Hamburg. Mit einem 2:1 gegen Regensburg zittern sich die Hamburger aus der Krise. Jordan Beyer kam mit einer Halskrause ins Krankenhaus.

Die Erleichterung im Volksparkstadion war bis unter die Dachspitze spürbar, als Schiedsrichter Arne Aarnink das Spiel beendete. Mit 2:1 (1:1) hatte der HSV soeben das Heimspiel gegen Jahn Regensburg gewonnen. Es war ein echter Zittersieg, ein hartes Stück Arbeit. Timo Letschert und Aaron Hunt führten die Hamburger mit ihren Toren vor 41.317 Zuschauern zum ersten Sieg seit vier Wochen.

Ein ungemein wichtiger, wenn auch nur wenig überzeugender Erfolg, der dem HSV nach zwei Niederlagen in Folge ein wenig Ruhe verschafft. Zumindest für zwei Tage springt das Team von Trainer Dieter Hecking wieder auf den direkten Aufstiegsplatz zwei.

Es dürfte der verunsicherten Mannschaft gut tun, mal wieder gemeinsam mit den Fans einen Sieg zu feiern. „Ich habe vorher gesagt, wir brauchen einen dreckigen Sieg. Wenn wir das jetzt noch neun Mal machen, sind wir zufrieden“, sagte Trainer Dieter Hecking. „Aber natürlich müssen wir uns steigern, wenn wir das große Ziel erreichen wollen.“

HSV-Verteidiger Beyer hat schwere Gehirnerschütterung

Sorgen bereitete dagegen die Verletzung von Jordan Beyer, der mit einer Kopfverletzung vom Platz getragen wurde. Der Rechtsverteidiger hatte sich kurz vor Schluss im Strafraum in einen Offensivzweikampf geworfen. Nach dem Zusammenprall war Beyer zweimal kurzzeitig bewusstlos. Er musste mit einer Halskrause stabilisiert werden und mit einer Trage vom Platz getragen werden.

„Wir hoffen, dass es nur eine Gehirnerschütterung ist“, sagte Hecking. Noch am Nachmittag gaben die Ärzte dem Trainer recht: Der 19-Jährige hat eine schwere Gehirnerschütterung erlitten und wird über Nacht im Krankenhaus bleiben. Darüber hinaus wurden aber keine schweren Verletzungen bei Beyer festgestellt.

Mit Spannung war erwartet worden, wie die Anhänger auf die jüngsten Pleiten gegen St. Pauli (0:2) und Erzgebirge Aue (0:3) reagieren. Unter der Woche hatte der Club viele Gespräche mit Vertretern aus der aktiven Fanszene geführt. Das Ergebnis: Die Mannschaft wurde zunächst unterstützt wie immer im Volkspark. Stattdessen richtete sich der Protest der HSV-Fans gegen den Deutschen Fußball-Bund.

Bakery Jatta konnte kaum Tempo aufnehmen

Ebenfalls Spannung versprach vor dem Spiel die Aufstellung, für die sich Dieter Hecking entscheiden sollte. Wie erwartet ließ er Christoph Moritz erstmals seit November wieder von Beginn an spielen. Außerdem erhielt Martin Harnik erstmals im Jahr 2020 eine Chance in der Startelf. Dafür änderte Hecking seine taktische Grundordnung vom 4-3-3 zu einem 4-4-2.

Zurück in der Startelf war auch Adrian Fein, der wieder mit seiner Carbonmaske auflief und die Position auf der Sechs übernahm, während Kapitän Aaron Hunt auf der Zehn spielte.

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Der Mannschaft war aber schnell anzumerken, dass sich sich in dieser Anordnung erst mal finden musste. Hinzu kam eine spürbare Verunsicherung nach den jüngsten Niederlagen. Der HSV hatte viel Ballbesitz, kam aber überhaupt nichts ins Tempo. Was auch daran lag, dass mit Bakery Jatta der schnellste Spieler in der Spitze spielte und mit dem Rücken zum Tor kaum einmal Geschwindigkeit aufnehmen konnte. Ein harmloser Kopfball von Rick van Drongelen aus 16 Metern – mehr war vom HSV in den ersten 22 Minuten offensiv nicht zu sehen.

