Hamburg. Nach dem 1:4 bei Drittligist Dresden zeigen die Hamburger beim 2:1 gegen die Fortuna ein ganz anderes Gesicht. Eine Zwischenbilanz.
Für Simon Terodde fiel der freie Sonntag aus. Der HSV-Stürmer war bereits am Sonnabend direkt nach dem Training nach Harvestehude gefahren, um seine Familie und die Umzugswagen zu empfangen. „Endlich raus aus dem Hotel“, sagte Terodde, der die Zeit bis zum nächsten Training am Montagnachmittag nutzte, um gemeinsam mit seiner Frau und seinen zwei Kindern die neue Wohnung einzurichten.
Die Arbeit fiel dem 32-Jährigen deutlich leichter, nachdem er am Freitagabend seine neue Mannschaft mit einem Doppelpack gleich in seinem ersten Ligaspiel zum 2:1-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf geführt hatte. „Mit so einem Sieg lässt sich das Wochenende eindeutig besser genießen“, sagte Terodde und schilderte damit stellvertretend für den ganzen HSV die Stimmung nach dem Auftaktsieg.
Wie sich die Stimmung in Hamburg rund um den HSV auch anfühlen kann, hatte Terodde in den Tagen zuvor erlebt. Mit 1:4 war sein Team vor einer Woche im ersten Pflichtspiel beim Drittligisten Dynamo Dresden aus dem DFB-Pokal geflogen.
HSV-Sportdirektor Mutzel um Einordnung bemüht
„Der HSV steht schon unter Druck“, hieß es daher in fast allen Medien, bevor die Saison überhaupt angefangen hatte. Und obwohl Profifußballer nicht müde werden zu betonen, dass sie ja eigentlich keine Zeitungen lesen würden, hatte auch Terodde die Berichterstattung mitbekommen. „Wir haben kein so schlechtes Spiel gemacht, wie es geschrieben wurde“, sagte der Torjäger.
Auch seinem Sportdirektor Michael Mutzel hatte die öffentliche Bewertung des Dresden-Spiels nicht gefallen. „Mir war das zu extrem“, sagte der 40-Jährige, als er am Sonnabend am Tag nach dem Sieg gegen Düsseldorf das Spiel analysierte. „In Dresden war nicht alles unterirdisch, genau wie gestern nicht alles weltklasse war. Wir müssen irgendwie einen Mittelweg finden“, meint Mutzel.
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Doch genau mit diesem Mittelweg tut sich der HSV seit Jahren so schwer. Die Ausschläge sind im Volkspark fast schon traditionell in beide Richtungen groß. Die HSV-Verantwortlichen sind daher bemüht, die jüngsten beiden Spiele richtig einzuordnen. „Es hilft immer, wenn die Leistungen sachlich analysiert werden“, sagt Mutzel, der nach dem Auftaktsieg direkt wieder mit möglichen Aufstiegsambitionen konfrontiert wurde.
HSV sieht für Transfers keine Not
Doch beim HSV bleibt man dabei. Vom Aufstieg wird nicht gesprochen. „Wir haben unsere Ziele. Wir wollen erfolgreich sein. Jetzt haben wir mal einen guten Start gehabt“, sagt Mutzel. „Aber es kommen noch viele schwere Wochen, in denen es nicht so flutscht.“
Rund um den HSV wird nach den ersten beiden Auftritten nun bereits diskutiert, wie stark das Team in dieser Saison denn nun wirklich sei? Eine verlässliche Antwort kann aktuell aber noch kaum jemand geben. Zumal noch nicht klar ist, wie der Kader am Ende der Transferperiode (5. Oktober) aussehen wird.
Kaderplaner Mutzel macht aber klar, dass sich an dem Gerüst nicht mehr viel verändern soll: „Wir haben wichtige Säulen besetzt. Jetzt gucken wir einfach, was die Mannschaft noch braucht und wie wir reagieren müssen. Wir sind entspannt und lassen uns nicht stressen.“
Hunt als HSV-Härtefall
Ähnlich wie in der vergangenen Saison wird es für HSV-Trainer Daniel Thioune eine große Herausforderung, allen Spielern die nötige Wertschätzung in Form von Einsatzzeiten zu geben. Bei Spielern wie Khaled Narey, Lukas Hinterseer oder David Kinsombi könnte Frust aufkommen. Seit Freitag weiß auch Aaron Hunt, dass er unter Thioune nicht mehr den Status hat, den er zuletzt noch unter Hecking genoss.
Sportdirektor Mutzel sieht in der Personalie Hunt aber kein Problem. „Das war eine sportliche Entscheidung. Aaron kann damit gut umgehen und wird seine Spiele wieder machen. Ich sehe da keine Gefahr.“
Aktuell ist der Kader auf allen Positionen doppelt besetzt. Leistungsträger wie Tim Leibold oder Jeremy Dudziak, die zu Beginn der Transferperiode noch als Verkaufskandidaten galten, sollen nicht mehr abgegeben werden. Der Kader ist daher Stand jetzt stark genug besetzt, um unter den ersten drei Mannschaften zu landen. Am Sonnabend spielten mit Jan Gyamerah und Xavi Amaechi zwei Profis in der Regionalligamannschaft mit, denen zugetraut wird, auch in der Ersten Liga irgendwann eine gute Rolle zu spielen.
Amaechi, Opoku und David sind Leihkandidaten
Aktuell deutet sich jedoch schon an, dass insbesondere Amaechi auch in dieser Saison nicht über Teilzeiteinsätze hinauskommen wird. Bei ihm könnte es noch zu einem Leihgeschäft kommen. Auch Aaron Opoku und Jonas David werden sich noch überlegen, ob sie nicht womöglich bei einem anderen Club zu mehr Spielpraxis kommen.
Durch die überzeugende Vorstellung von Moritz Heyer bei seiner Premiere sind die HSV-Verantwortlichen in der Defensive trotz der Sperre für Toni Leistner jetzt entspannt. „Er hat gespielt, als wäre er schon fünf Jahre hier“, sagte Mutzel über den 25-Jährigen, der erst 24 Stunden vor seinem HSV-Debüt das erste Mal im Volkspark trainierte. „Es war beeindruckend, wie er mit der Situation umgegangen ist. Das war eine tolle Vorstellung. Er tut unserer Gruppe gut, auch als Typ“, sagte Mutzel über den Neuzugang vom VfL Osnabrück.
Auch Amadou Onana (19) bekam nach seinem ersten Zweitligaspiel von Mutzel ein Lob. Aber auch eine Einschränkung: „Das war schon richtig gut. Es ist aber klar, dass es auch bei ihm noch Schwankungen geben wird.“ Mutzel ist zwar noch nicht lange beim HSV, aber lange genug, um die zwei Gesichter der Hamburger zu kennen.
Simon Terodde ist gar erst vier Wochen in Hamburg und weiß, dass er die Erwartungen bremsen muss. Nur so viel: „Wenn wir so weiterarbeiten, werden wir eine erfolgreiche Saison spielen.“