Auch Terodde muss Frotzeleien hinnehmen. Bankdrücker Leistner beweist Humor. Thioune mit “Quatsch“-Appell. Polizei zieht Derby-Bilanz.
Die HSV-News am Tag nach dem Stadtderby (Sonnabend, 31. Oktober 2020):
- Spott für Gjasula nach Slapstick gegen St. Pauli
- Kaum Zaungäste beim Auslaufen am Tag danach
- HSV-Profis dürfen zwei Tage "durchschnaufen"
- Amaechi und David schnuppern neue Derby-Luft
- Terodde muss Frotzeleien hinnehmen
- Thioune: "Hätten Terodde vom Platz getragen"
- Abhängig von Terodde? Das sagt Mutzel
- HSV-Profi Gyamerah erhält ein Sonderlob
- Bankdrücker Leistner beweist Humor
- "Das ist Quatsch": Thioune-Appell nach Derby
- Reaktion nach 1:2: Lob für Sprinter Terodde
- Polizei wird in Derby-Prophezeiung bestätigt
Gjasula-Slapstick kurz vor Ende: Das sagt Mutzel
Wer den Schaden hat… Über Klaus Gjasula ergießt sich nach dem Stadtderby allerhand Spott in den sozialen Medien. Was vielen HSV-Fans aufstieß, war eine Szene aus der 89. Minute: Nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung kreiselte der Mittelfeldmann vor dem gegnerischen Strafraum um sich selbst, geriet dabei allerdings gehörig aus dem Takt. Schließlich schlug Gjasula ein Luftloch, wodurch ihm der Ball unglücklich von der rechten Fußspitze abprallte. St. Pauli Rico Benatelli erfasste das Malheur blitzschnell und leitete einen Konter ein, der am Ende vom HSV noch mit Glück geklärt werden konnte.
Dennoch brachte Gjasulas Aktion nicht nur Simon Terodde in Wallung. HSV-Sportdirektor Michael Mutzel wollte indes nicht allzu hart mit dem albanischen Nationalspieler ins Gericht gehen. "Der Ballverlust ist natürlich nicht gut, das weiß er auch selber", urteilte Mutzel. Allerdings sei der Fehler rund 70 Meter vor dem eigenen Tor passiert. "Da haben wir schon noch die Möglichkeit, das zu verteidigen", analysierte Mutzel. Dies sei jedoch auch nicht sonderlich gut geschehen. "Wenn wir da am Ende durch so eine Aktion das Tor noch kriegen und uns das Spiel kaputtmachen, dann wäre das mega-unglücklich und ärgerlich gewesen."
HSV muss jetzt die Spannung hochhalten
Am Morgen nach dem 2:2 ging es für den am Freitag gegen St. Pauli nominierten HSV-Kader erst einmal zum Auslaufen. Bei nasskalten Bedingungen und unter den Augen einer Handvoll Spaziergänger machten sich die Spieler auf eine lockere Runde im Volkspark.
Die Spannung muss Daniel Thioune nun trotzdem irgendwie hochhalten – gerade auch im Hinblick auf den äußerst gestreckten Spielplan der nahen Zukunft.
Schließlich steht das nächste Pflichtspiel für den Tabellenführer erst wieder am übernächsten Montag mit dem Nordderby bei Verfolger Holstein Kiel an, ehe der Spielbetrieb dann ganze zwei Wochen ruht.
Grund ist die zweite Länderspielpause in dieser Saison, durch die der HSV daraufhin erst wieder zwei Wochen nach dem Holstein-Duell am 22. November beim VfL Bochum (SA., 13.30 Uhr) antritt.
HSV-Profis dürfen "durchschnaufen"
"Kiel wird auch wieder eine harte Nuss", sagte HSV-Sportdirektor Michael Mutzel am Sonnabendvormittag. Es sei gut, nach der englischen Woche und dem Derby nun einmal "durchzuschnaufen".
Trainiert wird daher erst am Dienstag wieder. "Jetzt machen wir mal zwei Tage Pause, dann bereiten wir uns auf Kiel vor und wollen da natürlich auch wieder gewinnen", so Mutzel.
