Hamburg. Coronavirus erfasst den deutschen Sport. Geisterspiele sind realistisch. Die DFL prüft Spielverlegungen für die Zweite Liga.

Die allgemeine Verunsicherung in der Coronavirus-Krise hat den deutschen Fußball voll erfasst. Während RB Leipzig in der Champions League vor Zehntausenden spielen darf, muss Borussia Dortmund zum Geisterspiel nach Paris reisen. Das Montagabendspiel des VfB Stuttgart in der Zweiten Liga gegen Arminia Bielefeld war nicht betroffen – die Bundesliga stellt sich aufgrund der Epidemie dagegen auf tiefe Einschnitte ein.

„Wir würden am liebsten schon nächsten Spieltag mit Zuschauern spielen. Das ist aber leider nicht realistisch“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, Christian Seifert, am Montag der „Bild“. In einer Mitteilung stellte die DFL aber klar, dass der Spieltag auf jeden Fall stattfinden wird. „Mit wie vielen Zuschauern oder ob ohne, das ist eine Entscheidung, die die Behörden treffen müssen“, betonte Seifert.

Coronavirus: HSV droht Millionenverlust

Am heutigen Dienstag könnte auch entschieden werden, ob die Partie des HSV am Freitagabend bei Greuther Fürth ohne Zuschauer stattfindet, was als sehr wahrscheinlich gilt. Fürth befindet sich weiterhin im Austausch mit der bayrischen Behörde und wolle sich an deren Empfehlung halten, teilte der Club auf Anfrage mit.

Auch der HSV selbst wird auf Empfehlung der Behörden entscheiden müssen, ob er in der Woche darauf das Heimspiel gegen Arminia Bielefeld vor leeren Rängen austrägt. Am Montag verschob der Club schon mal vorsorglich den Kartenvorverkauf für die letzten beiden Heimspiele der Saison gegen Osnabrück und Sandhausen auf den 18. März.

Finanziell würde dem Club jedes Geisterspiel im Volkspark wehtun. Rund eine Million Euro nimmt der HSV bei jedem Heimspiel ein. Der HSV hat zwar wie fast alle Clubs eine Spielausfallversicherung. Dabei übernimmt die DFL aber nur solche Kosten wie durch Reisestornierungen, wenn es zu kurzfristigen Spielausfällen kommt wie im vergangenen Jahr in Dresden.

Sportstaatsrat spricht von „dynamischer Lage“

Für den Fall, dass tatsächlich Geisterspiele stattfinden und die Vereine finanzielle Verluste erleiden, prüft die DFL „die Möglichkeit von Anpassungen des Lizenzierungsverfahrens für die Saison 2020/21, um finanzielle Nachteile infolge von Auswirkungen des Coronavirus entsprechend zu berücksichtigen“. Eine weitere Option sei es, „auf Basis der Statuten Auszahlungszeitpunkte von zen­tral generierten Einnahmen anzupassen, um Clubs im Fall von möglichen Liquiditätsengpässen zu entlasten“.

In Hamburg erwartet der FC St. Pauli am Sonntag (13.30 Uhr) im Millerntor-Stadion den 1. FC Nürnberg. Der Club steht schon seit Tagen in engem Austausch mit Verbänden und Gremien. „Wir sind in Abstimmung mit allen relevanten Behörden und werden eine gemeinsame Entscheidung treffen“, sagte Präsident Oke Göttlich am Montag, „es gibt derzeit noch nichts, was über den Status einer Empfehlung hinausgeht.“

Auch die Basketballer der Hamburg Towers gingen am Montag davon aus, dass das Bundesligaspiel gegen Ulm (So., 15 Uhr) stattfindet. Doch sicher ist das nicht. Sportstaatsrat Christoph Holstein sprach am Montag von einer „dynamischen Lage“. Heißt: An jedem Tag muss die Situation neu bewertet werden.

BVB-Spiel in Paris ohne Zuschauer

Zuständig sind grundsätzlich die lokalen Behörden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bekräftigte aber am Montag seine Empfehlung, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Zuschauern auszusetzen. Am dringlichsten ist eine Entscheidung für das Nachholspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln (Mi., 18.30 Uhr/Sky). FC-Sportchef Horst Heldt kritisierte die aktuelle Kommunikation. „Manche Spiele finden statt, andere nicht. Ich würde mir wünschen, dass es eine klare Ansage gibt.“

Die Verantwortlichen der Clubs diskutieren in zahlreichen Konferenzen das weitere Vorgehen. Die Behören agieren aber alles andere als einheitlich – und scheinen auf Zeit zu spielen.

