Hamburg. Der HSV vergibt beste Torchancen gegen Tabellenführer Arminia Bielefeld. Es war das erste Geisterspiel im Volksparkstadion.
Als Schiedsrichter Felix Zwayer die Partie um 15.22 Uhr abpfiff, konnten es die HSV-Profis nicht fassen. Trotz bester Torchancen verpassten es die Hamburger, sich für ein starkes Heimspiel gegen Tabellenführer Arminia Bielefeld (53 Punkte) zu belohnen. Und so endete das Spitzenspiel der Zweiten Liga 0:0 im Corona-bedingt leeren Volksparkstadion.
"Wir waren die klar bessere Mannschaft und müssen das Spiel gewinnen. Von den sieben, acht hochkarätigen Torchancen müssen wir eine nutzen", sagte HSV-Coach Dieter Hecking. "Wir sind enttäuscht. Ich kann die Mannschaft aber für die Spielanlage loben." Angreifer Sonny Kittel, der kurz vor dem Spiel Vater einer Tochter wurde, ergänzte: "Wir haben den Tabellenführer über weite Strecken dominiert und das gibt uns Selbstbewusstsein."
Da der Tabellendritte VfB Stuttgart (45 Punkte) parallel 2:3 bei Holstein Kiel verlor, bauten die Hamburger sogar ihren Vorsprung auf den Relegationsplatz auf einen Punkt aus. Am kommenden Donnerstag kommt es nun zum Schlüsselspiel im Aufstiegskampf, wenn der HSV (46) beim VfB antritt. "Wir fahren nach Stuttgart, um zu gewinnen", sagte Hecking.
HSV zu Beginn mit Riesenchance
Wie so häufig in seinen Heimspielen begann der HSV auch gegen Bielefeld extrem dominant und hätte schon nach wenigen Minuten in Führung gehen müssen. Nachdem Bielefelds Abwehrspieler Fabian Kunze unglücklich wegrutschte, lief Joel Pohjanpalo, der erneut den Vorzug vor Lukas Hinterseer im Sturm erhielt, alleine aufs Tor zu. Es war eine ähnliche Szene wie im Hinspiel, als Hinterseer von einem kapitalen Edmundsson-Aussetzer profitiert hatte. Doch Pohjanpalo nutzte das Geschenk diesmal nicht und scheiterte an Arminia-Torhüter Ortega (5.).
Dennoch gelang Bielefeld in dieser Phase kaum Entlastung. Die Gäste taten sich schwer mit dem hohen Pressing der Hamburger. Angeführt vom im Vergleich zum 2:2 in Fürth deutlich präsentieren Kapitän Aaron Hunt kombinierte sich der HSV geschickt durch das Abwehrbollwerk des Spitzenreiters durch und hatte durch den sehr agilen Martin Harnik (8. Und 12.) die nächsten Gelegenheiten zur Führung auf dem Fuß.
HSV ließ nach starkem Beginn wieder nach
Nach rund 20 Minuten ließ der Schwung des HSV allerdings nach – auch dieses Phänomen kennt man aus den Heimspielen der Hanseaten. Bielefeld agierte nun kompakter, kämpfte sich in die Partie und gab durch Kapitän Fabian Klos den ersten Warnschuss ab (27.) – begünstig durch eine Fehleinschätzung von HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes, auf der Torlinie zu bleiben.
Eine offensichtliche taktische Maßnahme von Gäste-Trainer Uwe Neuhaus war es, HSV-Taktgeber Adrian Fein mit einer Manndeckung aus dem Spiel zu nehmen. Dennoch erspielten sich die Hamburger, die in dieser Phase mit einer Passquote von 93 Prozent überzeugten, weitere Torchancen. Doch auch Dudziak (21.) und Hunt (34.) vergaben ihre Möglichkeiten.
HSV: Kittel traumhaft, Leibold an den Pfosten
In der Pause muss HSV-Trainer Dieter Hecking die richtigen Worte gewählt haben, denn erneut agierte seine Elf sehr druckvoll zu Beginn des zweiten Durchgangs. Nur wenige Sekunden nach dem Wiederanpfiff wäre Kittel per Direktabnahme beinahe ein Traumtor gelungen, doch der Offensivspieler scheiterte am Tornetz (46.).
Kurz darauf war es erneut Pohjanpalo, der aus aussichtsreicher Position zum Abschluss kam. Doch dem Finnen fehlte an diesem Nachmittag die Genauigkeit und er setzte auch diesen Kopfball neben das Tor (48.).
Hier geht's zur Einzelkritik:
Der HSV blieb die klar bessere Mannschaft und drängte Bielefeld immer tiefer in die eigene Hälfte. Die Hamburger verpassten es allerdings weiterhin, sich für ihren Aufwand zu belohnen. Nach einer butterweichen Flanke von Harnik tauchte plötzlich Tim Leibold völlig frei im Strafraum auf, doch der Linksverteidiger köpfte den Ball an den Pfosten (67.). Die Führung der Hanseaten wäre inzwischen längst verdient gewesen. „Weiter! Immer beschäftigen“, rief Trainer Hecking seiner Mannschaft von der Seitenlinie zu.
Bielefeld fast mit dem Lucky Punch
Paradoxerweise hätte nach dieser Aufmunterung aber beinahe die Arminia den Spielverlauf auf den Kopf gestellt. Gäste-Stürmer Klos zimmerte aus der Drehung einen Dropkick aufs Tor, das Keeper Heuer Fernandes erfolgreich verteidigte. Und so blieb es beim 0:0. Ein für Bielefeld schmeichelhaftes Ergebnis, mit dem wegen des Stuttgarter Patzers letztlich aber beide Teams leben können.
Oder? "Es ist schade, dass wir aus den vergangenen beiden Spielen nur zwei statt sechs Punkten geholt haben", bilanziert Dieter Hecking die beiden Partien seit dem Restart. Für das große Ziel, den Bundesligaaufstieg, sollen die beiden jüngsten Ergebnisse aber kein entscheidender Dämpfer sein. "Wenn wir genauso konzentriert weiterspielen, werden wir genug Punkte holen", verspricht Hecking.
Die Statistik:
HSV: Heuer Fernandes – Vagnoman, Letschert, van Drongelen, Leibold – Fein – Dudziak (60. Kinsombi), Hunt – Harnik (76. Jatta), Pohjanpalo (60. Pohjanpalo), KIttel.
Bielefeld: 1 Ortega – 16 Kunze (73. Schipplock), 2 Pieper, 4 Nilsson, 8 Hartherz – 19 Prietl – 7 Weihrauch, 30 Hartel – 29 Soukou (65. Voglsammer), 10 Yabo (65. Clauss) – 9 Klos. – Trainer: Neuhaus
Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)
Gelbe Karten: Pohjanpalo – Schipplock
Torschüsse: 13:8
Ecken: 5:5
Ballbesitz: 60:40 Prozent