HSV gegen St. Pauli (2:2) – die Bilder:
So kämpften HSV und St. Pauli um die Stadtmeisterschaft
Amaechi und David verstärken die U21
Für die U21 steht schon am Sonntag (14 Uhr) das Nordderby bei Holstein Kiel an – ebenfalls gegen die Zweitvertretung, wohlbemerkt. Beim vorerst letzten Spiel vor dem „Lockdown“ der Regionalliga Nord sollen mit Xavier Amaechi und Jonas David auch zwei Profis noch einmal Spielpraxis sammeln und das Team von Trainer Pit Reimers verstärken.
Mit einem Sieg könnte der HSV II in der Gruppe Nord der zweigeteilten Regionalliga auf Rang fünf klettern, der am Ende zur Meisterrunde berechtigen würde. Allerdings steht der weitere Saisonverlauf in den Sternen, nach der beschlossenen Unterbrechung im November würde die U21 Stand jetzt das nächste Mal erst wieder am 5. Dezember zuhause gegen Tabellenführer Weiche Flensburg antreten.
Terodde nimmt jetzt Kiel ins Visier
Der "kleine Derbyheld" Simon Terodde nimmt nach seinem Doppelpack, aber eben auch dem ein oder anderen verpassten Treffer gegen St. Pauli schon den nächsten Nordrivalen ins Visier.
"Aaron Hunt hat schon ein bisschen gefrotzelt, dass ich vier oder fünf Tore hätte machen können", sagte der 32 Jahre alte Torjäger am "Sky"-Mikrofon: "Die hätte ich gerne gemacht, aber vielleicht dann nächste Woche in Kiel."
Die Chancen stehen nicht schlecht: Gegen Holstein liest sich Teroddes Tor-Bilanz zwar noch nicht ganz so beeindruckend wie gegen St. Pauli mit jetzt zehn Treffern bei 13 Einsätzen – nur gegen Bielefeld traf er häufiger (13-mal in nur sieben Spielen). Aber auch seine Quote gegen Kiel (zwei Spiele, zwei Tore) können sich sehen lassen.
Thioune: "Hätten Terodde vom Platz getragen"
"Er ist ein Finisher, eine Tormaschine. Er hat seinen Job gemacht", lobte Thioune seinen Torjäger, der für Terodde im Stadtderby nur noch eine Steigerungsmöglichkeit gesehen hätte: "Wenn er einen mehr gemacht hätte, hätten wir ihn vom Platz getragen."
So musste sich Terodde am Ende eben auch ein paar Sticheleien seiner Teamkollegen über sich ergehen lassen – neben Hunt trieb auch Tim Leibold seine (gut gemeinten) Späße mit dem Stürmer.
Und Terodde selbst sah im ersten kleinen Stolperer auf dem Weg zurück in Liga eins sogar etwas Positives. "Wir sehen, dass wir noch Sachen besser machen können und wir die Punkte nicht geschenkt bekommen", sagte der erfahrene Aufsteiger im NDR-Hörfunk.
Mutzel bestreitet Abhängigkeit von Terodde
Sechs Spiele, acht Tore: Terodde macht für den HSV in dieser Saison bislang den Unterschied. Er trifft und trifft und trifft und ist mit 126 Buden inzwischen der drittbeste Torschütze der Zweitliga-Geschichte.
Hat diese Effizienz aber möglicherweise auch eine Kehrseite, ist der HSV gar schon zu sehr abhängig von seinem Sturmtank? "Finde ich nicht", sagt Michael Mutzel.
"Wir sind vorne grundsätzlich gut aufgestellt. Simon ist jetzt derjenige, der Woche für Woche spielt und die Tore macht, aber wir haben sowohl daneben gute Spieler als auch auf der Bank noch Jungs, die gut performen."
Daher sei der HSV nicht von Terodde allein abhängig, so Mutzel: "Es ist toll, wenn man einen Stürmer hat, der trifft. Aber wir haben auch noch andere gute Offensivspieler." Dennoch: In der HSV-internen Torjägerliste kommt nach Terodde lange nichts. Zweitbester Schütze ist Manuel Wintzheimer mit zwei Treffern.