Coronavirus: So können Sie sich vor Ansteckung schützen

  • Niesen oder husten Sie am besten in ein Einwegtaschentuch, das sie danach wegwerfen. Ist keins griffbereit, halten Sie die Armbeuge vor Mund und Nase. Danach: Händewaschen
  • Regelmäßig und gründlich die Hände mit Seife waschen
  • Das Gesicht nicht mit den Händen berühren, weil die Erreger des Coronavirus über die Schleimhäute von Mund, Nase oder Augen in den Körper eindringen und eine Infektion auslösen können
  • Ein bis zwei Meter Abstand zu Menschen halten, die Infektionssymptome zeigen
  • Schutzmasken und Desinfektionsmittel sind überflüssig – sie können sogar umgekehrt zu Nachlässigkeit in wichtigeren Bereichen führen

In Leipzig wurde am Montag entschieden, das Achtelfinalrückspiel in der Königsklasse an diesem Dienstag (21 Uhr/Sky) wie geplant mit Fans auszutragen. Die Stadt Stuttgart kam zum selben Schluss für die Zweite Liga. Laut VfB-Mitteilung auch, weil „viele auswärtige Fans schon auf dem Weg nach Stuttgart“ waren.

Die Pariser Polizeipräfektur hingegen entschied, im Prinzenpark beim BVB-Spiel in der Königsklasse am Mittwoch (21 Uhr/Sky) beim Club von Trainer Thomas Tuchel keine Zuschauer zuzulassen. Am kommenden Sonnabend (15.30 Uhr/Sky) ist das Revierderby zwischen dem BVB und Schalke terminiert. Dortmund kündigte eine Entscheidung über einen möglichen Zuschauerbann bis zum heutigen Dienstag an.

Verlagerung von Liga-Spieltagen bis Ende Mai?

DFL-Chef Seifert sprach von „einer Ausnahmesituation“. Eine Spielpause in der Bundesliga über den Sommer hinaus sei jedoch „illusorisch“. Diesbezüglich will sich die DFL aber mit dem DFB und der Uefa darüber austauschen, ob eine Verlagerung von Liga-Spieltagen bis Ende Mai theoretisch möglich sein könnte. Die Saison in den Bundesligen endet wegen der EM im Juni regulär Mitte Mai. Viel Spielraum bleibt aber nicht. „Wir brauchen den geregelten Spielbetrieb. Aufzuhören ist keine Option“, sagte Seifert. In der Zweiten Liga dagegen würde die DFL Spielverlegungen prüfen.

Coronavirus: Das müssen Sie über Fachbegriffe wissen

  • Coronavirus: Eine Klasse von Viren, zu denen der neuartige Erreger gehört
  • SARS-CoV-2: Die genaue Bezeichnung des Virus, das sich von China aus verbreitet
  • Covid-19: Die Erkrankung, die das Virus auslöst

Das für den 19. März angesetzte Achtelfinalrückspiel von Eintracht Frankfurt in der Europa League beim Schweizer Club FC Basel wird indes nicht im St. Jakob-Park zu Basel stattfinden. Die Kantonspolizei Basel-Stadt entschied, die Austragung dieser Partie wegen der Ausbreitung des Coronavirus nicht zu bewilligen. Wo und wann das Spiel stattfinden wird, blieb zunächst offen.

Was mit dem Hinspiel an diesem Donnerstag (21 Uhr) passiert, war zunächst offen. Für Wolfsburg (gegen Donezk) und Leverkusen (auswärts bei den Glasgow Rangers) stehen ebenfalls Spiele in der Europa League an.

Lesen Sie auch:

Wegen Coronavirus: Sorge um Hockey-Länderspiele in Hamburg
Auch den deutschen Handballern droht am Freitag ein Geisterspiel gegen die Niederlande in Magdeburg. Die Stadt Magdeburg teilte mit, dass sie „ab sofort“ und „bis auf Weiteres Konzerte, Sport- und andere Veranstaltungen mit mehr als 1000 BesucherInnen“ untersage.