Hamburg. Vatertags-Interview: Louis Schaub über Sohn Nino, Kinder beim HSV und seinen Vater, der tragisch ums Leben kam.
Den diesjährigen Vatertag konnten Louis und Nino Schaub nur bedingt genießen. Der Papa musste arbeiten, Sohnemann Nino musste bis zum späten Nachmittag auf den gemeinsamen Spielplatzbesuch warten. Louis Schaub ist einer von gerade einmal sechs Papas innerhalb des HSV-Kaders. Darüber muss man reden.
Hamburger Abendblatt: Herr Schaub, alles Gute zum Vatertag! Gab es für Sie heute Morgen eine Überraschung?
Louis Schaub: Mein Sohn Nino ist noch ein bisschen zu klein, um zu verstehen um was es an dem Tag geht. Ich werde eh nie großen Geschenke von ihm erwarten. Aber vielleicht gibt es ja ein schönes Bild im nächsten Jahr.
Nino ist knapp drei Jahre alt. Versteht er denn schon, was Ihr Beruf ist?
Er weiß schon, dass ich im Stadion arbeite. Und er liebt das Volksparkstadion. Deswegen ist er momentan sehr traurig, dass er nicht mit ins Stadion darf.
"Er weiß schon, dass ich im Stadion arbeite"
Ist er sonst immer bei Heimspielen dabei?
Ja. Meine Freundin und ich haben ihn schon sehr früh mit ins Stadion genommen. Und wir haben das Gefühl, dass er das Stadionerlebnis total toll findet. Er sitzt dann wirklich brav auf dem Schoss meiner Freundin, schaut sich die Fans an, das Spiel. Er scheint fasziniert von dem Gesamterlebnis zu sein.
Sie sind ja momentan „nur“ ausgeliehen vom 1. FC Köln. Haben Sie Ihre Familie trotzdem von Anfang an mitgenommen?
Wir haben direkt im Februar eine Wohnung in Blankenese gefunden, wo wir dann alle zusammen sind. Das war mir sehr wichtig. Ich wollte nicht im Hotel und ohne meine Freundin und meinem Sohn leben.
Sie sind einer von nur fünf Vätern in der Mannschaft…
…Das ist mir auch schon aufgefallen. Da müssen die anderen Jungs noch nachlegen (lacht).
Sind Erziehung und Kinder in der Kabine ein Gesprächsthema?
Zum Teil. Mit den Nicht-Vätern spricht man jetzt natürlich nicht die ganze Zeit über die eigenen Kinder. Aber mit den Vätern in der Mannschaft tauscht man sich schon mal aus. Zum Beispiel mit Tom Mickel rede ich viel über unsere Kinder. Er hat ja schon zwei Kinder. Wir waren mit den Kleinen auch schon zusammen im Tierpark. Und auch im Betreuerstab hat ja der eine oder andere Kinder.
Kinder? HSV-Trainer Dieter Hecking ist der Rekordhalter
Trainer Dieter Hecking ist gleich fünffacher Vater.
Das stimmt. Er ist der Rekordhalter. (lacht) Aber seine Kinder sind ja schon ein wenig älter. Mit ihm habe ich jetzt noch nicht über Erziehungsfragen gesprochen.
Würden Sie sagen, dass Sie ein guter Vater sind?
Puh, das ist eine ganz schwere Frage. Natürlich hoffe ich das und versuche es immer zu sein. Aber was ist denn ein guter Vater?
Was glauben Sie?
Am wichtigsten ist doch, dass man als Vater alles dafür tut, dass es seinem Kind gut geht. Mir ist wichtig, dass mein Sohn so viel wie möglich lacht, dass er Spaß hat. Ich möchte ganz viel mit ihm zusammen machen. Alles andere kommt dann irgendwie von selbst.
Sind Sie denn ein strenger Vater?
Bei einem knapp dreijährigen Sohn kann man ja noch gar nicht wirklich streng sein. Aber ich glaube schon, dass ich später mal ein bisschen strenger sein werde. Wir sprechen zuhause schon darüber, was wir unserem Sohn mitgeben wollen, was uns in der Erziehung wichtig ist.
"Ich denke oft an meinen eigenen Vater"
Ist denn Erziehungssache bei Ihnen eine Fifty-Fifty-Angelegenheit?
Normalerweise bin ich ja relativ viel weg, deswegen ist meine Freundin schon ein wenig mehr mit unserem Sohn zusammen. Aber wir haben keine klassische Rollenverteilung, wollen alles gemeinsam entscheiden.
Dann müssten Sie mittlerweile ein geübter Windelwechsler sein.
Mit dem Thema sind wir tatsächlich schon durch. Wir haben die Coronapause als Chance genutzt, um Nino trocken zu bekommen. Tagsüber ging das ratzfatz. Aber auch nachts macht er das mittlerweile sehr gut. Windeln brauche ich also gar nicht mehr zu wechseln.
Ihr eigener Vater starb bei einem Autounfall, als Sie acht Jahre alt waren. Denken Sie an Tagen wie seinem Geburtstag oder eben Vatertag besonders intensiv an Ihren Vater?
Natürlich denkt man an solchen Tagen besonders stark an den eigenen Papa. Das wird auch nie weniger werden.
Sie selbst waren damals im Auto dabei. Wie haben Sie es geschafft, dieses traumatische Erlebnis zu verarbeiten?
Wir haben sehr viel Unterstützung damals bekommen. Der Zusammenhalt in unserer Familie aber war entscheidend. Natürlich war das für uns alle eine ganz schwierige Zeit, aber wir haben es irgendwie zusammen geschafft.