HSV gegen St. Pauli (2:2) – die Statistik
Thioune voll des Lobes über Gyamerah
Lob gab es nach dem Derby nicht nur für den Doppeltorschützen, sondern auch für Außenverteidiger Jan Gyamerah.
"Jan gefällt mir in den letzten Wochen ausgesprochen gut", sagte Thioune über den lange Zeit verletzten Rückkehrer. "Man hat ja eine Erwartungshaltung, aber die übertrifft er derzeit."
Bankdrücker Leistner beweist Humor
Toni Leistner kommt beim HSV im Gegensatz zu Gyamerah noch nicht so recht in Schwung. Bislang steht der Abwehr-Routinier weiter erst bei einem Liga-Einsatz – in dem er sich bekanntlich direkt einen Platzverweis einhandelte. Nach diesem kehrte er im Stadtderby immerhin wieder zurück in den Kader, musste gegen St. Pauli aber dennoch 90 Minuten zuschauen.
Abgeschrieben sei Leistner deshalb aber noch lange nicht. „Er war jetzt mal auf der Bank“, sagte Sportdirektor Michael Mutzel über den 30 Jahre alten Innenverteidiger. "Es ist ein ganz normaler Prozess, dass man da auch mal draußen ist", sagte er angesichts der Konkurrenten Stephan Ambrosius oder Moritz Heyer, die "in den letzten Wochen konstant Leistung abgeliefert" hätten.
"Aber er verhält sich gut und bietet sich an", sagte Mutzel. Außerdem könne sich die Situation für Leistner auch schnell wieder ändern. "Er ist erfahren genug und weiß, damit umzugehen." Und Leistner selbst? Nahm seinen Bankplatz im Derby mit Humor. "Immer noch ungeschlagen! UND mal keine Sperre für mich", schrieb der Neuzugang am Sonnabend auf Instagram.
Thioune: "Bitte nicht alles schwarzmalen"
Daniel Thioune fand es nach dem Derby einerseits "gerecht, dass wir das Feld nicht als Verlierer verlassen haben", andererseits aber auch Kritik an seiner Mannschaft. "Wir haben aus unserer Dominanz zu wenig gemacht", sagte der HSV-Trainer am Freitagabend. "Insgesamt bin ich nicht ganz glücklich mit diesem Ergebnis. Aber der Rucksack war extrem schwer nach dem 1:2. Klasse, wie wir reagiert haben."
Die HSV-Profis in der Einzelkritik:
Vor allem taktisch sei es von beiden Teams eine "reife Leistung" gewesen. Und aufkommende Enttäuschung angesichts des verpassten Rekords von sechs Siegen in Serie versuchte Thioune, im Keim zu ersticken. "Bitte jetzt nicht alles schwarzmalen, das ist Quatsch: Derby nicht gewonnen, weiße Weste verloren", sagte der 46-Jährige. "Von wegen. Ich bin richtig zufrieden mit meinen Jungs."
Reaktion nach 1:2: Lob für Sprinter Terodde
Ins selbe Horn stieß auch Michael Mutzel. "Man hat gemerkt, dass wir das so nicht stehen lassen wollten", sagte der Sportdirektor zum Aufrappeln nach dem späten Gegentreffer zum 1:2.
Vor allem Terodde habe ihn beeindruckt. "Ich habe in dem Moment tatsächlich gesehen, dass Simon in dem Moment einen Sprint anzieht nach hinten und sich im Sechzehner den Ball wiederholt."
So habe er gemerkt, dass das Team noch an sich glaube. "Das war eine tolle Reaktion der Mannschaft", sagte Mutzel. "Das ist gut dieses Jahr, dass wir immer wieder zurückkommen und mehrmals Rückstände gedreht haben."
Polizei erlebt ein ruhiges Stadtderby
Apropos Fassung bewahren: Auch abseits des Rasens ging es stadtweit am Freitag augenscheinlich äußerst gesittet zu. Zumindest hatte die Hamburger Polizei am Sonnabendvormittag keine Derby-bedingten Einsätze zu verzeichen.
Und wurde somit in ihrer Einschätzung im Vorfeld des Spiels bestätigt, als Polizeisprecherin Sandra Levgrün "das ruhigste Stadtderby aller Zeiten" prognostizierte.