Timo Letschert trifft unerwartet zur Führung gegen Jahn

Gerade in der Phase, als es auf den Rängen auffällig ruhig wurde, ging der HSV in Führung. Louis Schaub trat einen von ihm selbst herausgeholten Freistoß scharf in die Mitte. Der Ball wurde zunächst von Moritz an den Pfosten verlängert. Von dort landete er direkt bei Timo Letschert, der ihn nur noch aus kurzer Distanz über die Linie drücken musste (23.). Genau so ein Tor hatte der HSV gebraucht.

Die Hamburger wirkten nun etwas gelöster, überzeugend war das aber immer noch nicht. 4:4 Torschüsse nach 40 Minuten drückten genau das aus, was auf dem Platz passierte.

Völlig verdient schaffte Regensburg daher mit dem fünften Versuch den Ausgleich. Der HSV bekam zum wiederholten Male den Ball nicht hinten heraus. Eine von Letschert abgewehrte Hereingabe landete vor den Füßen von Jahn-Kapitän Marco Grüttner, der mit einem Flachschuss ins rechte Eck traf (40.). Auch Fein sah in dieser Szenen nicht gut aus. Die Verunsicherung des HSV war schlagartig zurück.

Heckings Mannschaft rettete sich in die Halbzeit. Es gab laute Pfiffe vor allem von den Sitzplatzrängen. „Wir haben es uns in der ersten Halbzeit schwer gemacht. Wir haben die Lösungen nicht gefunden, die da waren. Nach zwei verlorenen Spielen ist natürlich mehr Druck im Kessel als sonst. Das hat man bis zur Halbzeit auch gespürt.“

Aaron Hunt leitet das 2:1 ein – und vollendet

Hecking verzichtete im zweiten Durchgang zunächst auf personelle Umstellungen. Dafür stellte er wieder auf das 4-3-3-System um. Und lag damit richtig. „Wir haben den Spielern in der Halbzeit versucht Mut zu geben, damit sie offensiver spielen“, so Hecking. Zunächst scheiterte Hunt noch aus aussichtsreicher Position (46.), wenig später klappte es besser.

Der Kapitän leitete einen Angriff mit einem Pass auf Außen selbst ein. Tim Leibold legt von der Grundlinie zurück in die Mitte, wo er Hunt fand. Aus acht Metern traf er zum 2:1 (51.). Wenig später hätte der bis dahin schwache Harnik die große Chance zum 3:1, scheiterte mit seinem Kopfball nach Leibold-Flanke aber an Regensburgs Torwart Alexander Meyer (55.).

Wie schon nach dem 1:0 gab dem HSV die Führung nur kurzzeitig Sicherheit. Regensburg wurde immer mal wieder gefährlich. Aber auch der HSV hatte noch Chancen. Eine davon vergab der eingewechselte Lukas Hinterseer, dessen Kopfball Meyer parierte (79). Auch Jattas Schuss aus 17 Metern hielt der Regensburger Torwart eine Minute später glänzend.

Sprechchöre für verletzten Beyer

Jordan Beyer wird von HSV-Mannschaftsarzt Dr. Wolfgang Schillings (v.l.) und Physiotherapeut Mario Reicherz behandelt.
Jordan Beyer wird von HSV-Mannschaftsarzt Dr. Wolfgang Schillings (v.l.) und Physiotherapeut Mario Reicherz behandelt. © Witters | Valeria Witters

Ganz ruhig wurde es im Stadion, als Beyer sich im Strafraum bei einer Offensivaktion am Kopf verletzte. Der Rechtsverteidiger wurde minutenlang auf dem Rasen behandelt und musste dann mit einer Trage begleitet von vier Sanitätern und Teamarzt Wolfgang Schillings vom Platz getragen werden. Beyer hob noch auf der Trage den Daumen, als ihn die Fans mit Sprechchören gute Besserung wünschten.

Der HSV zitterte das 2:1 schließlich über die Zeit und schaffte den ersten Sieg seit vier Wochen. Damit zieht der Club zumindest bis Montag wieder am VfB Stuttgart vorbei auf Platz zwei. Die Schwaben müssen im Spitzenspiel gegen Arminia Bielefeld ran. Der HSV muss am kommenden Freitag bei Greuther Fürth nun nachlegen. Dort wird sich die Mannschaft aber deutlich steigern müssen.​