"Zu Hause haben wir gefühlt 100 Bälle"
Ihr Vater war selbst ein sehr erfolgreicher Fußballer. War das auch ein Grund, warum Sie später Fußballer werden wollten?
Ich denke schon, dass mein Papa mir den Spaß am Fußball mit in die Wiege gelegt hat. Als ich noch klein war, hat er seine Karriere in kleineren Ligen in Österreich ausklingeln lassen. Bei Spielen waren wir am Wochenende immer dabei. Und natürlich habe ich dann auch immer am Rand gekickt. So hat es bei mir angefangen. Und später, als ich etwas älter war und dann schon in Clubs gespielt habe, waren meine Mutter und meine kleine Schwester immer dabei. Und meine kleine Schwester hat dann auch immer am Rand gekickt. Nun spielt sie auch selbst. Also hat das schon etwas miteinander zu tun.
Würden Sie sich also freuen, wenn auch Nino mal in Ihre Fußstapfen tritt?
Klar würde ich mich freuen, wenn der Sohn mal die gleiche Leidenschaft für etwas teilt wie ich. Er ist ja noch ganz klein, aber er liebt definitiv Bälle. Zuhause haben wir ein kleines Tor und gefühlt 100 Bälle. Und wir spielen viel Fußball. Ob das dann irgendwann wirklich dazu führt, dass er auch mal in einen Verein will, muss man schauen.
Sie selbst waren gerade einmal 22 Jahre alt bei Ninos Geburt. War Ihnen wichtig, früh Vater zu werden?
Man muss ja auch die entsprechende Frau für so einen Plan haben (lacht). Aber ich wollte eigentlich immer früh Papa werden. Wenn Nino 18 Jahre alt ist, dann bin ich 40 Jahre alt. Da kann man dann immer noch viele Dinge gemeinsam machen. Wobei meine Freundin und ich uns nie Stress gemacht haben. Wir hatten schon darüber gesprochen und waren uns einig – und dann hat es auch direkt geklappt.
Vor dem Neustart gegen Fürth waren Sie eine Woche lang im Quarantäne-Trainingslager. Haben Sie täglich mit Nino gefacetimed?
Ja, wir haben sehr viele Videoanrufe gemacht. Es ist ja normal, dass ich ab und an mal in einem Trainingslager bin. Aber dieses Mal war das erste Mal, dass er das so richtig mitbekommen und verstanden hat. Er hat dann mehrfach gesagt, dass ich jetzt wieder mal nach Hause kommen soll. Nach dem Spiel gegen Fürth sind wir dann ja sehr spät am Sonntag zuhause angekommen, am Montag haben wir dann einen Papa-Sohn-Tag gemacht. Und meine Freundin durfte ein wenig Zeit für sich genießen.
"Ausnahmsweise im Fernsehen gucken"
Am Sonntag spielen Sie mit dem HSV das Spitzenspiel gegen Arminia Bielefeld. Zuschauer sind dann natürlich nicht erlaubt. Darf Nino zusammen mit Ihrer Freundin das Spiel im Fernsehen schauen?
Natürlich wäre er lieber im Stadion, aber das geht ja leider nicht. Deswegen darf er das Spiel auch ausnahmsweise im Fernsehen gucken. Für ihn ist das bestimmt ganz ungewöhnlich, dass er seinen Vater plötzlich im Fernsehen sehen kann.
Vier Tage später steht das nächste Spitzenspiel auf dem Programm: Am Donnerstag spielen Sie beim Hauptkonkurrenten Stuttgart zu einer Zeit, bei der Nino schon längst im Bett sein dürfte. Fiebern Sie diesen beiden Spielen gegen Bielefeld und Stuttgart besonders entgegen?
Klar. Jetzt beginnt die entscheidende Phase der Saison. Bielefeld ist Erster, wir Zweiter und Stuttgart Dritter. Die beiden kommenden Spiele sind natürlich richtige Spitzenspiele.
Stuttgart und den HSV hatte man von Anfang an als Aufstiegsfavoriten gehandelt, Arminia Bielefeld nicht. Haben Sie nach drei Vierteln der Saison eine Erklärung gefunden, warum Bielefeld so stark ist?
Bielefeld ist ohne Frage die große Überraschung dieser Saison. Sie haben im Sommer nicht viel verändert, haben also eine sehr eingespielte Truppe. Hinten lassen sie kaum etwas anbrennen, haben die beste Defensive der Liga. Und vorne haben sie echte Torjäger. Bislang haben sie es sich verdient, ganz oben zu stehen.
Sie haben kurz vor der Coronakrise kein Geheimnis draus gemacht, dass Sie im Fall des Aufstiegs gerne beim HSV bleiben wollen würden. Ist dieser Plan auch nach der Coronapause aktuell?
An dem Plan hat sich nichts geändert. Normalerweise hätte ich ja schon lange Bescheid gewusst, wohin die Reise für mich und meine Familie geht. Aber durch Corona verschiebt sich eben alles nach hinten. Da bin ich ja aber nicht der einzige, der ein wenig länger auf diese Entscheidungen warten muss.
Im Bestfall steigt der HSV auf und Sie dürften sich ab Sommer auf die in Hamburg sehr schwierige Kita-Platzsuche für Nino machen?
Ich habe schon gehört, dass das in Hamburg nicht so einfach ist. Aber wenn alles passt, dann werden wir das Kita-Problem ab Sommer sicher auch noch lösen.