einzelwahl führen kann.

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Das frühere Beiratsmitglied Frank Mackerodt glaubt, dass ein Schutzschirm über den nun einzigen Kandidaten Marcell Jansen gespannt wurde. Teilen Sie diese Ansicht?

Bester: So undurchsichtig, wie es jetzt gelaufen ist, hat das Ganze natürlich ein großes Geschmäckle. Wir wollten mit unserem Team ja gerne Veränderungen herbeiführen. Wie jetzt im stillen Kämmerlein entschieden wurde, zeigt doch eindrucksvoll, dass Veränderungen zwingend herbeigeführt werden müssen. Ich möchte das gar nicht nur auf unser Team reduzieren. Wer sagt denn, dass es nicht noch andere geeignete Kandidatinnen und Kandidaten gab, die auch keine Zulassung zur Wahl bekommen haben? Aber das wissen wir alle nicht, es werden ja keine Fragen beantwortet.

Bester will weiter HSV-Präsident werden

Wie geht es jetzt weiter?

Bester: Bis auf die Tatsache, dass unsere Bewerbung unter den gegebenen Voraussetzungen abgelehnt wurde, besteht für uns überhaupt kein Grund, dass wir nicht weiter zur Verfügung stehen.

Sie werden also weiter inoffiziell Wahlkampf betreiben?

Bester: Wenn Sie meinen, ich werde Stimmung gegen Marcell Jansen machen, dann definitiv nein. Wir hätten gerne die inhaltliche Auseinandersetzung angenommen und auf das Votum der Mitglieder vertraut. Sie hätten entscheiden können, den Weg mit Marcell und seinem Team weiterzugehen oder etwas Neues zu probieren, den HSV anders aufzustellen. Aber das jetzt, das ist doch keine Wahl!

Man hörte, dass Sie die Unterstützung etlicher Supporters hatten. Bekommt Jansen bei der Wahl von den Mitgliedern nun die Quittung für das Vorgehen des Beirats? Er bräuchte ja die einfache Mehrheit, um als Präsident gewählt zu werden.

Bester: Das kann ich nicht vorhersehen. Natürlich steckt in dieser Geschichte viel Brisanz. Fakt ist erstens, dass die Mitglieder entscheiden müssen, ob sie den vom Beirat vorgelegten Prozess unterstützen oder nicht. Und zweitens steht der HSV in der Öffentlichkeit doof da und bestätigt das Bild, das viele Außenstehende vom Club haben. Dieses Image nachhaltig zu ändern bleibt eine zentrale Aufgabe für die Zukunft.